In Südkorea alarmieren führende Experten aus den Bereichen Recht, Finanzen und Wirtschaft die politischen Entscheidungsträger bezüglich der wachsenden Risiken, die mit dem verstärkten Einsatz von Stablecoins verbunden sind. Während digitale Währungen weltweit an Bedeutung gewinnen, steht insbesondere die Nutzung von US-Dollar-basierten Stablecoins wie USDT und USDC in Südkorea im Fokus der kritischen Betrachtung. Die Massive Verbreitung solcher Stablecoins könnte nach Meinung der Experten die Stabilität der südkoreanischen Währung, des Won, gefährden und den Einfluss der Zentralbank auf Geldpolitik und Wechselkurse erheblich einschränken.Die Warnungen wurden während eines speziell zum Thema digitale Vermögenswerte einberufenen Treffens der Korea Economic Association am 19. Mai 2025 im FKI Tower Conference Center in Yeouido, Seoul, öffentlich geäußert.
Dort wurde unter anderem auf die potenziellen Folgen für das Zahlungsverkehrssystem im Land eingegangen. Experten bezweifeln, dass die Zentralbank von Südkorea (BOK) weiterhin die Kontrolle über die Geldmenge behalten kann, wenn Dollar-basierte Stablecoins als zahlungsmittelübergreifender Standard immer mehr an Bedeutung gewinnen.Eine wesentliche Sorge ist, dass die Verwendung von Stablecoins auf US-Dollar-Basis die Nachfrage nach der heimischen Währung, dem Won, verringert. Dies könnte zu einem Anstieg der Wechselkurse führen und die Position des Won im internationalen Devisenmarkt schwächen. Zudem ermöglichen Stablecoins laut Experten eine schnelle Kapitalmobilität, was in Krisenzeiten zu plötzlichen Kapitalabflüssen führen kann.
Diese Dynamik könnte zusätzliches wirtschaftliches Ungleichgewicht hervorrufen, was Südkoreas Währungs- und Finanzstabilität untergräbt.Politisch hat das Thema Stablecoins eine prominente Rolle eingenommen, insbesondere im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen am 3. Juni 2025. Der führende Präsidentschaftskandidat Lee Jae-myung plant die Einführung einer eigenen Stablecoin, die an den südkoreanischen Won gekoppelt ist. Seine Partei, die Demokratische Partei, fordert außerdem, dass finanzielle Regulierungsbehörden, statt der Zentralbank, die letzte Entscheidung über die Ausgabe solcher Kryptowährungen treffen sollen.
Diese Initiative hat in der öffentlichen und politischen Diskussion sowohl Befürworter als auch Kritiker gefunden.Befürworter argumentieren, dass eine staatliche Adoption von Stablecoins Südkoreas Position als technologischer Vorreiter stärken würde. Sie betonen, dass ein innovationsfreundliches Umfeld nicht nur den Zahlungsverkehr effizienter mache, sondern auch zur Modernisierung des Finanzsektors beitrage. Gleichzeitig mahnen sie, dass eine zu zögerliche Haltung Südkorea im internationalen Wettbewerb zurückwerfen könnte, insbesondere angesichts der schnellen Fortschritte anderer Industrienationen bei der digitalen Währungsintegration.Demgegenüber warnen zahlreiche Finanzexperten und Wissenschaftler vor den unkontrollierbaren Risiken, die mit der weit verbreiteten Akzeptanz ausländischer Stablecoins verbunden sind.
Lee Seung-seok, ein Senior Researcher am Korea Economic Research Institute, wies auf mögliche strukturelle Veränderungen im Mechanismus der Wechselkursbestimmung zwischen Won und US-Dollar hin. Er unterstrich, dass Wechselkurse aufgrund einer abnehmenden Nachfrage nach dem Won steigen könnten, was die wirtschaftliche Volatilität erhöht. Ebenso betonte er, dass die dezentrale Struktur von Stablecoins ein Sicherheitsrisiko durch mögliche Kapitalflucht in Krisenzeiten darstelle.Zudem beschäftigt sich Südkorea intensiv mit den regulatorischen Entwicklungen im Ausland. Viele Experten beobachten, wie Washington und Brüssel im Jahr 2025 die Einführung eigener Stablecoin-Gesetzgebungen vorbereiten, um Risiken zu minimieren und den Markt zu kontrollieren.
Kim Hyo-bong, ehemaliger Beamter der Financial Supervisory Service, empfiehlt Koreanern, diese globalen Tendenzen genau zu verfolgen und ihre eigenen Regulierungsmodelle dementsprechend zu gestalten, um international konform und wettbewerbsfähig zu bleiben.Die Herausforderungen für die Zentralbank und Regierung liegen darin, eine Balance zu finden, die die Vorteile von Stablecoins nutzt und gleichzeitig negative Auswirkungen auf das Währungs- und Zahlungssystem minimiert. Kang Tae-soo, Dozent an der KAIST und Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der BOK, erkennt zwar die Effizienzgewinne für Unternehmen durch Stablecoins an, weist aber auf die Schwierigkeiten bei deren Kontrolle und mögliche Unsicherheiten für die Geld- und Wechselkurspolitik hin. Er betont, dass politische Maßnahmen so gestaltet werden müssen, dass sie nationale Interessen schützen, ohne Innovationen zu ersticken.Andererseits wird auch vor einer Überregulierung gewarnt, die zur Isolation des südkoreanischen Finanzmarktes führen könnte.
Namgung Joo-hyun, Associate Professor für Handelsrecht an der Sungkyunkwan Universität, hebt hervor, dass der globale digitale Vermögensmarkt einem raschen Wandel unterliegt. Er fordert einen regulatorischen Rahmen, der sowohl internationale Übereinstimmung als auch die Wettbewerbsfähigkeit der südkoreanischen Industrie berücksichtigt. Dieser Ansatz ermögliche es dem Land, Teil der globalen Transformation zu bleiben, ohne seine wirtschaftliche Autonomie zu gefährden.Parallel zur regulatorischen und wirtschaftlichen Debatte spitzt sich auch der politische Konkurrenzkampf um die Thematik zu. Im ersten Fernsehduell der vier führenden Präsidentschaftskandidaten erläuterte Lee Jae-myung erneut seine feste Absicht, eine an den Won gekoppelte Stablecoin einzuführen.
Konkurrent Lee Jun-seok von der Reformpartei stellte diese Pläne jedoch infrage und behauptete, dass außer dem US-Dollar keine andere stabile Währung in der Praxis für Stablecoins relevant sei. Er kritisierte zudem, dass es bislang keinen effektiven Mechanismus gäbe, um illegale Umläufe von Stablecoins, etwa für Geldtransfers nach Nordkorea, zu unterbinden.Diese Diskussionen spiegeln wider, wie sehr Stablecoins zu einem Brennpunkt für wirtschaftliche, regulatorische und politische Fragen in Südkorea geworden sind. Während der technologische Fortschritt unaufhaltsam voranschreitet, zeigt sich, dass das Land vor der Herausforderung steht, verantwortungsbewusst auf diese Innovation zu reagieren. Die richtige Balance zwischen Förderung von Innovation und Schutz von Währungssouveränität wird maßgeblich darüber entscheiden, wie Südkorea seine Rolle im digitalen Finanzmarkt zukünftig ausfüllt.