Die Diskussion um die Regulierung großer Technologiekonzerne und deren Zusammenschlüsse hat in den letzten Jahren erheblich an Fahrt aufgenommen. Insbesondere die Federal Trade Commission (FTC) unter der Führung der Trump-Administration versuchte mit einem breiten Ansatz, Fusionen in der Tech-Branche zu verhindern oder rückgängig zu machen, die möglicherweise den Wettbewerb einschränken könnten. Doch ein aktueller Richterspruch des Neunten US-Bundesberufungsgerichts hat dieser Herangehensweise eine klare Grenze gesetzt. Der langjährige Rechtsstreit um den milliardenschweren Deal von Microsoft und Activision Blizzard, der mit einer deutlichen Niederlage für die FTC endete, verdeutlicht, wie anspruchsvoll es für Aufsichtsbehörden geworden ist, Fusionen zu stoppen oder rückgängig zu machen, insbesondere wenn eindeutige Beweise für wettbewerbswidriges Verhalten fehlen. Der Fall wirft zudem Fragen zur zukünftigen Rolle der FTC und zur Ausgestaltung von Wettbewerbspolitik gegenüber den dominanten Akteuren im Technologiesektor auf.
Im Oktober 2023 schloss Microsoft die Übernahme von Activision Blizzard ab, einem der größten und bekanntesten Spielepublisher Nordamerikas, für die enorme Summe von 69 Milliarden US-Dollar. Spiele wie „Call of Duty“, „World of Warcraft“ und „Candy Crush“ gehören zu den Titeln, die unter dem Dach von Activision laufen. Microsofts Kauf katapultierte dessen Position im Gaming-Markt wirtschaftlich nach vorne und etablierte das Unternehmen als den zweitgrößten Hersteller von Heimspielkonsolen weltweit, direkt hinter Sony. Zugleich rückte Microsoft damit global auf den dritten Platz unter den größten Spielekonzernen, hinter Tencent und Sony. Die FTC versuchte, die Übernahme zu stoppen und klagte, weil sie Wettbewerb und Innovation im Cloud-Gaming-Markt sowie bei wichtigen Spieltiteln wie „Call of Duty“ bedroht sah.
Die Behörde argumentierte, dass Microsoft durch den Kauf in der Lage sein könnte, aktiv den Zugang zu bestimmten Spielen für Konkurrenzunternehmen zu beschränken oder zu verzögern, was den Markt erheblich verzerren und schädigen würde. Die FTC stützte sich dabei stark auf theoretische Annahmen und Prognosen und sah eine potenzielle Monopolisierung in bestimmten Bereichen aufziehen. Die Richter des Neunten Bezirksgerichts, die sich drei Jahre lang mit dem Fall befassten, sahen diese Argumentation jedoch kritisch. In ihrem einstimmigen Urteil betonten sie, dass eine bloße Theorie oder Spekulation über mögliche wettbewerbsschädliche Effekte der Übernahme nicht ausreichen, um eine Fusion zu blockieren oder rückgängig zu machen. Das Gericht verlangte vielmehr eindeutige und belastbare Beweise dafür, dass Microsoft tatsächlich Vorleistungen verweigern oder den Wettbewerb durch die Übernahme erheblich beeinträchtigen würde.
Da die FTC diese Beweislast nicht erfüllen konnte, wurde die vorläufige Verfügung gegen den Zusammenschluss aufgehoben. Dieses Urteil ist besonders relevant, weil es die Art und Weise beeinflusst, wie die FTC und womöglich andere Aufsichtsbehörden zukünftig vorgehen müssen. Während sowohl unter Trump als auch unter Biden die Regulierung von Big Tech eine hohe Priorität besitzt, zeigt sich zunehmend, dass die Hürden für Eingriffe bei großen Übernahmen hoch sind. Das Gerichtsurteil sendet ein Signal, dass streng rechtsstaatliche und faktenbasierte Überprüfungen von Fusionen unabdingbar sind und sich nicht nur auf politische oder allgemeine Bedenken über Marktmächte stützen können. Die Entscheidung wirkt sich auf weitere Verfahren aus, unter anderem auf fortlaufende Klagen gegen Unternehmen wie Google, Apple und Meta, die ebenfalls wegen angeblicher wettbewerbswidriger Praktiken angegriffen werden.
Während beispielsweise die US-Justiz mit Blick auf Google bereits durchgesetzt hat, dass das Unternehmen illegal den Markt für Internetsuchen beherrscht und unfaire Taktiken bei Online-Werbeauktionen anwendet, bleibt der Druck auf die Justiz und die Regulierungsbehörden enorm. Einige Klagen, darunter der Versuch, Google aufzuteilen, setzen auf langfristige, komplexe Verfahren, deren Ausgang ungewiss ist. Der Fall Microsoft vs. Activision zeigt zudem die enorme wirtschaftliche Bedeutung von Gaming innerhalb der Technologielandschaft. Spiele und digitale Unterhaltungsinhalte sind ein wachsender Markt, der stark mit Cloud-Diensten, Software-Ökosystemen und interaktiven Medien verknüpft ist.
Fusionen in diesem Bereich haben weitreichende strategische Bedeutung, da sie nicht nur das Produktportfolio erweitern, sondern auch die Kontrolle über digitale Plattformen und Nutzererfahrungen stärken. Eine wesentliche Frage bleibt, wie die Wettbewerbsbehörden die Balance finden, die notwendigen Checks and Balances durchzusetzen und gleichzeitig Innovationshemmnisse zu vermeiden. Um wettbewerbsfeindliche Monopole zu verhindern, ist es unerlässlich, präzise zu definieren, wann und wie ein Zusammenschluss den Markt negativ beeinflusst. Das Gerichtsurteil macht deutlich, dass allein die Größe oder die potenzielle Marktmacht nicht die Grundlage für Interventionen sein dürfen. In der Praxis bedeutet dies für die FTC, dass künftige Verfahren gegen Technologiegiganten sorgfältiger vorbereitet und mit starken empirischen Studien und konkreten Beispielen unterfüttert sein müssen.
Im Umkehrschluss bedeutet das für Unternehmen, dass mit einer gewissen Rechtssicherheit zu rechnen ist, solange nachvollziehbare und fundierte Marktanalysen vorliegen, die keine spürbare Gefährdung für den Wettbewerb aufzeigen. Der Fall wirft auch Licht auf die zunehmende Komplexität von Technologiemärkten, in denen Plattformen, Software, Hardware und Dienstleistungen eng miteinander verzahnt sind. Regulierung kann hier nur erfolgreich sein, wenn die Aufsichtsbehörden tiefgehende technische und wirtschaftliche Expertise besitzen und flexibel auf neue Entwicklungen reagieren. Insgesamt verdeutlicht die Rechtsprechung, dass das Ziel eines fairen Wettbewerbs in einer dynamischen, global vernetzten Tech-Branche nur mit einem klaren, rechtsstaatlichen Vorgehen erreicht werden kann. Wildwüchsige oder ideologisch getriebene Eingriffe könnten Innovationen und Investitionen abschrecken oder unbeabsichtigte Marktschäden verursachen.
Der Ausgang des Streits um Microsoft und Activision wird folglich als ein wichtiger Präzedenzfall betrachtet, der die Grenzen und Möglichkeiten neuer Wettbewerbspolitik gegenüber den Giganten der digitalen Welt markiert. Sowohl Unternehmen als auch Regulatoren sollten daraus lernen, dass die evidenzbasierte und ausgewogene Bewertung von Fusionen der Schlüssel zu nachhaltigem Wettbewerb und technologischem Fortschritt ist.