Airbus hat am Montag eine lang erwartete Vereinbarung mit Spirit AeroSystems finalisiert, die den Erwerb mehrerer Produktionsstätten des angeschlagenen Zulieferers beinhaltet. Diese Entscheidung stellt einen maßgeblichen Wendepunkt in der Luftfahrtbranche dar und wurde von Gewerkschaften mit gemischten Gefühlen aufgenommen, da die Zukunft tausender Arbeitsplätze in Nordirland und Schottland auf dem Spiel steht. Die Übernahme erfolgte im Kontext einer koordinierten Reaktion von Airbus und Boeing, die gemeinsam einen drohenden Kollaps des weltweit größten unabhängigen Aerostruktur-Herstellers abwenden wollten. Spirit AeroSystems hat in den vergangenen Jahren intensive finanzielle Schwierigkeiten durchlebt, die sich vor allem seit der 737 MAX-Krise von Boeing verschärft haben. Die strategische Übereinkunft umfasst unter anderem die Übernahme des Werks in Kinston, North Carolina, in dem wichtige Teile der A350-Rumpfsektion gefertigt werden, sowie des Standorts in Belfast, wo kohlefaserverstärkte Flügel für die A220 produziert werden.
Auch Werke in Marokko, Frankreich und die Zentrale in Wichita, Kansas, sind Teil der Vereinbarung. Besonders bemerkenswert ist die Einbeziehung der Produktion von Flügelkomponenten für die A320- und A350-Modelle in Prestwick, Schottland, die Airbus übernimmt, nachdem Spirit vergeblich einen Käufer für diese Aktivitäten gesucht hatte. Für die Übernahme der verlustbringenden Fertigungsbereiche erhält Airbus eine Ausgleichszahlung in Höhe von 439 Millionen US-Dollar von Spirit. Diese Summe liegt unter den ursprünglich veranschlagten 559 Millionen US-Dollar, da sich die Parameter des Deals im Laufe der Verhandlungen verändert haben. Eine der schwierigsten Verhandlungspunkte war die Kompensation, da Boeing, als bisheriger Hauptkunde und Eigentümer von Spirit, zögerlich war, einen Großteil seiner eigenen zukünftigen Finanzmittel zur Unterstützung von Airbus einzusetzen.
Airbus hingegen steht vor der Herausforderung, den Standort in Belfast zu sanieren, um die anhaltenden Verluste beim A220-Projekt zu reduzieren. Branchenanalysten sehen in dem Deal das Ende einer langen Ära für Spirit AeroSystems. Das Unternehmen war im Jahr 2005 von Boeing abgespalten worden, um Kosten zu senken und neue Kunden zu gewinnen, darunter Airbus. Die jüngsten Entwicklungen und die Übernahme durch Airbus markieren den Höhepunkt dieser langjährigen Transformation. Jefferies-Analystin Chloe Lemarie wies darauf hin, dass die reduzierte Zahlung vermutlich nicht ausreichen wird, um die Belastungen für Airbus im Jahr 2025 komplett zu kompensieren, dennoch bestätigte Airbus seine Gewinnprognosen.
Die Nachricht führte zu einem Kursanstieg der Airbus-Aktien um etwa drei Prozent, da der Deal die Unsicherheiten in einer kritischen Lieferkette deutlich mindert. Verzögerungen bei Spirit haben zuvor die Auslieferung der A350-Verkehrsflugzeuge verlangsamt und auch die Entwicklung von Frachtflugzeugen beeinträchtigt. Die abschließende Umsetzung des komplexen Dreiparteien-Abkommens wurde auf das dritte Quartal des Jahres verschoben, ursprünglich war ein Abschluss zur Jahreshälfte vorgesehen. Zur Überbrückung hat Airbus vereinbart, Spirit eine zinsfreie Finanzierung von 200 Millionen US-Dollar zur Verfügung zu stellen, um die Produktion bis zu diesem Zeitpunkt aufrechtzuerhalten. Die Vereinbarung spiegelt die strategischen Realitäten wider, mit denen sowohl Airbus als auch Boeing konfrontiert sind.
Spirit AeroSystems ist ein wesentlicher Bestandteil der Wertschöpfungskette für große Verkehrsflugzeuge, und die Sicherstellung der Stabilität seiner Betriebe ist für die Zukunft der Branche von größter Bedeutung. Für die europäischen Produktionsstandorte in Nordirland und Schottland ist die Übernahme von Airbus eine kritische Maßnahme, die potenziell positive Effekte für die lokale Wirtschaft bringen kann, auch wenn Gewerkschaften vor möglichen Arbeitsplatzrisiken warnen. Gleichzeitig zeigt der Deal, wie stark die Luftfahrtindustrie auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern angewiesen ist, um komplexe Lieferketten effektiv zu verwalten. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen der letzten Jahre, wie der Corona-Pandemie, den Problemen bei der 737 MAX und den globalen Lieferengpässen, stellt die Einigung zwischen Airbus, Boeing und Spirit AeroSystems einen bedeutenden Schritt dar, um die Widerstandsfähigkeit der Branche zu erhöhen. Airbus muss nun sorgfältig investieren, insbesondere in die Fertigungstechnologien und Prozesse in Belfast, um die Profitabilität der übernommenen Werke zu verbessern und den Produktionsprogrammen des A220 und anderer Modelle gerecht zu werden.