Der Lanvin Group, ein namhafter Akteur im Luxusmode- und Lifestylesegment, hat im vergangenen Geschäftsjahr einen deutlichen Umsatzrückgang von 23 Prozent verzeichnet. Die Einnahmen sanken auf 329 Millionen Euro, was die Herausforderungen eines sogenannten „transitional year“ – eines Übergangsjahres – unterstreicht. Trotz einiger kreativer Impulse und personeller Neubesetzungen innerhalb der Marken des Konzerns steht die Gruppe vor erheblichen finanziellen Schwierigkeiten, die sich vor allem im wachsenden Verlust widerspiegeln. Die Verlustsumme stieg von 146,3 Millionen Euro im Vorjahr auf 189,3 Millionen Euro an, was die angespannte Lage im operativen Geschäft deutlich macht. Abzulesen ist dies auch an den bereinigten Verlusten vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation (EBITDA), die sich von 64,2 Millionen auf 92,3 Millionen US-Dollar erhöhten.
Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielschichtig. Zum einen hat der Lanvin Group mit dem weltweiten wirtschaftlichen Umfeld zu kämpfen, das weiterhin von Unsicherheit geprägt ist. Konsumenten haben ihr Kaufverhalten in postpandemischer Zeit verändert, was besonders Luxusmarken vor Herausforderungen stellt. Zudem war das Jahr des Lanvin Group von umfangreichen organisatorischen und betrieblichen Umstrukturierungen geprägt. Dazu gehört insbesondere die Integration der Logistik von Wolford, einer weiteren Marke im Portfolio, die mit Kosten zwischen 14 und 18 Millionen Euro zu Buche schlug.
Hinzu kommt ein Kreativwechsel mit Aufwendungen in Höhe von fünf bis zehn Millionen Euro, der ebenfalls erhebliche finanzielle Mittel band. Trotzdem zeigt sich die Unternehmensführung immerhin zufrieden mit der Stabilität der Bruttogewinnmarge, die bei 56 Prozent lag und damit nur leicht von 59 Prozent im Vorjahr sank. Dies deutet darauf hin, dass der Lanvin Group durch ein diszipliniertes Preismanagement, eine höhere Direktvertriebsquote und ein effizienteres Bestandsmanagement gewisse Widerstandsfähigkeit demonstriert hat. Die Führungsebene betont, dass die Verluste mündlich zu einem großen Teil auf einen strategischen Umbau zurückzuführen sind und nicht allein das operative Geschäft widerspiegeln. Die Neubesetzungen auf Führungsebene sind Teil eines ambitionierten Plans, die Marke mit neuem kreativen Schwung auszustatten.
Im September übernahm Peter Copping als künstlerischer Leiter die Führung der Kernmarke Lanvin, ein Schritt, der auf frischen Wind und eine innovative Ausrichtung hoffen lässt. Im Juli wurde Paul Andrew zum Kreativdirektor der Luxus-Schuhmarke Sergio Rossi ernannt, während Andy Lew, CEO von St. John Knits, seit Januar die Gesamtpräsidentschaft des Groups innehat. Diese Bündelung von erfahrenen Branchenkennern mit frischen Ideen soll die Innovationskraft stärken und eine schnellere Entscheidungsfindung ermöglichen. Die räumliche Strategie des Lanvin Group ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Umstrukturierung.
Mit dem Umzug des europäischen Hauptsitzes nach Mailand verfolgt das Unternehmen das Ziel, seine regionale Kontrolle zu verbessern, die internen Abläufe zu straffen und die Beziehungen zu wichtigen Stakeholdern in der Modebranche weiter zu festigen. Mailand als eines der wichtigsten Modezentren Europas bietet hierfür den idealen Standort. Zur Optimierung der Geschäftstätigkeit plant Lanvin auch weiterhin die Anpassung seines Filialnetzes. Ziel ist es, durch gezielte Reduzierungen und verbesserte Verkaufsflächen die Kostenstruktur zu verbessern und die Kapitalbindung zu verringern. Damit einher gehen Maßnahmen zur Reduzierung des gebundenen Working Capitals, um die finanzielle Flexibilität des Konzerns zu erhöhen.
Die finanzielle Ausgangslage des Lanvin Group wurde zuletzt durch einen erfolgreichen Börsengang über eine SPAC-Transaktion gestärkt, bei der mehr als 150 Millionen US-Dollar an Kapital eingesammelt wurden. Diese Mittel sollen helfen, den Transformationsprozess voranzutreiben und die Weichen für zukünftiges Wachstum zu stellen. Andys Lews optimistische Aussagen spiegeln den Wunsch wider, die schwierigen Zeiten hinter sich zu lassen und mit den neuen Kollektionen sowie Jubiläumsaktivitäten wie Wolfords 75. Jubiläum frische Impulse zu setzen. Die künstlerische Vision von Peter Copping für Lanvin und Paul Andrews Engagement für Sergio Rossi könnten das Markenportfolio stärken und eine neue Zielgruppe ansprechen.
Insgesamt stellt das Jahr 2024 für Lanvin Group zweifelsohne einen Wendepunkt dar. Der deutliche Rückgang der Umsätze und die steigenden Verluste verdeutlichen das Ausmaß der Herausforderung, vor der der Konzern steht. Allerdings zeugen die umfangreichen Umstrukturierungen, strategischen Investitionen in Kreativität und Führung sowie die finanzielle Stärkung durch den Börsengang von einem langfristig angelegten Transformationsprozess. Aus Sicht von Branchenbeobachtern ist der Erfolg der Bemühungen stark davon abhängig, wie effektiv die Gruppe ihre Markenmodelle modernisieren und auf veränderte Konsumentenbedürfnisse eingehen kann. Die Richtung, die Lanvin mit dem Fokus auf kreative Innovation und organisatorische Effizienz eingeschlagen hat, ist dabei vielversprechend, auch wenn die kurzfristigen Belastungen deutlich sind.
Wie auch der Markt weiterhin auf Luxus und Exklusivität setzt, muss Lanvin es schaffen, sein Profil zu schärfen und authentische Anknüpfungspunkte zu schaffen, um Marktanteile zu gewinnen. Die kommenden Monate sind daher entscheidend für den Lanvin Group. Mit einer revitalisierten Führungsmannschaft und einem klaren Fahrplan, der auf Kostendisziplin, Investitionen in Design und eine gezielte Marktentwicklung setzt, besteht das Potenzial, die schwierige Phase zu überwinden. Die Herausforderungen der Vergangenheit könnten so zu einer Grundlage für eine stärkere Zukunft werden. Für Kunden, Investoren und Mitarbeiter bleibt spannend, welchen Weg Lanvin in dem sich rasant wandelnden Luxussegment genau einschlagen wird.
Trotz der schweren Zahlen bleibt ein Funken Hoffnung und Optimismus, der mit der konsequenten Umsetzung der eingeleiteten Maßnahmen wachsen kann. Für die Luxusmodebranche ist Lanvin Group ein wichtiger Player, dessen Entwicklung aufmerksam verfolgt wird und der viel Potential birgt, sich neu zu erfinden und nachhaltig zu wachsen.