Die rasante Entwicklung von künstlicher Intelligenz und der anhaltende Fokus auf maschinelles Lernen dominieren derzeit die technologischen Schlagzeilen. Doch trotz des Booms in diesen Bereichen bleiben Hochleistungsrechnen und physikalische Simulationen unverzichtbare Werkzeuge in Wissenschaft und Industrie. Sie sind die Basis für Fortschritte in Bereichen wie Materialwissenschaft, Fluiddynamik oder Fahrzeugtechnik. Hier setzt eine aufregende Innovation an: die laserbasierte Rechnerplattform, die verspricht, die Geschwindigkeit und Effizienz von komplexen Simulationen deutlich zu steigern. Im Zentrum dieser Technologie steht das sogenannte Laser Processing Unit (LPU) der israelischen Firma LightSolver, dessen revolutionärer Ansatz sich von klassischen digitalen Rechnern grundlegend unterscheidet.
Während traditionelle Computer mit Bits in Hardware-beschriebenen Zuständen arbeiten, nutzt das LPU die wellenartigen Eigenschaften von Laserlicht, um Berechnungen im Analogmodus durchzuführen. Durch das Aufeinandertreffen von Laserstrahlen in einem eigens designten optischen Aufbau entstehen Interferenzmuster, deren Verhalten mathematisch komplexe Optimierungsprobleme darstellen kann. Dieser Prozess ist in der Lage, eine Vielzahl von Lösungsoptionen parallel zu verarbeiten. Dadurch können sogenannte NP-harte Probleme deutlich schneller angenähert werden als mit konventionellen heuristischen Verfahren. Solche Probleme, die etwa in der Physiksimulation oder in der elektronischen Design-Automatisierung auftreten, gelten als besonders rechenintensiv und sind oft limitierend für den Fortschritt in diesen Bereichen.
Im Gegensatz zu Quantencomputern, die wegen ihrer Empfindlichkeit stark gekühlte Umgebungen benötigen, arbeitet das LPU bei Raumtemperatur und nutzt physikalische Prinzipien, die sehr viel robuster sind. Das macht die Technologie nicht nur vielseitiger, sondern auch leichter in existierende Rechenzentren und Arbeitsumgebungen integrierbar. Die zugrundeliegende Technik beruht auf einem Array von lasergestützten Schwingern. Jeder Laser wird hinsichtlich Phase und Amplitude moduliert, um die Problemstellung codiert abzubilden. Die Laserstrahlen werden durch einen optischen Resonator geschickt – einem Bereich zwischen zwei Spiegeln mit einem Verstärkermedium, das das Licht verstärkt und so letztlich die optimale Lösungsträgerstrahlung hervorbringt.
In nur wenigen Mikrosekunden werden durch vielfaches Spiegelreflexionen die Muster ausgeprägt, die den bestmöglichen Kompromiss für das zugrundeliegende Optimierungsproblem darstellen. Die Limitierung der Rechenkapazität liegt aktuell in der Größe des Laserarrays. Aktuell verfügbare Prototypen verfügen über etwa 100 Laser, doch LightSolver plant, diese Anzahl bis 2027 auf 200 und bis 2029 sogar auf 1.000 zu erhöhen. Durch die Kombination mehrerer solcher Einheiten in Clustern lässt sich die Skalierbarkeit der Lösung noch weiter verbessern, um selbst sehr komplexe und große Probleme bewältigen zu können.
Parallel zur Hardwareentwicklung hat LightSolver eine Softwareemulation seines Systems für GPUs geschaffen. Diese ermöglicht es Unternehmen, die Leistung des Systems auch bei noch zu großem Problemumfang zu testen und erste Anwendungsfälle zu validieren. Das bietet auch Kunden wie Ansys, einem führenden Anbieter von Simulationssoftware, die Möglichkeit, neue Wege zur Beschleunigung ihrer Produkte zu evaluieren, bevor die Hardware in der Praxis verfügbar ist. Im konkreten Einsatz hat Ansys das LPU-Emulationssystem erfolgreich für eine wichtige Phase der Simulation genutzt: die Graphpartitionierung. Diese wird verwendet, um komplexe Workloads in kleinere, parallel verarbeitbare Einheiten zu zerlegen.
