Die nukleare Energie war früher eine tragende Säule der amerikanischen Stromerzeugung, verlor jedoch in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung. Nachdem Ende der 1970er Jahre insbesondere der Zwischenfall im Kernkraftwerk Three Mile Island das öffentliche Vertrauen erschütterte, sind keine neuen Kernkraftwerke in den USA mehr im Bau. Seit 1990 wurden lediglich drei neue Reaktoren in Betrieb genommen, was den Rückgang der Kernenergiebranche deutlich macht. Trotz der Vorteile wie einer geringen Kohlenstoffbilanz schien die Atomkraft in den USA nahezu tot – bis jetzt. Im Mai 2025 hat der damalige US-Präsident Donald Trump eine Reihe von Exekutivbefehlen unterzeichnet, die den Neustart der Nuklearindustrie vorantreiben sollen.
Diese Maßnahmen zielen auf eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, finanzielle Förderungen und die Errichtung neuer, vor allem experimenteller Reaktoren ab. Die Kernkraft als zuverlässiger Energielieferant ist aufgrund ihrer grundlastfähigen Eigenschaft seit jeher von Interesse für Energiesysteme, die unabhängig von Wetterbedingungen langfristig Strom liefern wollen. Im Gegensatz zu erneuerbaren Energien wie Solar und Wind kann atomare Energie kontinuierlich und planbar erzeugt werden. Allerdings wurde in den Exekutivbefehlen der Trump-Regierung Kernenergie fälschlicherweise hin und wieder als "dispatchable" bezeichnet, was bedeutet, dass sie schnell hoch- und runtergefahren werden könne – eine Eigenschaft, die traditionell nicht für Kernkraftwerke zutrifft. Ein zentrales Ziel der neuen politischen Initiative ist die Erleichterung der regulatorischen Hindernisse, die bisher für den Bau neuer Reaktoren standen.
Der Prozess zur Zulassung neuer Reaktordesigns in den USA ist komplex, langwierig und kostenintensiv. Die Nuclear Regulatory Commission (NRC), welche für die Prüfung und Genehmigung von Kernkraftanlagen zuständig ist, geriet in den Fokus der Kritik. Die Exekutivbefehle werfen der NRC vor, dass ihre Gebührenstrukturen und langwierigen Genehmigungsverfahren den Fortschritt der Nuklearindustrie drosseln. Folgerichtig sehen die Maßnahmen eine Reform der Genehmigungspolitik vor, um Zeitrahmen zu setzen und bürokratische Hemmnisse zu minimieren. Besonders ins Auge fällt dabei der Plan, die Genehmigungsverfahren für neue Kernkraftwerke auf maximal 18 Monate zu begrenzen.
Zudem wird angestrebt, kleinere modulare Reaktoren (Small Modular Reactors, SMRs) stärker zu fördern. Diese modularen Anlagen sollen in Fabriken vorgefertigt und dann zur Baustelle transportiert werden, was theoretisch Zeit- und Kosteneinsparungen ermöglicht. SMRs gelten als technologisches Zukunftspotenzial mit höherer Sicherheit und geringeren Investitionsrisiken als traditionelle große Reaktoren. Neben der Beschleunigung der Genehmigungsprozesse sind konkrete Ziele formuliert worden, die bis 2030 den Bau von zehn neuen Großreaktoren vorsehen. Obwohl diese Ambitionen hoch gesteckt sind, ist die praktische Umsetzung aufgrund wirtschaftlicher und technischer Herausforderungen fraglich.
Die Realität zeigt, dass kostengünstige Erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft mit stark fallenden Preisen und kürzeren Bauzeiten die Investitionsattraktivität von Kernenergie erheblich geschmälert haben. Ein weiteres Element der Strategie umfasst die verstärkte finanzielle Unterstützung durch das Energieministerium (DOE). Dieses soll verstärkt experimentelle Reaktoren finanzieren sowie existierende Strukturen wie das Kreditgarantieprogramm ausbauen. Interessanterweise fordert Trump auch Mittel ein, um teilweise stillgelegte Kernkraftwerke wieder zu eröffnen und an Standorten, an denen Reaktorenbauprojekte abgebrochen wurden, erneute Bautätigkeiten anzustoßen. Letzteres ist jedoch mit erheblichen Risiken verbunden, da einige Standorte seit Jahrzehnten brachliegen und eine Wiederinbetriebnahme komplexe technische und wirtschaftliche Probleme mit sich bringt.
