In einer digitalen Welt, die von Suchmaschinen dominiert wird, stellen sich viele Webseitenbetreiber und Content-Ersteller zunehmend die Frage, was passieren würde, wenn sie die großen Suchmaschinen einfach blockieren würden. Konkret geht es um die Anbieter wie Google, Microsoft (Bing), Amazon Web Services (AWS) und Oracle, also die Giganten, die nicht nur Suchfunktionen, sondern auch große Anteile der Webinfrastruktur bereitstellen. Vor diesem Hintergrund analysieren wir hier ausführlich, was es bedeuten würde, diesen Akteuren durch sogenannte ASN-Blockaden (Autonomous System Number) den Zugang zu verwehren und welche Konsequenzen das für die eigene Webseite sowie den digitalen Auftritt hat. Die Rolle der großen Suchmaschinen im Internet ist ebenso unumstritten wie komplex. Sie beeinflussen maßgeblich, wie Inhalte gefunden, konsumiert und bewertet werden.
Über Jahre hinweg haben sich Google und Co. von reinen Suchmaschinen hin zu umfassenden Informationsplattformen entwickelt. Die Suchergebnisseiten enthalten mittlerweile sogenannte „Snippets“ oder kurze Zusammenfassungen von Webseiteninhalten, die dem Nutzer oft schon alle nötigen Informationen liefern, ohne dass er die eigentliche Webseite besucht. Diese Entwicklung hat unter Content-Creatoren für erhebliche Diskussionen gesorgt, denn sie spiegelt eine Veränderung der Machtverhältnisse wider, bei der die Suchmaschinen selbst den Inhalt kuratieren und teilweise sogar umformulieren. Im Kern stammt die Frustration vieler kleiner bis mittelgroßer Webseitenbetreiber aus der Tatsache, dass ihre Inhalte von den großen Suchmaschinen systematisch abgegriffen, verarbeitet und in der eigenen Umgebung dargestellt werden.
Oftmals geschieht das über automatisierte Bots, die Inhalte in großem Umfang „scrapen“ – also kopieren und in eigenen Modellen weiterverwenden. Daraus resultiert, dass die Besucherzahlen auf den Ursprungsseiten sinken, während die Suchmaschinen selbst eine immer kontrolliertere Nutzererfahrung anbieten. Manche sprechen in diesem Zusammenhang von „Content Gobbling“ – einem ständigen Verschlingen von Inhalten durch die Suchmaschinen. Vor diesem Hintergrund überlegen sich einige Betreiber, ob es nicht sinnvoll wäre, konsequent die Zugriffe der großen sogenannten „Slop“-Firmen (eine abwertende Bezeichnung für die großen, massenhaften Content-Verwerter) vollständig zu blockieren. Dabei werden die IP-Bereiche und die Autonomous System Numbers der Großkonzerne hinter Google, Microsoft, AWS und Oracle in Firewall-Regeln aufgenommen und der Server so eingestellt, dass der Zugriff aus diesen Bereichen nicht mehr möglich ist.
Das Resultat wäre zweifelsfrei, dass die Webseite von den gängigen Suchmaschinen komplett „delisted“ wird – also aus den Suchergebnissen verschwindet. Diese radikale Maßnahme wirft jedoch viele Fragen auf und hat weitreichende Auswirkungen. Einerseits könnte der Webseitenbetreiber ein gewisses Gefühl der Kontrolle und Eigenständigkeit gewinnen. Die eigenen Inhalte könnten wieder als einzigartig und unkopiert bestehen bleiben, und E-Mails oder Anfragen, die aus Missverständnissen resultieren oder auf fragwürdigen Zusammenfassungen basieren, könnten reduziert werden. Ein kleiner Anteil der Betroffenen empfindet dies auch als eine Art 'Rebellion' gegen die etablierten Internetgiganten und deren intransparente Umgangsweise mit fremden Inhalten.
Auf der anderen Seite ist klar, dass der Ausschluss der großen Suchmaschinen auch eine drastische Verringerung der Reichweite nach sich zieht. Die große Mehrheit der Internetnutzer greift über diese Suchmaschinen auf Informationen zu. Wenn eine Webseite also in Google oder Bing nicht mehr gefunden wird, bedeutet das einen großen Rückgang bei organischem Traffic. Dadurch wiederum sinkt die Sichtbarkeit und die Möglichkeit, eine größere Leserschaft zu erreichen, geschweige denn Einnahmen über Werbung oder andere Monetarisierungsformen zu erzielen. Darüber hinaus könnten auch legitime Nutzer aus Universitäten, Unternehmen oder von Hosting-Dienstleistern außerhalb der großen Anbieter betroffen sein, da diese oftmals über die gleichen oder nahe ASNs operieren.
