Die rasante Verbreitung von Krypto-Assets hat die Finanzwelt nachhaltig verändert. Während traditionelle Finanzprodukte wie Bankkonten und Wertpapiere schon lange klar reguliert und überwacht werden, stellen Bitcoin, Ethereum und andere digitale Währungen Regulierungsbehörden vor neue Herausforderungen. Als Antwort auf diese sich wandelnde Landschaft hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein neues globales Transparenzrahmenwerk vorgestellt, welches die Meldepflichten für Krypto-Assets deutlich erweitert und den automatischen Informationsaustausch zwischen Ländern verbessern soll. Das sogenannte Crypto-Asset Reporting Framework (CARF) setzt dabei neue Maßstäbe für den Umgang mit digitalen Vermögenswerten im steuerlichen Kontext und adressiert entscheidende Lücken der bisherigen Regularien wie dem Common Reporting Standard (CRS). Das CARF entstand auf Wunsch der G20-Staaten und soll die Transparenz von Kryptotransaktionen weltweit erhöhen.
Denn anders als bei klassischen Finanzprodukten werden Krypto-Assets häufig ohne Beteiligung von Banken oder anderen traditionellen Finanzintermediären gehandelt. Zentral verwaltende Institutionen, die einen vollständigen Überblick über Transaktionen oder Besitzverhältnisse hätten, fehlen in diesem dezentralen System meist. Die Folge ist, dass viele Transaktionen und Krypto-Bestände bisher nicht umfassend erfasst und gemeldet wurden. Mit dem zunehmenden Einsatz von Krypto-Assets für Investitionen, Zahlungsabwicklungen und andere Finanzdienstleistungen wächst zugleich das Risiko der Steuerumgehung und -hinterziehung. Neue Marktteilnehmer wie Krypto-Börsen und Wallet-Anbieter haben sich rasant etabliert, werden aber vielfach noch nicht ausreichend reguliert.
Das CARF setzt genau hier an, indem es klare Vorgaben für die Meldepflicht von Krypto-Transaktionen schafft. Das Rahmenwerk umfasst alle digitalen Wertdarstellungen, die auf kryptographisch gesicherter Distributed-Ledger-Technologie oder ähnlichen Verfahren basieren. Ausgenommen sind lediglich digitale Vermögenswerte, die nicht für Zahlungs- oder Investitionszwecke verwendet werden können oder bereits vollständig durch bisherige Standards wie den CRS erfasst sind. Zentrale Akteure, welche den Austausch von Krypto-Assets für Kunden ermöglichen, etwa Börsen oder Wallet-Anbieter, sind künftig verpflichtet, diese Informationen jährlich zu melden. Dabei orientiert sich das CARF konzeptionell am bewährten Modell des Common Reporting Standard, der schon heute von mehr als 100 Ländern weltweit zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung genutzt wird.
Der bisherige Erfolg des CRS zeigt sich in der umfangreichen Datenbasis: Im Jahr 2021 wurden Informationen zu rund 111 Millionen Finanzkonten mit einem Gesamtvermögen von 11 Billionen Euro zwischen den teilnehmenden Staaten ausgetauscht. Diese Errungenschaften drohten jedoch teilweise durch die schnelle Entwicklung des Krypto-Marktes unterlaufen zu werden, da digitale Vermögenswerte oft außerhalb des regulierten Finanzsystems blieben. Der Generalsekretär der OECD, Mathias Cormann, betonte bei der Vorstellung des Rahmenwerks die Bedeutung der Anpassung des Steuertransparenzsystems an neue Technologien und Marktpraktiken. Die erweiterten Meldepflichten sollen einen fairen Wettbewerb sicherstellen, Steuerhinterziehung erschweren und die Integrität der internationalen Finanzarchitektur bewahren. Durch das CARF erfährt das bestehende System der automatischen Informationsaustauschs wesentliche Modernisierungen und Erweiterungen, um das „neue Normal“ der Finanzwelt abzubilden.
Ein wichtiger Bestandteil ist die Bereitstellung von Musterrichtlinien und Kommentaren, die Länder bei der Umsetzung des Rahmenwerks in nationales Recht unterstützen sollen. Parallel arbeitet die OECD an rechtlichen und operativen Instrumenten, um den effektiven grenzüberschreitenden Austausch der gesammelten Daten zu gewährleisten. Die Zielsetzung ist es, die Umsetzung des CARF international zu koordinieren und einen verbindlichen Zeitplan für den Start der Informationsaustausche festzulegen, um eine weitreichende und einheitliche Anwendung sicherzustellen. Neben dem CARF schlägt die OECD auch Anpassungen am bestehenden Common Reporting Standard vor, um dessen Anwendungsbereich auf digitale Finanzprodukte auszuweiten und Operationen zu optimieren. Damit reagiert die Organisation auf Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Praxis sowie technologische Weiterentwicklungen.
Die Kombination aus CARF und den Änderungen am CRS markiert einen umfassenden Modernisierungsschub für die globale Steuertransparenz. Für Steuerbehörden weltweit ergeben sich durch diese Entwicklungen neue Möglichkeiten, Krypto-Assets besser zu überwachen und Transaktionen zwischen Investoren länderübergreifend nachzuverfolgen. Dies wird die Aufdeckung und Verhinderung von Steuerumgehung erleichtern und gleichzeitig die Einhaltung von Steuerpflichten stärken. Für die Akteure im Krypto-Markt bedeutet das neue Reportingpflichten, aber auch eine rechtliche Klarheit und stärkere Integration in das regulierte Finanzsystem. Für Anleger und Unternehmen ist zudem mit einer steigenden Sicherheit und Vertrauensbildung im Umgang mit digitalen Vermögenswerten zu rechnen, da die Risiken durch illegale Aktivitäten reduziert werden.
Insgesamt positioniert sich die OECD mit dem Crypto-Asset Reporting Framework eindeutig als Vorreiter in der internationalen Steuerpolitik für digitale Vermögenswerte. Das neue Transparenzinstrument berücksichtigt die Besonderheiten der Krypto-Technologie und setzt gleichzeitig auf Konzepte, die sich in der Praxis bewährt haben. Durch die Zusammenarbeit mit G20-Ländern entsteht zudem eine starke internationale Grundlage, die eine weitreichende Umsetzung garantieren soll. Zugleich müssen Jurisdiktionen kurzfristig Anstrengungen in Gesetzgebung und Implementierung unternehmen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Die Herausforderungen bei technischer Infrastruktur, Datenschutz und grenzüberschreitender Kooperation sind dabei zentral für einen erfolgreichen Start.
Nicht zuletzt wird die Umsetzung des CARF ein Präzedenzfall dafür sein, wie die Steuerverwaltung der Zukunft mit den immer komplexeren digitalen Finanzprodukten umgehen wird. Die Initiative der OECD liefert einen entscheidenden Impuls, um die Balance zwischen Innovationsförderung im Finanzsektor und notwendiger Regulierung zu halten. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie dynamisch und robust der neue Regulierungsrahmen in der Praxis funktioniert und welchen Einfluss er auf den internationalen Krypto-Handel haben wird. Klar ist jedoch, dass die neue Transparenzarchitektur einen fundamentalen Beitrag zur Stabilisierung und Legitimation von Krypto-Assets in der globalen Finanzwelt leisten wird.