In einer Welt, in der ökonomischer Erfolg meist anhand des Nettovermögens gemessen wird, offenbaren sich gravierende Probleme hinsichtlich der Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit unserer aktuellen Wirtschaftssysteme. Während Menschen wie Sarah, eine Bio-Bäuerin aus der Nähe von Portland, tagtäglich durch ihre Arbeit nicht nur Nahrung produzieren, sondern auch aktiv zur Erhaltung der Umwelt beitragen, verdienen Spekulanten mit Kryptowährungen oft innerhalb von Minuten Summen, die einer jahrelangen Arbeit wie ihrer weit überlegen sind. Diese Diskrepanz ist nicht nur eine soziale Ungerechtigkeit, sondern stellt auch eine ökonomische Fehlentwicklung dar. Das gegenwärtige monetäre System honoriert vor allem finanzielle Spekulation und kurzfristige Profite und vernachlässigt zugleich wertvolle gesellschaftliche und ökologische Beiträge, die für langfristige Resilienz und Gemeinwohl von zentraler Bedeutung sind. Die Schwierigkeit bei der Bewertung solcher Beiträge liegt im sogenannten Ein-Metrik-Problem, bei dem eine einzige Währung oder ein einheitliches Finanzsystem versucht, völlig verschiedene Arten von Wert zu messen.
Werte, die von der Bewahrung von Bodenqualität, Biodiversität, CO2-Speicherung bis hin zur Stärkung lokaler Gemeinschaften reichen, entziehen sich den traditionellen monetären Messgrößen wie dem Bruttoinlandsprodukt. Wissenschaftler und Ökonomen wie Kate Raworth warnen seit längerem, dass die alleinige Orientierung an solchen Standards nicht nur zu Fehlanreizen führt, sondern auch grundlegende ökologische und soziale Prozesse systematisch entwertet. Technologische Innovationen, vor allem im Bereich der Blockchain-Technologie, bieten neue Möglichkeiten, solche komplexen und vielfach dimensionierten Werte differenziert abzubilden und ökonomisch zu berücksichtigen. Blockchain-basierte Smart Contracts ermöglichen die Schaffung von sogenannten verschachtelten digitalen Währungssystemen, die unterschiedliche Wertschöpfungen und -kategorien in eigene, miteinander verknüpfte Token-Formate übersetzen können. An einem Beispiel lässt sich dies gut illustrieren: Maria, eine Kaffeeimporteurin, zahlt Bauern derzeit Preise, die stark durch globale Marktvolatilitäten geprägt sind und oft weit unter den echten Produktionskosten liegen.
Ein Nesting von Währungen könnte hier für eine faire Vergütung der Arbeitsleistung (Labor-Token), die Belohnung für nachweislich nachhaltige Anbaumethoden (Umwelt-Token) und die Finanzierung lokaler Infrastrukturprojekte (Gemeinschafts-Token) sorgen, während Qualitäts-Prämien durch Quality-Token honoriert werden könnten. Diese differenzierten Systeme versprechen nicht nur eine gerechtere und wertschätzende Verteilung der wirtschaftlichen Ressourcen, sondern können auch automatisch regulierte Wechselkurse zwischen den Tokenarten erlauben, sodass Flexibilität und Handelbarkeit über lokale und thematische Grenzen hinweg erhalten bleiben. Dabei adressiert ein zentrales Problem die Verhinderung von Spekulation und Kapitalanhäufung, die den primären Nutzen solcher Systeme gefährden könnten. Verhaltensökonomische Ansätze wie Nudging sowie technische Lösungen wie die Erhebung von Haltekosten (Demurrage), wie sie bei der digitalen Währung Freicoin praktiziert wurden, können Spekulation unattraktiv machen und gleichzeitig die Nutzbarkeit im täglichen Zahlungsverkehr fördern. Bereits heute existieren zahlreiche Pilotprojekte und Implementierungen, die zeigen, dass lokale Währungen und Blockchain-gestützte Quellen die gewünschten Effekte erzielen können.
So zirkuliert die lokale Währung Ithaca Hours seit über drei Jahrzehnten und unterstützt hunderte von Unternehmen, während Programme wie BerkShares Millionenumsätze in regionalen Wirtschaftskreisläufen generieren. Im Bereich der Versorgungsketten hat Walmart durch Blockchain-Technologie die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln erheblich verbessert, wodurch Verbrauchersicherheit und Nachhaltigkeitsprüfungen auf ein neues Niveau gehoben wurden. Umweltmärkte, wie das kalifornische Emissionshandelssystem oder die Plattform Nori, bieten Landwirten finanzielle Anreize für ökologische Leistungen wie CO2-Bindung an, die bislang kaum monetär honoriert wurden. Dennoch bestehen auch Herausforderungen auf dem Weg zur breiten Einführung solcher verschachtelter Währungssysteme. Ein wichtiger Schritt ist die konkrete Erfassung und Priorisierung der praktischen Hemmnisse, denen lokale Akteurinnen und Akteure ausgesetzt sind – etwa saisonale Finanzflüsse, mangelnde Transparenz in den Lieferketten oder Schwierigkeiten beim Zugang zu Kapital für nachhaltige Projekte.
Angepasste digitale Lösungen, etwa Software für Community Supported Agriculture (CSA), die automatisch saisonale Preis- und Ernteschwankungen berücksichtigt, oder transparente Supply-Chain-Tracker, können hier ansetzen und erste Brücken schlagen. Eine weitere wichtige Vision ist die Interoperabilität zwischen verschiedenen regionalen und thematischen Systemen, sodass Wertübertragungen möglich sind, ohne den lokalen Charakter und die zugrunde liegenden Prioritäten zu verwässern. Die Kombination von technologischer Innovation, gemeinschaftlichem Engagement und politischer Unterstützung könnte den Weg hin zu einer „regenerativen Ökonomie“ ebnen, wie es John Fullerton beschreibt – ein Wirtschaftsmodell, das Lebensgrundlagen stärkt und nicht zerstört. Die Zukunft der Wertschöpfung liegt nicht allein in der Anhäufung von Kapital, sondern in der Anerkennung und Förderung vielfältiger Werte, die über das Monetäre hinausgehen. Indem digitale und algorithmische Technologien dazu dienen, neue Wertdimensionen sichtbar und handelbar zu machen, kann ein Wandel hin zu nachhaltigeren, gerechten und robusteren Wirtschaftssystemen gefördert werden.
Die Frage ist nicht mehr, ob unsere Systeme diese Transformation verkraften können, sondern wer den Wandel gestaltet und beschleunigt. Vorbilder und Pilotprojekte zeigen die Machbarkeit – nun bedarf es einer breiten gesellschaftlichen Bewegung und kluger technologischer Integration, um diese Modelle in den Mainstream zu bringen und wirtschaftlichen Fortschritt neu zu definieren.