In den letzten Jahren hat die digitale Revolution den Handel und die Finanzwelt gleichermaßen tiefgreifend verändert. Während Kryptowährungen als innovative Zahlungsoption zunehmend in den Fokus rücken, stehen besonders Stablecoins im Rampenlicht eines möglichen Durchbruchs im Zahlungsverkehr. Große Einzelhändler wie Amazon und Walmart prüfen aktuell, eigene Stablecoins auszugeben – eine Entwicklung, die den traditionellen Zahlungsverkehr auf den Kopf stellen könnte. Diese Überlegungen werfen nicht nur Fragen zu den Auswirkungen auf Banken und Zahlungsdienstleister auf, sondern zeigen auch das enorme Potenzial von Stablecoins als effizientere und kostensparendere Zahlungsalternative. Stablecoins sind eine besondere Form von Kryptowährungen, die an einen stabilen Referenzwert wie den US-Dollar gebunden sind.
Anders als stark schwankende Kryptowährungen wie Bitcoin bieten sie eine geringere Volatilität und somit mehr Verlässlichkeit in der Anwendung als Zahlungsmittel. Für große Unternehmen wie Amazon oder Walmart eröffnen Stablecoins die Möglichkeit, Zahlungsprozesse schneller, sicherer und mit erheblich geringeren Kosten abzuwickeln. Der Wegfall oder die Reduzierung von Kreditkartengebühren würde zu Einsparungen in Milliardenhöhe führen. Bislang laufen die meisten Zahlungen über etablierte Kreditkartensysteme oder andere traditionelle Finanzinstitute, die allerdings mit ihren Gebühren einen erheblichen Kostenfaktor für Händler darstellen. Mit einem eigenen Stablecoin könnten Einzelhändler grenzüberschreitende Zahlungen nahezu in Echtzeit ermöglichen und auf teure zwischengeschaltete Finanzdienstleister verzichten.
Dies ist vor allem im internationalen Handel von Bedeutung, wo Währungswechsel und Überweisungszeiten oft problematisch sind. Die Überlegungen dieser Handelsriesen basieren jedoch nicht nur auf Kostengesichtspunkten. Die Einführung einer eigenen digitalen Währung könnte auch Kundenloyalität fördern und ein neues Zahlungserlebnis schaffen, das nahtlos in das Einkaufserlebnis integriert ist. Zudem ermöglicht eine Blockchain-basierte Stablecoin-Struktur transparente Transaktionen, die für den Endkunden nachvollziehbar sind und Betrugsrisiken minimieren könnten. Allerdings sind bei der Realisierung solcher Stablecoin-Projekte regulatorische Hürden zu überwinden.
In den USA steht derzeit das sogenannte Genius Act im Fokus, ein Gesetzesvorschlag der eine klare Regulierung für Stablecoins etablieren soll. Die Zustimmung oder Ablehnung dieses Gesetzes wird maßgeblich darüber entscheiden, ob und wie Händler eigene Stablecoins herausgeben können. Die Regulierung ist für große Unternehmen ebenso relevant, weil sie sichert, dass diese digitalen Währungen rechtlich einwandfrei und vertrauenswürdig eingesetzt werden. Die Finanzwelt reagiert mit einer Mischung aus Neugier und Sorge auf die möglichen Veränderungen. Banken und etablierte Zahlungsdienstleister sehen in der Stablecoin-Expansion der Einzelhändler eine potenzielle Bedrohung für ihr Geschäftsmodell.
Denn wenn große Händler ihre Zahlungsprozesse unabhängig abwickeln, könnte dies die Rolle von Banken als Vermittler im Zahlungsverkehr erheblich schwächen. Die Angst vor dem Verlust von Marktanteilen und Gebühreneinnahmen führt zu einer gewissen Vorsicht und verstärkten Lobbyarbeit. Für Konsumenten stellt sich die Frage, wie groß die Nachfrage nach solchen Zahlungsoptionen tatsächlich ist. Untersuchungen zeigen, dass trotz der steigenden Popularität von Kryptowährungen der Anteil der Verbraucher, die regelmäßig mit digitalen Währungen einkaufen, bisher noch relativ gering ist. Die Schnittmenge zwischen Nutzern von Plattformen wie Coinbase und den Giganten Amazon oder Walmart liegt aktuell bei etwa zwei Prozent.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Markt nicht schnell verändern könnte – gerade technologische Innovationen wie ChatGPT haben in kurzer Zeit gezeigt, wie schnell neue Angebote den Massenmarkt durchdringen. Die dynamische Entwicklung im Stablecoin-Sektor wird von weiteren Anzeichen begleitet: Unternehmen wie PayPal haben bereits eigene Stablecoin-Angebote ins Leben gerufen. Ebenso verzeichnet der Stablecoin-Markt selbst ein beeindruckendes Wachstum, mit Prognosen, dass das Marktvolumen innerhalb weniger Jahre auf mehrere Billionen US-Dollar ansteigen könnte. Parallel dazu gewinnen Kryptowährungen generell immer mehr Akzeptanz im Bereich des traditionellen Finanzwesens, wodurch eine verstärkte Integration von Stablecoins wahrscheinlich ist. Neben den USA beobachten auch andere Länder die Entwicklungen aufmerksam, da das Potenzial für Transaktionsbeschleunigung und Kostensenkung im internationalen Handel global relevant ist.
Länder mit hohen Gebühren für Geldtransfers und Kunden mit beschränktem Zugang zu traditionellen Bankdienstleistungen könnten besonders profitieren. In diesem Zusammenhang werden Stablecoins auch als ein Mittel zur finanziellen Inklusion angesehen. Allerdings bestehen Risiken, die nicht außerachtgelassen werden dürfen. Stablecoins gelten zwar als weniger volatil, doch sie sind weder von Einlagensicherungen noch von Zentralbanken als letzter Rückhalt abgesichert. Dies erhöht das Risiko von sogenannten „Runs“ auf die digitalen Währungen, bei denen ein plötzlicher Vertrauensverlust zu massiven Verkaufswellen führen kann.
Die Erfahrung aus dem Jahr 2023, als ein bedeutender Stablecoin aufgrund von Problemen bei der Reservehaltung vorübergehend an Wert verlor, hat diesen Aspekt verdeutlicht und unterstreicht die Bedeutung klarer und robuster regulatorischer Rahmenbedingungen. Zudem sind Sicherheitsfragen und Datenschutz relevante Themen, denn die Blockchain-Technologie muss im Einzelhandel in großem Maßstab sicher und datenschutzkonform funktionieren. Auch die Akzeptanz auf Verbraucherseite wird stark davon abhängen, ob sich Kunden mit der neuen Technologie wohlfühlen und ihr vertrauen. Hier spielen auch die Handhabung und die Integration in bestehende Zahlungsplattformen sowie mobile Apps eine entscheidende Rolle. Insgesamt könnte die Einführung von Stablecoins durch große Einzelhändler eine Revolution im Zahlungsverkehr bedeuten.