Jsonnet ist eine elegante, deklarative Programmiersprache, die hauptsächlich zur Erstellung und Manipulation von JSON-Daten genutzt wird. Sie kombiniert die Vorteile von JSON mit den Möglichkeiten einer Turing-vollständigen Sprache, was sie insbesondere im Bereich der Konfigurationsverwaltung und Infrastrukturautomation sehr beliebt macht. Eine spannende Entwicklung in der Welt von Jsonnet ist die Implementierung eines Jsonnet-Interpreters in Jsonnet selbst. Diese Vorgehensweise dient sowohl als Forschungsprojekt als auch als praktische Demonstration, wie tiefgreifend und ausdrucksstark die Sprache selbst sein kann. Ein Interpreter, der eine Sprache ausführt, besteht traditionell aus einem Programm, das in einer anderen Sprache wie C++, Go oder Rust implementiert ist.
Die Idee, einen Jsonnet-Interpreter komplett in Jsonnet zu schreiben, wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich, bietet jedoch zahlreiche Vorteile. Zum einen ermöglicht es Entwicklern, die Mechanismen von Jsonnet auf einer sehr fundamentalen Ebene zu verstehen und durch Ausprobieren und Modifikation die Funktionsweise der Sprache zu erforschen. Zum anderen kann auf diese Weise der Interpreter leichter erweitert und an spezifische Bedürfnisse angepasst werden, da die Implementierung in der gleichen Sprache erfolgt, die auch für die Programmausführung eingesetzt wird. Das Projekt „Jsonnet in Jsonnet“ ist ein Paradebeispiel für diese kreative Herangehensweise. Es wurde von der Entwicklergemeinschaft unter der Organisation Duologic auf GitHub veröffentlicht und umfasst mehrere Komponenten wie den Parser, den Evaluator sowie Hilfsbibliotheken.
Der Parser liest Jsonnet-Quellcode ein und wandelt ihn in eine abstrakte Syntaxbaum-(AST-)Darstellung um, die anschließend vom Evaluator verarbeitet wird. Beide Module sind in Jsonnet geschrieben, was zeigt, mit welchen Mitteln die Sprache eigene Tiefenmechanismen beschreiben kann. Beim Evaluator handelt es sich um die zentrale Komponente, die die Ausführung des Jsonnet-Codes gewährleistet. Er wertet Ausdrücke aus, löst Funktionsaufrufe auf, verarbeitet Imports und sorgt für die korrekte Behandlung von Variablen und Scoping-Regeln. Die Herausforderung besteht unter anderem darin, die effiziente Handhabung von Stapeln (Stacks) und Rekursionen sicherzustellen, da reine Jsonnet-Implementierungen beispielsweise im Vergleich zu kompilierter Rust- oder Go-Software per se langsamer sind.
Um diesem Geschwindigkeitsengpass entgegenzuwirken, setzen die Entwickler auf optimierte Laufzeitparameter wie maximalen Stapelverbrauch und den Einsatz des leistungsfähigen Rust-basierten Interpreters jrsonnet zur Ausführung. Technisch betrachtet bietet das Projekt auch einen Blick in moderne Interpreter-Architekturen. Die komplette Implementierung ist modular aufgebaut, sodass einzelne Bestandteile wie Lexer, Parser und Evaluator separat getestet und weiterentwickelt werden können. Zusätzlich unterstützen Hilfsbibliotheken Aufgaben wie Pfadmanipulation oder das flexible Importieren von Dateien. Die Dokumentation des Projekts gibt wertvolle Hinweise zur Bedienung, Installation und Konfiguration.
Von der Entwicklerperspektive sind mehrere Anwendungsfälle denkbar. Jsonnet in Jsonnet kann als Lernmittel dienen, um prinzipielle Konzepte von Interpreterdesign nachzuvollziehen. Ebenso ist es möglich, eigene Sprachfeatures zu erforschen oder Prototypen für neue Syntaxelemente zu entwerfen. Im Industriebereich könnte ein so flexibler Interpreter als Grundlage für anpassbare Konfigurationswerkzeuge dienen, die spezifische Anforderungen abdecken, ohne eine vollkommen neue Sprache entwickeln zu müssen. Das Github-Repository enthält neben dem Kerncode zahlreiche Beispiele und Skripte zur Evaluierung von Jsonnet-Dateien.
Insbesondere die Einbindung von Importmechanismen und Unterstützung für Unicode zeigen den Reifegrad und die Sorgfalt, die in die Entwicklung eingeflossen sind. Die Anwendung lässt sich einfach ausführen, indem Scripts aufgerufen werden, die die notwendige Pfadauflösung und Umgebungsparameter vornehmen. Die Lizensierung erfolgt unter der GPL-3.0, was dem Projekt eine Freiheiten gewährleistet, aber gleichzeitig auch die Weiterverwendung in proprietären Systemen einschränkt. Dieser Schritt unterstreicht, dass der Fokus vor allem auf Open-Source-Forschung und Community-Entwicklung liegt.
Interessenten haben so die Möglichkeit, den Code eingehend zu studieren und eigene Modifikationen beizutragen. Im Kontext moderner Softwareentwicklung gewinnt die Wiederverwendung und Interpretation von DSLs (Domain Specific Languages) zunehmend an Bedeutung. Jsonnet spiegelt diesen Trend wider, indem es Entwicklern ein mächtiges Werkzeug an die Hand gibt, um komplexe Datenstrukturen elegant zu konfigurieren. Dass ein Interpreter für Jsonnet selbst wiederum in Jsonnet programmiert werden kann, symbolisiert die Selbstbezüglichkeit vieler moderner Programmiersprachen, die sich selbst anfassen und formen können. Die Verfügbarkeit von „Jsonnet in Jsonnet“ lädt somit ein, tief in technische Details einzutauchen und die Faszination von Sprache, Parsing und Laufzeitausführung aus erster Hand zu erleben.