Der andauernde Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und China hat nicht nur tiefgreifende Auswirkungen auf die globale Wirtschaft, sondern ist auch durch eine Vielzahl von politischen und sicherheitsrelevanten Fragestellungen geprägt. Eine dieser Fragen, die zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist der illegale Handel mit Fentanyl und seinen chemischen Vorläufern. Fentanyl, ein extrem starkes synthetisches Opioid, das oft für medizinische Zwecke eingesetzt wird, hat sich zu einer tödlichen Droge entwickelt, die in den USA eine beispiellose Drogenkrise ausgelöst hat. Trotz des schwerwiegenden öffentlichen Gesundheitsproblems, das Fentanyl darstellt, ist China weiterhin die Hauptquelle für die chemischen Stoffe, die benötigt werden, um Fentanyl herzustellen. Diese Tatsache hat im Handelsstreit eine neue Dimension und neue Verhandlungsansätze geschaffen, die eine mögliche Entspannung der Pattsituation zwischen den beiden Ländern ermöglichen könnten.
Historisch gesehen hat China mehrfach versucht, die Beziehung zu den USA durch gezielte Maßnahmen im Drogenbereich zu verbessern. Bereits während der ersten Amtszeit von Donald J. Trump besuchte eine solche Politik die Perspektive, Lieferungen und Herstellung von Fentanyl und verwandten Substanzen rigoros einzuschränken. Das chinesische Vorgehen beinhaltete ein weitreichendes Verbot sämtlicher Fentanyl-Varianten im Jahr 2019 sowie die Teilnahme an gemeinsamen Strafverfolgungsmaßnahmen mit amerikanischen Behörden. Diese Maßnahmen wurden damals als ein humanitärer Schritt und als diplomatische Geste betrachtet, die das Verhältnis zwischen Washington und Peking zeitweise etwas entspannen konnte.
Nichtsdestotrotz haben sich die Handelsgespräche seitdem verschärft. Die USA haben mehrfach auf Chinas Unzulänglichkeiten bei der Kontrolle der chemischen Vorläuferstoffe hingewiesen und deswegen ergänzende Strafzölle erhoben, um Druck auf China auszuüben. Insbesondere die US-Regierung unter dem neuen Präsidenten hat die Bekämpfung des Fentanyl-Problems in den Mittelpunkt ihrer Handelsstrategie gestellt, was sich unter anderem in der Schließung von Schlupflöchern für den Import von chemischen Vorläufern sowie in erhöhten Zollerhebungen manifestiert. Für China stellt die Problematik eine komplexe Herausforderung dar. Einerseits möchte das Land seine wirtschaftlichen Interessen schützen und die Handelsbeziehungen zu den USA aufrechterhalten oder gar verbessern.
Andererseits erfordert die Kontrolle gegen illegale Drogenexporte ein strenges und aufwendiges Vorgehen. Das Risiko, durch ineffiziente Umsetzung der Maßnahmen in den internationalen Fokus und damit in den Handelskonflikt verwickelt zu werden, ist für Peking hoch. Daher ist das Thema Fentanyl ein politisches Werkzeug geworden, mit dem China versucht, Verhandlungschancen auszubauen. Neben der wirtschaftlichen Dimension spielt die Drogenkrise in den USA eine humanitäre und sicherheitspolitische Rolle, die den Druck auf China erhöht. Die amerikanische Gesellschaft leidet unter einer hohen Zahl von Todesfällen durch Fentanyl-Überdosierungen.
Insofern ist die Bereitschaft Chinas, die Herstellung und den Export der Stoffe einzudämmen, eine willkommene Aufwertung der bilateralen Beziehungen. Zugleich wird dieses Thema von beiden Seiten strategisch eingesetzt, um in festgefahrenen Handelsgesprächen Positionen zu stärken. Die Einbindung von Fentanyl-bezogenen Maßnahmen in die Handelsgespräche könnte eine Win-Win-Situation schaffen: China kann zeigen, dass es aktiv gegen eine Krise vorgeht, die auch den USA erheblichen Schaden zufügt. Die USA wiederum signalisieren ihre Bereitschaft, durch Entgegenkommen bei Bereichen wie Zolltarifen oder Marktzugang zu einer Verbesserung beizutragen, wenn Kooperation bei der Kontrolle von Fentanyl und chemischen Vorläufern erreicht wird. Für die Zukunft ist zu beobachten, wie flexibel beide Seiten in den Verhandlungen bleiben und ob das Thema Fentanyl tatsächlich als Türöffner für eine Überwindung des Handelsstreits dient.
Experten weisen darauf hin, dass eine nachhaltige Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung, des Informationsaustauschs und der gemeinsamen Kontrolle von Exporten und Herstellungsbedingungen grundlegend bleibt, um dauerhafte Lösungen zu erzielen. Darüber hinaus könnte eine verstärkte Regulierung der Chemieindustrie in China und internationale Koordination den illegalen Handel mit Fentanyl-Vorstufen eindämmen. Handelsstaaten stehen hier vor der Herausforderung, gesundheitliche, wirtschaftliche und sicherheitsrelevante Aspekte eng zu verzahnen, da sie sonst Gefahr laufen, weitere Konfliktfelder zu generieren. Neben offiziellen Regierungsmaßnahmen spielen auch technologische Innovationen und Transparenz bei der Überwachung von Lieferketten eine wichtige Rolle, um illegale Exporte aufzudecken und zu verhindern. Die wirtschaftspolitische Bühne des 21.
Jahrhunderts erfordert zudem neue Herangehensweisen an alte Probleme – und der Handel mit Fentanyl verdeutlicht, wie eng Verhandlungs- und Sicherheitsthemen mittlerweile miteinander verflochten sind. Abgesehen von der direkten Nutzung in der Drogenkrise sind auch langfristige wirtschaftliche Konsequenzen für beide Länder spürbar, wenn der Konflikt ungelöst bleibt. Handelshemmnisse, hohe Zölle und Unsicherheiten bei Investitionen belasten globale Wertschöpfungsketten und Innovationen. Dadurch sind nicht nur chinesische Exporteure und amerikanische Verbraucher betroffen, sondern die gesamte Weltwirtschaft. Chinas mögliche Bereitschaft zur intensiveren Zusammenarbeit bei Fentanyl und dessen chemischen Vorläufern könnte somit nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist Teil einer komplexen geopolitischen Gleichung.