Je effizienter die Partitionierung, desto schneller und ressourcenschonender lassen sich Simulationen durchführen. Mit Hilfe der LPU-Emulation erzielte Ansys in etwa 80 Prozent der Testläufe bessere Partitionierungen, die in durchschnittlich 15 bis 20 Prozent schnelleren Simulationen resultierten. Obwohl dies zunächst nach vergleichsweise bescheidenen Steigerungen klingt, sind solche Verbesserungen in der Welt der HPC-Simulationen ein bedeutender Fortschritt. Für bestimmte physikalische Simulationen könnte Laser-basiertes Computing zudem noch deutlich größere Vorteile bieten, beispielsweise bei der Lösung partieller Differentialgleichungen, die in der Strömungsmechanik und komplexen Materialanalysen entscheidend sind. LightSolver rechnet damit, dass ihre Technologie bis 2027 in der Lage sein wird, Gleichungen mit bis zu 100.
000 Gitterpunkten zu lösen und dies bis 2029 auf eine Million Gitterpunkte zu erweitern. Diese Kapazitätssteigerung würde den Einsatzbereich laserbasierter Rechner drastisch erweitern und könnte zahlreiche Simulationsverfahren erheblich beschleunigen. Die Technologie könnte dabei auch in Bereichen jenseits der klassischen Physiksimulation eine Schlüsselrolle spielen. In der elektronischen Designauslegung, einem Bereich, in dem die Optimierung von Bauteilplatzierungen enormen Einfluss auf die Herstellungskosten und die Leistung von Chips hat, könnten LPUs typische Engpässe optimieren. Ansys wird in diesem Segment durch die Übernahme von Synopsys, einem der größten Anbieter von Elektronikdesignsoftware, weiter an Bedeutung gewinnen und dürfte die Synergien zur Laser-Technologie intensiv nutzen.
Trotz allem stehen laserbasierte Rechner vor Herausforderungen, die es noch zu meistern gilt. Das System ist analog und daher anfälliger für gewisse Arten von Störungen im Vergleich zu rein digitalen Computern. Auch die Skalierung auf größere Systeme, die Verteilung von Problemen über Cluster und die Integration in bestehende Softwareumgebungen erfordern umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Dennoch bietet die Technologie spannende Perspektiven, weil sie gleichzeitig hohe Parallelität, relativ niedrigen Energieverbrauch und natürliche Direktheit bei der Lösung komplexer Optimierungs- und Gleichungsprobleme vereint. Während Quantencomputer mit enormen theoretischen Geschwindigkeitsvorteilen aufwarten, sind sie bislang in der praktischen Anwendung durch technische Hürden wie Fehlerkorrektur begrenzt.
Laser-basierte Plattformen dagegen funktionieren heute schon unter praktischen Bedingungen und könnten in den nächsten Jahren zu einem wichtigen Baustein des HPC-Ökosystems werden. Die Zukunft der Hochleistungsrechner wird sehr wahrscheinlich hybrid sein. Verschiedene Technologien – von klassischen CPUs über GPUs, FPGAs, Quantenprozessoren bis hin zu optischen Rechnern – werden je nach Anwendungsszenario parallel oder nacheinander zum Einsatz kommen. Laser-basierte Systeme wie das LPU von LightSolver bringen ein bislang wenig genutztes physikalisches Prinzip in diese Mischung ein, das insbesondere bei Optimierungs- und Simulationsaufgaben seine Stärken ausspielen kann. Analoge Methoden feiern damit ein Comeback, diesmal in modernen und skalierbaren Formen, die reale Vorteile in Geschwindigkeit und Energieeffizienz versprechen.
Es bleibt spannend zu beobachten, wie schnell sich solche Innovationen am Markt durchsetzen und welche Rolle sie in den kommenden Rechenzentren und Simulationsplattformen einnehmen werden. Die Grundlagen für eine neue Ära schneller, präziser und ressourcenschonender physikalischer Simulationen sind gelegt – das Licht zeigt den Weg.