Im Jahr 1966 stellte RCA mit dem Spectra 70/35 eine Reihe von Mainframe-Computern vor, die als ernstzunehmende Konkurrenz zu IBM galt. Trotz ihrer technischen Raffinesse und der Kompatibilität mit IBM-Systemen fand diese Computerfamilie nie eine breite Verbreitung und versank im Laufe der Jahrzehnte fast vollständig in Vergessenheit. Umso bemerkenswerter ist nun der Fund eines originalen Steuerpults dieses Modells – verblieben in einer eingestürzten Familiengarage, entdeckt von einem Reddit-Nutzer, der sich in der Retrowelt bestens auskennt. Das Steuerpult ist ein integraler Bestandteil der RCA Spectra 70/35 Maschine, das damals an der Seite des Hauptprozessors angebracht war und Bedienern die Kontrolle über wichtige Systemfunktionen ermöglichte. Mit klar beschrifteten Schaltern, Kontrollleuchten und einem sogenannten Memory Address Stop Panel eignete sich dieses Steuerelement vor allem zur Fehlerdiagnose und Systemüberwachung.
Der Fund überrascht nicht nur aufgrund seines Alters, sondern insbesondere wegen seiner Seltenheit: Bilder oder andere erhaltene Exemplare des 70/35-Panels sind online praktisch nicht zu finden. Selbst in umfangreichen Online-Archiven fehlen nahezu alle Belege dieses spezifischen Modells, was das vorliegende Stück zu einem der letzten seiner Art macht. Entdeckt wurde das Steuerpult in einer Garage, die Jahrzehnte zuvor von einem IBM-Mitarbeiter dort zurückgelassen worden war. Es wird vermutet, dass besagter Mitarbeiter einen Teil des Mainframes als Andenken mit nach Hause nahm, ehe das gesamte System irgendwann außer Betrieb genommen und entsorgt wurde. Das Gewicht und die Größe der fehlenden Hauptcomputerhardware, die zum Betrieb des Panels erforderlich wäre, sind enorm – etwa 680 Kilogramm Mainframe-Rack-Hardware, die das Steuerpult ergänzen würde.
Die historische Bedeutung des Fundes ist immens. In den 1960er Jahren galt IBM als unangefochtener Marktführer bei Großrechnern, nicht zuletzt dank seiner damals revolutionären System/360-Serie. RCA, als eines der großen amerikanischen Technologieunternehmen, reagierte mit der Spectra-70-Reihe auf diese Herausforderung, indem das Unternehmen nicht nur kompakte und effizientere Maschinen entwickelte, sondern auch Software-Kompatibilität mit IBM anbot. Diese Kompatibilität erlaubte es Nutzern, Programme nahezu unverändert auf den RCA-Systemen auszuführen – ein entscheidender Vorteil in einer Zeit, in der Softwareentwicklung langsam und teuer war. Die RCA Spectra Mainframes waren zudem Vorreiter bei der Nutzung von „dritter Generation“ Computertechnologie.
Sie verwendeten integrierte Schaltkreise, was zu erheblichen Einsparungen beim Stromverbrauch und der Gesamtgröße des Systems führte. Diese Innovation war ein Meilenstein, da viele damalige Rechner noch überwiegend auf Röhren oder diskreten Transistoren basierten. Trotz all dieser technologischen Fortschritte konnte RCA auf dem Mainframe-Markt leider keinen dauerhaften Fuß fassen. 1971 zog sich der Konzern aus diesem Geschäftsfeld zurück und verkaufte die Computerabteilung an Univac, welches die Systeme noch kurz unterstützte, bevor sie endgültig vom Markt verschwanden. Die Spectra 70-Serie umfasste verschiedene Modelle mit steigender Leistungsfähigkeit, darunter den 70/15, 70/25, 70/35, 70/45 und 70/55.
Das im Fund gezeigte Steuerpult stammt vom 70/35, das in Sachen Speicher und Verarbeitungsleistung im mittleren Bereich angesiedelt war. Für die damalige Zeit bot es mit maximal 32 Kilobyte Core-Speicher eine ordentliche Kapazität, die sich für komplexe Datenverarbeitung, wie sie in großen Behörden oder Unternehmen benötigt wurde, hervorragend eignete. RCA vertrieb die Spectra-Modelle unter anderem an Behörden, Schulen und Unternehmen, die von der großen Kompatibilität und der soliden Bauweise profitierten. Ein Zeitzeuge berichtet von seiner frühen Jugend mit der Spectra 70-Reihe bei staatlichen Stellen der USA, bei denen die Maschine für die Verwaltung und Datenverarbeitung von Fahrzeuginformationen und Schulverwaltungsdaten eingesetzt wurde. Der Nutzen lag dabei nicht nur in der robusten Hardware, sondern auch in der einfacheren Umstellung bzw.
Kombination von Batch-Verarbeitung und interaktiven Unterprogrammen durch den Einsatz von Peripheriegeräten wie Teletype-Terminals. Der Fund des Steuerpults in der Garage ist nicht nur für Technikenthusiasten interessant, sondern auch für Historiker und Fans der Digitaltechnik. Er verdeutlicht, wie fragil das kulturelle Erbe von frühen Computern ist. Viele dieser Maschinen wurden nach ihrer Nutzungszeit vollständig zerlegt oder auf dem Schrottplatz entsorgt. Originalteile, Dokumentationen und Bildmaterial sind deshalb äußerst rar geworden, was jede neu entdeckte Komponente umso kostbarer macht.
Die Erhaltung des Steuerpults und dessen Restaurierung, wie sie vom Findenden vorgenommen wurde, sind entscheidende Schritte, um diese Technologie für künftige Generationen zu bewahren. LEDs wurden vorsichtig hinter dem Panel installiert, um das typische Leuchten und Aufblinken der Kontrollleuchten zu simulieren, ohne die originale Hardware zu verändern. So kann faszinierend demonstriert werden, wie Bediener vor mehr als 50 Jahren mit solch einem Panel interagierten und Systeme überwachten. Abschließend lässt sich festhalten, dass der Fund eines solchen seltenen Steuerpults aus der RCA Spectra 70/35-Reihe weit mehr ist als nur ein nostalgisches Sammlerstück. Er erzählt die Geschichte einer Ära, in der Computer noch gigantische Maschinen waren, mit einer begrenzten, aber umso bedeutenderen Speicherkapazität, und konkurrierende Firmen wie RCA versuchten, die Vorherrschaft von Branchenriesen wie IBM zu brechen.
Diese Computer prägten maßgeblich den Übergang zur modernen digitalen Welt und stehen als Symbole für den Innovationsgeist und die stetige Weiterentwicklung der Informationstechnologie. Die Geschichte hinter dem Steuerpult ist auch eine Erinnerung daran, wie viele Geschichten und technische Meisterwerke noch in den vergessenen Ecken alter Gebäude liegen können – versteckt in Familiengaragen, Kellern oder Dachböden, darauf wartend, entdeckt und der Nachwelt erhalten zu werden. In Zeiten, in denen moderne Smartphones und Cloud-Server Alltagsgeräte sind, sind solche Fundstücke wahre Zeitkapseln, die Einblicke in die Anfänge des digitalen Zeitalters geben und uns lehren, die rasante Entwicklung der Technik wertzuschätzen und zu bewahren.