Mit der offizielle Einführung der Nintendo Switch 2 und deren neuartigen Game-Key Cards samt digitaler Downloadpflicht hat eine Diskussion um die Zukunft der physischen Spiele und deren Bewahrung begonnen. Die Game-Key Cards, die nicht mehr die vollständigen Spieldaten auf der Cartridge selbst speichern, sondern lediglich als eine Art Lizenzschlüssel fungieren, der den Download des Spiels aus dem Internet ermöglicht, stellen einen markanten Wandel im Bereich der Videospielveröffentlichungen dar. Für viele Fans der physischen Medien mag das zunächst enttäuschend sein, für Experten der Spielkonservierung ist die Entwicklung jedoch nicht überraschend – sondern vielmehr ein Spiegelbild der seit Jahren voranschreitenden Digitalisierung der Branche und der damit verbundenen Herausforderungen für den Erhalt von Spielkultur. Die vollständige Spielsoftware liegt nun nicht mehr auf einem Datenträger, sondern auf den Servern von Nintendo. Das bedeutet, dass Käufer die Spieldaten online herunterladen müssen, um überhaupt spielen zu können.
Damit entfernen sich die Entwickler und Publisher weiter von echten physischen Besitzverhältnissen und machen Nutzer stärker von stabilen Online-Diensten abhängig. Der erste Blick auf den Markt zeigt, dass der Großteil der Switch 2-Spiele von Drittherstellern als Game-Key Cards erscheinen – allein bei einer Auflistung des japanischen Fachhändlers Yodobashi konnten alle elf neu gelisteten Spiele mit Box-Art das Logo für diese Kartentypen tragen. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, ob Nintendo auch vermehrt wieder vollständige Spiele auf Speicherkarten anbieten wird oder ob Game-Key Cards die Zukunft dominieren. Experten der Game Preservation äußern gemischte Meinungen gegenüber diesem Modell. Stephen Kick, der CEO von Nightdive Studios, einem Unternehmen das sich auf die Wiederveröffentlichung von klassischen und oft schwer zu findenden Spielen spezialisiert hat, sieht diese Entwicklung kritisch.
Er bezeichnet die Game-Key Cards als „leicht entmutigend“ und hätte sich von einem Unternehmen wie Nintendo, das eine lange Geschichte hat und eine wichtige Rolle in der Videospielkultur spielt, mehr Engagement für die Erhaltung von Spielen erwartet. Für ihn ist der Verlust von originären physischen Daten eine Gefahr, da ein Ausgang der Server den Zugriff auf die Software unmöglich machen könnte. Dieses Szenario bedeutet für die Zukunft der Switch 2-Bibliothek eine große Unsicherheit, da nicht klar ist, wie lange Nintendo die Serverinfrastruktur aufrechterhalten wird. Sollte diese in vielen Jahren abgeschaltet werden, wären viele Spiele, die auf diese Game-Key Cards zurückgreifen, möglicherweise unspielbar – im Gegensatz zu klassischen physischen Spielen, bei denen die Kartusche oder Disk selbst alle nötigen Daten enthält und somit theoretisch auch Jahrzehnte nach Erscheinen noch funktionieren kann. Auch vonseiten der Spielkultur wird hier eine wichtige Warnung ausgesprochen: Spieleschätze zu sichern bedeutet, sowohl das Spieleerlebnis als auch dessen Geschichte zu bewahren.
Spiele sind ein Teil kultureller Identität und Geschichte – doch digitale Produkte, die von privaten Servern abhängen, können ohne aktive Unterstützung verloren gehen. Gleichzeitig relativiert Professor James Newman, Mitgründer der Videogame Heritage Society, diese Sorgen ein wenig, indem er darauf hinweist, dass heutige Spiele ohnehin selten statisch bleiben. Sie werden ständig durch Patches, Updates und DLCs erweitert und verändert, was dazu führt, dass eine reine Kopie der Originalversion oft längst nicht mehr dem finalen, gespielten Zustand entspricht. In dieser Hinsicht könne der physische Datenträger häufig nur als Kopierschutzelement dienen, während der eigentliche Inhalt und Gameplay stets digital über das Internet gepflegt und verbessert werden. Diese Sichtweise verdeutlicht, dass digitale Verbreitung und Aktualisierung seit geraumer Zeit unverzichtbar sind, auch wenn dadurch die Authentizität der Originalversionen teilweise verloren geht.