Die Idee, die Suchmaschinen zu blockieren, wirkt auf den ersten Blick wie ein Statement gegen das Ausbluten von Originalinhalten. Es ist ein Versuch, die eigene digitale Domäne zu verteidigen und auf deren Eigenwert zu bestehen. Doch im digitalen Zeitalter sind blockierende Maßnahmen nicht immer optimal, da Suchmaschinen längst nicht mehr nur einfache Crawler sind. Sie verfügen über ausgeklügelte Algorithmen, die häufig auch über Proxy-Server, Ressourcen von VPS-Anbietern oder sogar Heimnetzwerke auf Inhalte zugreifen. Damit sind Blockaden, die nur auf ASN-Ebene vorgenommen werden, nie vollkommen wirksam.
Viele Inhalte bleiben weiterhin „gefressen“, nur eben ohne direkte Erlaubnis und ohne Kontrolle über die Nutzung. Darüber hinaus entstehen durch solch eine Blockade mögliche unerwünschte Nebeneffekte. Die sogenannte Indexierung leidet massiv, was sich auch auf die Suchvorschau in sozialen Netzwerken auswirkt. Titel und Metadaten, die für Link-Vorschauen verwendet werden, können in vielen Fällen nicht mehr korrekt geladen werden und zeigen stattdessen Fehlermeldungen wie „Access Denied“ an. Dies schadet der Nutzererfahrung und der Verbreitung der eigenen Inhalte über beliebte Sharing-Plattformen wie Facebook oder Twitter.
Es ist ebenfalls wichtig zu bedenken, dass eine reine Blockade die vergangenen Scraping-Vorgänge nicht rückgängig macht. Die großen Suchmaschinen haben in der Regel ihre Datenbanken bereits gefüllt und greifen häufig auf archivierte Versionen von Inhalten zurück. Selbst die konsequentesten Filter oder Blockaden hindern sie nicht daran, vorhandene Datensätze weiter auszuwerten oder zu verarbeiten. Aus diesem Grund wirkt der opt-out Prozess, den viele dieser Unternehmen anbieten, nur eingeschränkt und oft unzuverlässig. Technisch versierte Nutzer sehen darin eher symbolische Maßnahmen, die kaum echten Schutz bieten.
Trotz all dieser Herausforderungen erweist sich das Internet als ein erstaunlich widerstandsfähiger und vielfältiger Raum für Contententdeckung. Klassische Suchmaschinen verlieren für viele Nutzer an Stellenwert, da alternative Quellen wie Blogverzeichnisse, Follower-Netzwerke mit handverlesenen Links, Bookmarking-Dienste und Online-Communities einen neuen Weg gefunden haben, interessanten Content zu empfehlen. Das führt dazu, dass „das Blogwandern“ oder das Stöbern von einer Quelle zur nächsten, wie ein Spaziergang durch einen analog gewachsenen Wald, die wichtigste Methode für Nutzer geworden ist, neue Inhalte zu entdecken. Diese organische Art der Sichtbarkeit ist unabhängig von großen Algorithmen und bietet nachhaltige Reichweite. Die Überlegung, große Suchmaschinen zu blockieren, bleibt deshalb auch ein Experiment mit offenem Ausgang.
Während der Kontrollverlust gegenüber den großen Konzernen frustrierend sein kann, geht der Schritt einher mit dem Risiko, sich selbst vom Kommunikationsfluss abzuschneiden. Trotzdem gibt es Nutzer, die sich mutig für diesen Weg entscheiden, um den Kopf frei zu bekommen von der allgegenwärtigen Kontrolle der Datenriesen und sich wieder auf die ursprüngliche Bedeutung von Webinhalten als Austauschmedium zu besinnen. Ein abschließender Blick zeigt, dass die Debatte nicht allein eine technische oder rechtliche Fragestellung ist, sondern tief in die Philosophie des Internets eindringt. Wie soll Information konserviert, verbreitet und honoriert werden? Wie viel Macht dürfen Suchmaschinen und Plattformen über das Schicksal von Webseiten haben? Kann eine Renaissance der unabhängigen, eigenständigen Inhalte gelingen, ohne die enorme Reichweite großer Netzwerke? Suchmaschinen nehmen dabei eine ambivalente Rolle ein: Sie sind Einladung und Herausforderung zugleich. Wer sie ausgrenzt, darf sich auf ein anderes, kleiners, vielleicht sogar gemütlicheres Internet freuen, in dem Entdeckung und Austausch langsamer, persönlicher und weniger von „Engagementzahlen“ getrieben sind.
Wer sich dafür entscheidet, wird den Wandel erleben – und vielleicht neue Antworten auf die Frage finden: Was bedeutet Sichtbarkeit im digitalen Zeitalter wirklich?.