Victoria's Secret, einst eine der bekanntesten Marken im Bereich Damenunterwäsche und Mode, befindet sich aktuell in einem turbulenten Umfeld. Aktivistischer Druck von der Hedgefonds-Investmentgesellschaft Barington Capital hat das Unternehmen in eine kritische Phase gebracht. Der US-Investor bringt Forderungen nach einer umfassenden Umstrukturierung im Vorstand und fordert das Ende einer sogenannten „Giftpille“, die kürzlich zum Schutz vor feindlichen Übernahmen eingeführt wurde. Diese Entwicklungen werfen ein Schlaglicht auf die gegenwärtigen Herausforderungen des Unternehmens sowie auf die weitreichenden Zukunftspläne und den Kampf um die Kontrolle der Marke. Der Hintergrund dieser Auseinandersetzung lässt sich auf die finanzielle Performance von Victoria's Secret seit der Abspaltung von L Brands im Jahr 2021 zurückführen.
Die Aktie des Unternehmens hat seither massiv an Wert verloren, was Barington Capital als ein Versagen der bisherigen Strategie und der Unternehmensführung bewertet. Insbesondere ist der Verlust von über 2,4 Milliarden US-Dollar an Aktionärswert eine deutliche Messlatte, die den Hedgefonds zu entschiedenen Forderungen an die Leitungsebene veranlasst hat. Die von Barington vorgeschlagene Neuausrichtung des Vorstands soll von erfahrenen Experten geprägt sein, die über nachweisliche Erfolge in Bereichen wie Markenrevitalisierung, operativer Umsetzung, internationalem Wachstum und Wertsteigerung für Aktionäre verfügen. Dabei kritisiert Barington explizit die mangelnde Erfahrung des bestehenden Managements und insbesondere der neuen CEO Hillary Super, die erst im September 2024 das Ruder übernommen hat. Es wird angemerkt, dass eine fehlende Expertise im Bereich leitender börsennotierter Unternehmen die Fähigkeit, das renommierte aber derzeit schwächelnde Unternehmen zu transformieren, einschränkt.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die eingeführte „Giftpille“ (englisch: poison pill), die von Victoria's Secret im Mai implementiert wurde, um potenzielle feindliche Übernahmen abzuwehren. Dieser Schutzmechanismus richtet sich vor allem gegen Brett Blundy, dessen Investmentfirma ihren Anteil auf rund 13 Prozent aufgestockt hat. Barington betrachtet diese Maßnahme jedoch als hinderlich für nötige Veränderungen und fordert eine Abschaffung, um den Weg für eine verstärkte Einflussnahme der Aktionäre zu ebnen und eine konstruktive Reform zu ermöglichen. Angesichts dieser Dynamik befindet sich Victoria's Secret in einer prekären Lage. Das Vertrauen in die aktuelle Geschäftsleitung ist angesichts der nachlassenden Nachfrage und erheblichen Kursverlusten erschüttert.
Analysten weisen darauf hin, dass die wachsende Unzufriedenheit unter den Investoren letzten Endes auch zu einem Führungswechsel führen könnte. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie das Unternehmen seine ikonische Marke revitalisieren kann, um wieder auf Erfolgskurs zu gelangen. Strategisch empfiehlt Barington Capital eine Konzentration auf die Kernsegmente des Unternehmens, insbesondere auf klassische und umsatzstarke Produktkategorien wie BHs (Bras) sowie auf historische Marketingkampagnen wie die berühmte Angels-Kampagne. Zudem wird ein beschleunigtes Wachstum im digitalen Vertrieb und auf internationalen Märkten als zentral angesehen, um neue Kundenschichten zu erschließen und die globale Präsenz zu erweitern. Die Transformation in Richtung einer stärker digital fokussierten und global aufgestellten Marke wird als Schlüssel zur Wertsteigerung gesehen.
Die angespannte Lage bei Victoria's Secret ist auch ein Spiegelbild der Herausforderungen, denen traditionelle Einzelhandelsmarken in einem sich wandelnden Konsumumfeld gegenüberstehen. Der Wettbewerb, insbesondere durch stärkere Online-Anbieter und verändertes Konsumentenverhalten, setzt das Unternehmen zunehmend unter Druck. Um in diesem Umfeld zu bestehen, sind tiefgreifende technologische und kulturelle Veränderungen innerhalb des Unternehmens notwendig. Darüber hinaus steht Victoria's Secret vor der Aufgabe, sein Markenimage zu modernisieren und zugleich die eigene Identität zu bewahren. In den letzten Jahren hat die Marke versucht, inklusiver und vielfältiger aufzutreten – ein Schritt, der trotz gemischter Resonanz von Branchenbeobachtern als notwendig eingestuft wird.
Wie Barington Capital feststellt, ist jedoch eine klare und gut umgesetzte Vision im Management unabdingbar, um den Erfolg nachhaltig zu sichern. Die Forderungen des Aktivistenfundes sind somit mehr als nur ein einfacher Richtungswechsel; sie sind ein Weckruf, mit dem potenziellen Wandel auf mehreren Ebenen. Neben der Neubesetzung des Vorstands und der Abschaffung der Giftpille steht vor allem die Umsetzung einer langfristigen und effektiven Strategie im Vordergrund, die die Marke neu definiert und sie zu alter Stärke zurückführt. Die Geschichte von Victoria's Secret illustriert ein klassisches Szenario in der Unternehmenswelt: Der Übergang von einem erfolgreichen Marktführer zu einem Unternehmen, das sich neu erfinden muss. Dabei spielen externe Marktkräfte ebenso eine Rolle wie unternehmensinterne Herausforderungen.
Die nächste Phase wird zeigen, ob Victoria's Secret die richtigen Schritte setzt, um in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Umfeld zu bestehen und seine Stellung als weltweit anerkannte Marke zu festigen. Für Anleger und Beobachter bleibt die Situation bei Victoria's Secret spannend und unsicher zugleich. Der Ausgang des Kampfes zwischen dem Management und Barington Capital könnte maßgebliche Impulse für die Zukunft des Unternehmens liefern und beeinflussen, wie sich der globale Markt für Damenunterwäsche und Mode weiterentwickelt. Ob die Forderungen des Aktivistenfonds letztlich umgesetzt werden und wie erfolgreich ein potenzieller Wandel Geschichten von Tradition und Innovation miteinander verbindet, wird in den kommenden Monaten intensiv verfolgt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Victoria's Secret an einem entscheidenden Wendepunkt steht.
Der Druck von Barington Capital könnte der Katalysator sein, der das Unternehmen zu einer grundlegenden Neuausrichtung zwingt. Dabei gilt es, bewährte Stärken zu bewahren und gleichzeitig mutig neue Wege zu beschreiten, um den Ansprüchen der modernen Kundschaft gerecht zu werden und langfristig wieder Wachstum und Profitabilität zu sichern.