Die zunehmenden Handelskonflikte und verschärften Zolltarife stellen weltweit viele Industriezweige vor erhebliche Herausforderungen. Besonders betroffen ist die Schuhindustrie, die traditionell stark global vernetzt ist und häufig von Importen aus China abhängig war. In diesem Kontext analysieren die Experten von Citi Research die Widerstandsfähigkeit großer Athletikschuhmarken gegenüber der aktuellen Zollproblematik und bieten fundierte Einblicke darüber, welche Unternehmen besser aufgestellt sind, um die Belastungen durch Handelsbarrieren zu bewältigen. Diese Analyse ist besonders relevant, da die US-Regierung hohe Importzölle auf chinesische Produkte verhängt hat, die teilweise bis zu 145 % betragen, was die Produktion, Lieferketten und letztendlich den Endpreis von Schuhen erheblich beeinflussen kann. Die Haltung der Citi-Analysten basiert auf der Tatsache, dass die meisten großen Unternehmen aus dem Bereich der athletischen Schuhe vergleichsweise geringfügige Produktionsanteile in China aufweisen.
Dies bedeutet, dass ihre direkte Verwundbarkeit gegenüber den enormen chinesischen Importzöllen begrenzter ist als bei anderen Segmenten der Schuhbranche. Stattdessen verlagern viele dieser Unternehmen ihre Bezugsquellen verstärkt nach Südostasien, insbesondere nach Vietnam, was günstigere Zollbedingungen ermöglicht und einer der Schlüsselfaktoren für ihre Robustheit ist. Ein herausragendes Beispiel ist On Holding, ein Schweizer Konzern, der eine breite Produktpalette im Bereich Laufschuhe, Tennisschuhe und Wanderschuhe anbietet. Rund 90 % der Materialien für On Holding werden in Vietnam bezogen, wodurch das Unternehmen im Gegensatz zu vielen Konkurrenten kaum von den chinesischen Importzöllen betroffen ist. Zudem sieht Citi bei On Holding auch eine stabile Nachfrage auf dem chinesischen Markt, da die Marke aus Europa stammt und so weniger Ziel potenzieller Anti-amerikanischer Konsumentenresistenz ist.
Diese Kombination hat zu einer Hochstufung der On Holding Aktien von „neutral“ auf „kaufen“ geführt. Ein weiterer wichtiger Akteur ist Amer Sports, ein ursprünglich finnisches Unternehmen, das hinter populären Outdoor- und Sportmarken wie Arc’teryx und Salomon steht. Obwohl etwa 20 % der von Amer Sports produzierten US-Produkte aus China stammen, verfügt das Unternehmen laut Experten über eine starke Preissetzungsmacht, um potenzielle Zollerhöhungen an die Konsumenten weitergeben zu können, ohne signifikante Nachfragerückgänge zu provozieren. Diese Positionierung sichert Amer Sports eine solide Grundlage, um auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten profitabel zu operieren. Auch Deckers Outdoor, der Mutterkonzern der Marken Hoka und Ugg, gehört zu den Unternehmen, die besonders gut auf die aktuellen Herausforderungen reagieren können.
Die analytische Einschätzung von Citi hebt hervor, dass Deckers Outdoor aufgrund seiner Markenstärke und einer gefestigten Verbraucherbasis gut in der Lage ist, Preissteigerungen durch Tarifkosten an die Kunden weiterzugeben, ohne die Nachfrage wesentlich zu beeinträchtigen. Die starke Nachfrage nach hochwertigen und komfortablen Schuhen wirkt in diesem Segment als Puffer gegenüber möglichen Belastungen durch höhere Importkosten. Die kanadische Marke Lululemon Athletica wird von den Analysten differenziert betrachtet. Zum einen profitiert das Unternehmen als nicht-amerikanische Marke von geringeren geopolitischen Spannungen, insbesondere einer eher neutralen Haltung der chinesischen Verbraucher im Gegensatz zu US-amerikanischen Konkurrenten. Andererseits wird jedoch eine begrenztere Preiserhöhungsmöglichkeit angeführt, was die Margenentwicklung im Falle steigender Zölle einschränken kann.
Citi stuft Lululemon deshalb mit einer neutralen Empfehlung ein und beobachtet den Markt aufmerksam. Nike, eine der weltweit führenden Marken für Sport- und Freizeitschuhe, befindet sich in einer ambivalenten Lage. Vor Verhängung der hohen Zölle kämpfte Nike bereits mit überschüssigen Lagerbeständen, was die operative Performance belastete. Hinzu kommt, dass die Marke als Symbol amerikanischer Herkunft in bestimmten Ländern mit wachsendem Anti-amerikanischem Sentiment zu kämpfen hat, was die Umsätze im Ausland negativ beeinflussen kann. Die Analysten sehen hier eine erhöhte Verwundbarkeit und bewerten die Aktie ebenfalls neutral.
