n8n ist in der Automatisierungs- und Integrationswelt als revolutionäre Plattform bekannt geworden, die es ermöglicht, komplexe Workflows ohne großen Programmieraufwand zu erstellen. Auf Websites und in Marketing-Materialien wird n8n oft als Open Source Alternative zu etablierten Automatisierungsdiensten wie Zapier bezeichnet. Doch hinter dieser vermeintlichen Offenheit verbirgt sich eine kontroverse Debatte über die tatsächliche Lizenzierung der Software, die viele Nutzer und Entwickler verunsichert und spaltet. Die zentrale Frage dabei lautet: Ist n8n wirklich Open Source? Oder handelt es sich vielmehr um Source-Available Software, die den Begriff Open Source irreführend verwendet? Die Antwort darauf ist von grundlegender Bedeutung, denn die Definition von Open Source ist nicht nur eine semantische Spielerei, sondern hat direkte Auswirkungen auf die Rechte und Freiheiten, die Nutzer und Entwickler bei der Verwendung der Software genießen. Open Source Software unterliegt klar definierten Kriterien, die von der Open Source Initiative (OSI) festgelegt wurden.
Dazu gehören insbesondere die Möglichkeit, den Quellcode frei zu nutzen, zu verändern und weiterzuverbreiten – auch kommerziell – ohne Einschränkungen durch proprietäre Zusatzklauseln. Hier kommt der sogenannte Commons Clause ins Spiel, eine Lizenzergänzung, die von n8n verwendet wird und die das Vertriebsrecht stark einschränkt. Diese Klausel verbietet im Grunde den Verkauf der Software selbst, ohne aber die Nutzung und Kombination mit zusätzlichen Wertschöpfungsprodukten komplett zu unterbinden. Damit fällt n8n aus dem verbindlichen Rahmen der OSI-zertifizierten Open Source Lizenzen heraus. In der Praxis bedeutet das, dass n8n zwar den Quellcode öffentlich zugänglich macht – sprich, die Software ist source-available – man jedoch nicht die gleichen Freiheiten hat wie bei echten Open Source Projekten.
Für viele Entwickler ist dies ein essenzieller Unterschied, denn die Open Source Definition garantiert nicht nur Transparenz, sondern auch eine rechtlich abgesicherte Freiheit, mit der Software nach eigenen Bedürfnissen zu experimentieren, sie in eigene Projekte zu integrieren oder gar kommerziell zu vertreiben. Die Debatte eskalierte 2019, als ein Nutzer mit dem GitHub-Namen ddevault öffentlich kritisierte, dass n8n seine Nutzer bewusst irreführe bzw. gar „gaslighte“, indem es sich als Open Source darstellt, obwohl dies faktisch nicht zutrifft. Diese Kritik wurde von mehreren Mitgliedern der Open Source Community unterstützt und führte zu einer breiten Diskussion über die Etikettierung und Vermarktung von Software, die nicht den Open Source Grundsätzen entspricht. Das Problem ist nicht neu: Immer wieder versuchen Unternehmen durch die Einführung von Restriktionen in ihren Lizenzen, sich finanzielle Vorteile zu sichern und gleichzeitig vom positiven Image des Open Source Labels zu profitieren.
Die Commons Clause gilt dabei als eine der umstrittensten Lizenzergänzungen, weil sie zwar Quellcode veröffentlicht, den kommerziellen Vertrieb aber stark einschränkt und damit viele gewohnte Freiheiten unterbindet. Somit entsteht eine hybride Form der Lizenzierung, die weder wirklich offen ist noch vollständig proprietär wirkt. Die Konsequenzen für Unternehmen und Entwickler, die n8n in ihre Systeme integrieren wollen, sind nicht unerheblich. Die Unsicherheit über die tatsächlich geltenden Rechte kann zu rechtlichen Risiken führen, gerade in professionellen Umgebungen, in denen Compliance und Lizenzkonformität von großer Bedeutung sind. Unternehmen, die auf Open Source Komponenten bauen, verlassen sich auf klare und bewährte Lizenzmechanismen, um Haftungsrisiken zu minimieren und Innovationsfreiheit zu gewährleisten.
Hinzu kommt, dass die teilweise aggressive Kommunikation rund um das Thema die Gemeinschaft der Nutzer spaltet. Einige äußern Verständnis für die finanziellen Beweggründe hinter der Lizenzpolitik, während andere die Entscheidung für die Commons Clause als Täuschung empfinden. Die Diskussion zeigt exemplarisch, wie sensibel das Thema Open Source ist und wie wichtig Transparenz und ehrliche Kommunikation für den langfristigen Erfolg von Softwareprojekten sind. Für Nutzer bedeutet das vor allem: Genaues Hinsehen ist gefragt. Das bloße Vorhandensein eines öffentlich zugänglichen Quellcodes ist kein Indikator dafür, dass ein Projekt Open Source ist.
Es lohnt sich, die Lizenzbedingungen sorgfältig zu prüfen und zu verstehen, welche Rechte man tatsächlich hat. Gerade für Entwickler, die Erweiterungen oder kommerzielle Dienstleistungen auf Basis von n8n anbieten möchten, ist dies entscheidend. Darüber hinaus zeigt dieser Fall beispielhaft eine Entwicklung in der Open Source Welt, bei der sich immer mehr Anbieter für eine Source-Available Lizenz entscheiden, um wirtschaftliche Interessen zu wahren. Dies verändert nicht nur die Landschaft der verfügbaren Software, sondern fordert auch Nutzer und die Community heraus, bislang vertraute Begriffe neu zu hinterfragen. Insgesamt ist der Streit um n8n ein Weckruf für die gesamte Softwarewelt.
Er verdeutlicht, wie wichtig es ist, klare Standards und Definitionen zu bewahren, um Missverständnisse und Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Für nachhaltigen Erfolg und Vertrauen müssen Projekte nicht nur technisch überzeugen, sondern auch bei der Lizenzierung und Kommunikation transparent und ehrlich sein. Wer also n8n nutzen oder in eigene Entwicklungsprozesse integrieren möchte, sollte sich der lizenzrechtlichen Besonderheiten bewusst sein und kritisch hinterfragen, inwieweit n8n die Versprechen von Open Source erfüllt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass man am Ende weniger Freiheiten besitzt, als man eigentlich von Open Source Software erwartet. Die Debatte zeigt, dass Open Source mehr ist als nur ein Trend oder Marketing-Claim.
Es ist ein Wertesystem mit klaren Regeln, die es zu schützen gilt – zum Wohle aller Softwareentwickler, Nutzer und der gesamten digitalen Gemeinschaft.