Die Sicherheitsaspekte werden in den Exekutivbefehlen ebenfalls adressiert, wenn auch kontrovers. Ein signifikanter Teil der Vorschriften der NRC basiert auf dem Vorsorgeprinzip, das besagt, dass keine Strahlenbelastung als sicher angenommen werden kann und selbst niedrigste Belastungen reguliert werden müssen. Die Trump-Administration kritisierte diesen Ansatz und setzte auf Wissenschaftlichkeit bei der Festlegung zulässiger Strahlungsgrenzen, was jedoch von Experten unterschiedlich bewertet wird. Zudem sollen Umweltüberprüfungen bei neuen Projekten beschleunigt oder in bestimmten Fällen sogar verkürzt werden, um den Bau schneller anzustoßen. Kritiker warnen jedoch, dass eine zu starke Vernachlässigung von Umwelt- und Sicherheitsprüfungen langfristig mehr Schaden als Nutzen anrichten könnte.
Ein besonders bemerkenswerter Plan betrifft den Einsatz von Atomreaktoren auf militärischen Anlagen. Da militärische Kernanlagen von der Regulierung durch die NRC befreit sind, sollen dort innovative kleine Reaktoren in einem beschleunigten Verfahren getestet und betrieben werden. Dieser Umweg wird genutzt, um regulatorische Hürden zu umgehen. Gleichzeitig könnte eine militärische Nutzung den Startschuss für eine breitere Implementierung neuer Reaktorkonzepte sein, die als sicherer und effizienter gelten. Doch trotz politischer Impulse bleiben viele Baustellen.
Die enorme Kapitalintensität von Kernkraftwerken, die langen Bauzeiten und das fehlende, gut ausgebaute Lieferkettennetzwerk für Kernkomponenten erschweren die Rentabilität erheblich. Verzögerungen und Kostenexplosionen in vergangenen Projekten wie Vogtle in Georgia sind Warnsignale. Die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung erschwert darüber hinaus eine breite Wiederverankerung der Atomkraft als akzeptierten Energieträger. Die Frage, wie mit dem Atommüll umzugehen ist, bleibt weiterhin ein ungelöstes Problem. Die langjährige Suche nach einem dauerhaften Endlager etwa in Yucca Mountain in Nevada ist von politischen und gesellschaftlichen Widerständen geprägt.
In den Exekutivbefehlen wird die Wiederaufnahme der Entwicklung von Verfahren zur Wiederaufbereitung von abgebranntem Brennstoff genannt – eine Technik, die zwar theoretisch den Brennstoffbedarf reduziert, allerdings teuer und technisch anspruchsvoll ist und auf politischer Ebene kaum Konsens findet. Insgesamt spiegeln die Exekutivbefehle einen ambitionierten, jedoch in Teilen unrealistischen Plan wider, um die US-Atomkraft nachhaltig zu fördern. Manche Maßnahmen sind sinnvoll und können die Innovationskraft der Branche stimulieren, andere erscheinen zu optimistisch angesichts der Komplexität technischer, wirtschaftlicher und regulatorischer Herausforderungen. Die politischen Signale zeigen jedoch eine klare Absicht, Kernenergie wieder als zentralen Energielieferanten zu etablieren, um einerseits Klimaziele zu unterstützen und andererseits eine unabhängige Energieversorgung sicherzustellen. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, ob die Kombination aus staatlicher Förderung, regulatorischer Reform und technologischem Fortschritt zu einer Renaissance der Atomkraft in den USA führen kann.
Insbesondere die kleineren modularen Reaktoren und die experimentellen Anlagen können dabei eine Schlüsselrolle spielen. Doch ohne die Überwindung von Wirtschafts- und Akzeptanzproblemen bleibt unklar, ob die angekündigten Ziele in der vorgegebenen Zeit zu erreichen sind. Zudem steht die Atomkraft im Wettbewerb zu immer effizienteren und günstigeren erneuerbaren Energien und Speichertechnologien, was die Attraktivität weiter unter Druck setzt. Letztlich ist der Vorstoß von Donald Trump zur Revitalisierung der Kernenergie ein Zeichen für die zunehmende Rolle, die nukleare Technologien in den Energiestrategien der Zukunft spielen könnten. Ob die USA hier eine führende Position zurückerobern und eigenständige technologische Innovationen hervorbringen können, hängt jedoch von vielfältigen Faktoren ab – von der politischen Kontinuität über technologische Durchbrüche bis hin zur gesellschaftlichen Akzeptanz.
Für die Energiebranche bedeutet dies einen spannenden Wandel, der die Kernkraft als mögliche Brückentechnologie für eine klimafreundliche Zukunft wieder ins Blickfeld rückt.