Die Fähigkeit, Preissteigerungen weiterzugeben, ist für Nike in diesem sensiblen internationalen Umfeld eingeschränkt und stellt eine Herausforderung für die Ertragsentwicklung dar. Under Armour, ein weiterer U.S.-Marktteilnehmer, befindet sich derzeit in einer Phase der Markenneuorientierung und hat laut Einschätzung von Citi nur begrenzte Preissetzungsmacht. Diese Situation macht es schwierig, den negativen Effekten der Zollsteigerungen durch eine direkte Weitergabe an die Konsumenten entgegenzuwirken.
Auch hier wird der Ausblick vorsichtig betrachtet und eine neutrale Empfehlung ausgesprochen. Der übergreifende Trend zeigt, dass Unternehmen, die ihre Produktions- und Beschaffungsketten diversifizieren und nicht primär auf China angewiesen sind, besser durch die aktuellen Zollkonflikte navigieren können. Länder wie Vietnam gewinnen dadurch zunehmend an Bedeutung als Produktionsstandorte, die niedrigere Zölle und Nähe zu Rohstofflieferanten bieten. Diese Umstrukturierung der Lieferketten erfordert zwar kurzfristig Investitionen und organisatorische Anpassungen, zahlt sich jedoch langfristig durch erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber Handelsbarrieren aus. Auch die Konsumentenpräferenzen spielen eine entscheidende Rolle.
Premium- und Nischenmarken im Outdoor- und Sportschuhbereich weisen häufig höhere Preisakzeptanz auf, was es diesen Unternehmen ermöglicht, erhöhte Kosten weiterzugeben, ohne signifikanten Absatzverlust zu erleiden. Dies steht im Gegensatz zu Volkssportmarken oder preisorientierten Anbietern, bei denen Preiserhöhungen leichter zu Umsatzeinbußen führen können. Zudem führt der Handelskonflikt zu einer erhöhten Aufmerksamkeit der Investoren auf die strategische Aufstellung der Unternehmen hinsichtlich ihrer geografischen Abhängigkeiten und ihrer Fähigkeit zur Preisanpassung. Die Citi-Analysten warnen jedoch davor, dass allgemein schwächere wirtschaftliche Rahmenbedingungen, wie ein verlangsamtes Wachstum und mögliche Kaufzurückhaltung der Konsumenten, die Wirkung von Tarifschranken zusätzlich belastend beeinflussen können. In der Summe lässt sich festhalten, dass die Widerstandsfähigkeit der Athletikschuhmarken gegenüber den sich verschärfenden Handelsgesetzen signifikant von ihrer Lieferkette, Preisgestaltungsmacht und ihrer geographischen Herkunft abhängig ist.
Europäische und kanadische Unternehmen zeigen derzeit aufgrund weniger direkter chinesischer Abhängigkeit und geringerer geopolitischer Reibungen Vorteile. Gleichzeitig demonstrieren Marken mit starker Positionierung und innovativen Produkten bessere Chancen, auf eine herausfordernde makroökonomische Umgebung zu reagieren. Für Konsumenten und Investoren heißt dies, dass eine differenzierte Betrachtung einzelner Marken und deren strategischer Ausrichtung essenziell ist, um fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Die globalen Handelskonflikte machen deutlich, wie wichtig Flexibilität und Diversifikation in der Produktion für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sind. Athletikschuhmarken mit klarer Preisgestaltungsmacht und global optimierten Lieferketten werden voraussichtlich besser durch diese Phase kommen und könnten auf dem Kurs zu nachhaltigem Wachstum bleiben, trotz widriger externer Einflüsse.
In den kommenden Monaten wird es spannend sein zu beobachten, wie sich die Unternehmen den Herausforderungen weiter anpassen. Insbesondere die Bereitschaft zur Innovation, Anpassung der Preismodelle und strategische Expansion in neue Märkte können entscheidend für die künftige Marktstellung sein. Außerdem bleibt abzuwarten, wie sich die geopolitischen Spannungen zwischen Großmächten langfristig entwickeln und welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die globalen Produktions- und Absatzmärkte der Sport- und Freizeitschuhbranche haben werden. Die Athletikschuhindustrie zeigt jedoch mit beispielhaften Unternehmen wie On Holding, Amer Sports und Deckers Outdoor ihren Willen und ihre Fähigkeit, sich den Zollhürden zu stellen. Für Anleger und Branchenbeobachter bietet die Analyse von Citi Research wertvolle Einblicke, um potenzielle Gewinner in einem schwierigen, durch Handelsbarrieren geprägten Umfeld zu identifizieren.
Das Verständnis der komplexen Zusammenhänge von Handelszöllen, Konsumentensentiment und unternehmerischer Preismacht ist unerlässlich, um nachhaltige Investitionsentscheidungen in diesem Segment zu treffen.