Alexa von Tobel zählt zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der Finanztechnologie-Branche. Mit der Gründung von LearnVest und dem späteren Verkauf an Northwestern Mutual hat sie maßgeblich dazu beigetragen, wie moderne Finanzplanung heute aussieht. Doch trotz dieses Erfolgs ruht sie sich nicht auf ihren Lorbeeren aus. Stattdessen richtet sie ihren Blick entschlossen auf die Zukunft und insbesondere auf das, was sie ‚Fintech 3.0‘ nennt – eine neue Welle der Innovation, die den Finanzsektor fundamental verändern soll.
Alexa von Tobel begann ihre Reise im Bereich Fintech vor mehr als einem Jahrzehnt. LearnVest, ihr erstes Startup, setzte auf eine innovative Kombination aus Software und persönlicher Finanzberatung, die es Nutzern erleichtert, ihre Finanzen effektiv zu planen. Mit dem Verkauf von LearnVest an Northwestern Mutual im Jahr 2015 für rund 375 Millionen US-Dollar wurde ein entscheidender Meilenstein erreicht und ihr Einfluss in der Branche weiter ausgebaut. Als Chief Digital Officer und später als Chief Innovation Officer bei Northwestern Mutual trieb sie die digitale Transformation des Unternehmens voran und setzte neue Standards für Kundenorientierung und Technologieintegration. Nach ihrer Zeit bei Northwestern Mutual gründete von Tobel gemeinsam mit Penny Pritzker, einer ehemaligen US-Handelsministerin, die Frühphasen-Venture Capital-Gesellschaft Inspired Capital.
Mit diesem neu gegründeten Unternehmen verfolgt sie das Ziel, Startups und Gründerinnen zu unterstützen, die innovative Lösungen in verschiedenen Branchen, inklusive Fintech, vorantreiben. Inspiriert von ihren eigenen Erfahrungen als Gründerin, setzt sich von Tobel leidenschaftlich für eine Unternehmenskultur ein, die Kreativität, Durchhaltevermögen und langfristigen Erfolg fördert. Fintech 3.0 beschreibt laut Alexa von Tobel jedoch nicht einfach eine Fortsetzung oder Weiterentwicklung bestehender Technologien. Vielmehr erwartet sie eine fundamentale Neuinterpretation der Produkte und Dienstleistungen im Finanzbereich.
Während frühe Fintech-Wellen vor allem durch digitale Abbildungen klassischer Finanzprodukte und Services geprägt waren, steht bei Fintech 3.0 eine tiefgreifende Innovation im Fokus, die die Bedürfnisse einer sich wandelnden Gesellschaft adressiert. Dabei spielen Faktoren wie Digitalisierung, demografische Veränderungen und neue Erwartungen der Kunden eine zentrale Rolle. Ein Kernaspekt von Fintech 3.0 ist die Anpassung der Finanztools an eine vielfältige, digital-affine Bevölkerung.
Viele der heute aktiven Verbraucher sind digital aufgewachsen und erwarten intuitive, sofort verfügbare und auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Lösungen. Von Tobel hebt hervor, dass diese nächste Innovationswelle nicht durch oberflächliche Änderungen getrieben wird, sondern durch tiefgreifende Produktentwicklungen, die sich an den echten wirtschaftlichen Realitäten orientieren. Dazu gehören etwa Elemente wie flexiblere Kreditprodukte, personalisierte Sparmöglichkeiten oder integrative Investmentmöglichkeiten, die bisher weniger bediente Kundengruppen mit einbeziehen. Ein prominentes Beispiel für die Früchte dieser Entwicklung ist Chime, ein Fintech-Unternehmen, in das Inspired Capital investierte. Chime hat sich durch seine kundenorientierten Ansätze und innovative Bankdienstleistungen einen Platz an der Börse erobert.
Für von Tobel bestätigt dies ihren Optimismus, dass Firmen, die radikal neue Wege gehen und sich stark auf die Nutzererfahrung konzentrieren, den Markt nachhaltig verändern können. Neben der Produktinnovation sieht Alexa von Tobel auch in Themen wie Datenschutz, Nutzerautonomie und transparente Geschäftsmodelle zentrale Elemente von Fintech 3.0. Sie betont, dass diese Faktoren für die Vertrauensbildung zwischen Verbrauchern und Finanzdienstleistern entscheidend sind. Gerade in einer Zeit, in der digitale Daten wichtiger denn je sind, müssen neue Fintech-Lösungen nicht nur technisch fortschrittlich, sondern auch ethisch verantwortlich gestaltet sein.
Die Rolle von Inspired Capital ist in diesem Kontext auch ein Spiegelbild von von Tobels Engagement für zukunftsweisende Innovationen. Sie beschreibt ihre Firma als eine, die nicht nur Kapital investiert, sondern vor allem Gründerinnen und Gründern, die mit schöpferischer Leidenschaft und langem Atem an neuen Lösungen arbeiten, unterstützen will. Dieses „cultish commitment“ zur Unternehmenskultur ist für von Tobel essenziell, um die nächste Generation von Fintech-Unternehmen erfolgreich zu machen. Rückblickend auf den Verkauf von LearnVest erzählt Alexa von Tobel offen über die intensive Zeit rund um den Abschluss des Deals und die Geburt ihres ersten Kindes, die nur wenige Tage danach folgte. Dieses Ereignis war für sie ein wichtiger Wendepunkt, der sie auch persönlich wachsen ließ und ihre Perspektive auf Arbeit, Innovation und Führung schärfte.
Die Kombination von beruflichem Erfolg und privaten Herausforderungen zeigt, wie eng verknüpft unternehmerischer Ehrgeiz und persönliche Erfahrungen für sie sind. Die Zukunft, so von Tobel, wird von einer stärkeren Verzahnung von Technologie, Menschlichkeit und funktionaler Gestaltung geprägt sein. In der Finanzwelt bedeutet dies, dass Technologien nicht nur innovativ sein müssen, sondern auch echten Mehrwert bieten sollen. Produkte der Fintech 3.0-Ära werden daher adaptiv, inklusiv und transparent konstruiert sein.
Dieser Wandel wird die Art und Weise verändern, wie Menschen Geld verwalten, investieren und finanzielle Entscheidungen treffen. Außerdem betont von Tobel die Bedeutung von Bildung und Aufklärung im Umgang mit neuen Technologien. Gerade im Finanzsektor, der traditionell als komplex und oft abschreckend empfunden wird, ist es wichtig, Verbrauchern Werkzeuge und Wissen an die Hand zu geben, um selbstbestimmt agieren zu können. Fintech 3.0 soll somit auch die Demokratisierung von Finanzdienstleistungen vorantreiben und mehr Zugänglichkeit schaffen.