Des Weiteren betont Paul Dyson vom International Center for the History of Electronic Games am Strong Museum in New York die Unaufhaltsamkeit des Trends zur Digitalisierung von Spielen. Er sieht Nintendo eher als Verfechter einer langsamen und kontrollierten Umstellung, während andere Konsolenhersteller bereits umfangreich auf digitale Downloads setzen. Die Game-Key Cards seien in diesem Sinne ein Zwischenschritt, der die Vorteile des physischen Vertriebs mit der Notwendigkeit digitaler Inhalte vereint. Der Trend hat vielfältige Ursachen: Zum einen steht der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund. Die Herstellung von umfangreicheren und schnellen Speicherkarten, die ganze Spiele speichern können, ist teuer.
Die Produktion von kleineren, reinen Lizenzkarten ist für die Hersteller daher kostengünstiger und ermöglicht Drittentwicklern eine leichtere Veröffentlichung. Kommentatoren weisen darauf hin, dass Nintendo hier auch seine strengen Herstellungsregularien aufrechterhält, sodass externe Firmen nicht einfach selbst eigene physische Speichermedien produzieren können. Die Game-Key Cards dürften daher einer Kompromisslösung entsprechen, die den Mittelsmann ausschaltet, aber zugleich für konservierte Produktion wirtschaftlich sinnvoll bleibt. Für Verbraucher hingegen bedeutet die Umstellung auf Game-Key Cards sowohl Vor- als auch Nachteile. Das physische Spielerlebnis wird zumindest auf den ersten Blick beeinträchtigt, denn die Möglichkeit, das Spiel sofort nach Einlegen der Karte zu starten, entfällt meist zugunsten eines Downloadprozesses, der Zeit und stabile Internetverbindung erfordert.
Durch den Wegfall des vollen Produkts auf dem Datenträger entsteht eine Abhängigkeit vom Online-Dienst und somit von der Serververfügbarkeit. Gleichzeitig bieten Game-Key Cards aber auch gewisse Vorteile, etwa den geringeren Speicherplatzbedarf in lokalen Geräten, flexiblere Updates und theoretisch eine bessere Spieleverwaltung. Viele Spieler empfinden allerdings die Kombination von physischem Trägermedium mit der Pflicht zum Online-Download als ein zweischneidiges Erlebnis: Einerseits bleibt in der Hand, dass man ein echtes Produkt besitzt, auf der anderen Seite verliert man die vollständige Kontrolle über den Zugriff. Die Zukunft wird zeigen müssen, ob sich dieser Ansatz als langlebiger Standard durchsetzt oder ob Nintendo und andere Hersteller auf Druck der Community oder aus eigenem Antrieb wieder vollständige physische Medien anbieten – zumindest für Sammler und Enthusiasten. Besonders in Zeiten, in denen der Markt für Retro-Spiele und physische Sammlungen wächst, bleibt die Sicherstellung der Zugänglichkeit von Spielen über Generationen hinweg eine zentrale Herausforderung.
Die Digitalisierung bietet unvergleichliche Vorteile in Sachen Distribution und Flexibilität, aber sie erfordert auch neue Strategien für Archivierung und langfristige Verfügbarkeit. Die Game-Key Cards der Switch 2 markieren somit nicht nur eine technische Innovation, sondern auch einen Paradigmenwechsel, der weitreichende Konsequenzen für Entwickler, Publisher, Sammler und Historiker hat. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Einführung der Game-Key Cards zwar für viele Liebhaber physischer Spiele zunächst eines Verlustes gleichkommt, im Kontext der modernen Spielewelt jedoch eine logische Entwicklung darstellt. Es liegt nun an der Community, den Unternehmen sowie spezialisierten Institutionen und Firmen wie Nightdive Studios, Wege zur Erhaltung und Zugänglichkeit von Spielen zu finden, die sowohl den neuen Standards der Branche gerecht werden als auch der Geschichte und Kultur des Mediums Videospiel gerecht werden. Das Bewusstsein für die Herausforderungen der digitalen Distribution wird in den kommenden Jahren sicherlich für neue Konzepte sorgen, die eine Balance zwischen Innovation und bewusster Archivierung schaffen.
Nintendo hat mit der Switch 2 und ihren Game-Key Cards eine Weichenstellung vollzogen, die Zeichen für die kommende Epoche in der Videospielbranche und deren Zugänglichkeit setzt – und dabei die Debatte um den Erhalt von Spielen als Kunst- und Kulturgut intensiviert.