Der Gazastreifen steht seit Jahrzehnten im Zentrum eines anhaltenden Nahostkonflikts, der nicht nur von politischen und ideologischen Spannungen geprägt ist, sondern auch von einer ständigen Eskalation der militärischen Mittel und Taktiken. In den letzten Jahren hat sich die Kriegsführung zunehmend in Richtung moderner Technologien bewegt, wobei Drohnen eine besondere Rolle spielen. Eine der bemerkenswertesten Entwicklungen ist die Modifikation kommerzieller Drohnen des chinesischen Herstellers DJI durch das israelische Militär, um sie für Bombardierungseinsätze und Überwachungsmaßnahmen im Gazastreifen zu verwenden. Diese Praxis wirft Fragen zu militärischer Innovation, Menschenrechten und internationalen Reaktionen auf und verändert das Gesicht des Konflikts erheblich. Die Verwendung von Drohnen im Krieg ist keine neue Erscheinung, doch der Einsatz von modifizierten DJI-Drohnen stellt eine neue Dimension dar.
DJI, bekannt als Weltmarktführer im Bereich ziviler Drohnen, entwickelt Geräte für landwirtschaftliche, fotografische und Freizeit-Zwecke. Das Unternehmen bietet eine breite Palette von Produkten an, die durch ihre Präzision, Tragfähigkeit und vielfältige Einsatzmöglichkeiten bestechen. Das israelische Militär hat einige dieser Drohnen übernommen und technisch so angepasst, dass sie für militärische Zwecke eingesetzt werden können, einschließlich der Fähigkeit, Sprengstoffe zur Zerstörung bestimmter Ziele abzusetzen. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die DJI Agras-Serie – ursprünglich für die landwirtschaftliche Bewässerung und Pflanzenschutz konzipiert – die aufgrund ihrer hohen Tragfähigkeit modifiziert wurde, um Bombenlasten zu transportieren. Ermittlungen der Sanad-Agentur von Al Jazeera dokumentieren detailliert, wie diese Drohnen unter anderem bei Angriffen auf Krankenhäuser, zivile Unterkünfte und humanitäre Stützpunkte im nördlichen Gazastreifen eingesetzt wurden.
Zahlreiche Augenzeugenberichte und visuelles Beweismaterial belegen den Einsatz dieser umgerüsteten Drohnen gegen Ziele in dicht besiedelten Gebieten, was erhebliche Bedenken hinsichtlich der Verletzung des humanitären Völkerrechts aufwirft. Die Modifizierungen reichen dabei über die reine Bombenabwurf-Funktion hinaus. Kleinere Modelle wie die DJI Mavic und die DJI Avata werden von israelischer Seite für präzise Aufklärungsmissionen genutzt, die von der Überwachung großer urbaner Gebiete bis hin zur Kartierung komplexer Tunnelsysteme unter der Erde reichen. Diese Tunnels sind seit langem ein strategisches Element in der militanten Verteidigung des Gazastreifens und stellen daher ein wichtiges Ziel bei Anti-Terror-Operationen dar. Die Fähigkeit, durch kompakte und wendige Drohnen die unterirdischen Netzwerke zu erkunden, gibt dem israelischen Militär signifikante operative Vorteile.
Ein besonders erschreckender Aspekt dieser Drohnennutzung betrifft Berichte über die Überwachung und den Einsatz von palästinensischen Gefangenen als sogenannte „menschliche Schutzschilde“. Videoaufnahmen zeigen, wie DJI-Drohnen aus der Luft verfolgen, wie bewaffnete Soldaten diese Gefangenen nutzen, um sich vor möglichen feindlichen Angriffen zu schützen – eine Praxis, die international als illegal und unmenschlich verurteilt wird. Die Rolle der Drohnen dabei ist vor allem taktischer Natur und ermöglicht es dem Militär, Operationen präzise zu koordinieren und gleichzeitig die Bewegungen und Reaktionen sowohl der eigenen Truppen als auch der palästinensischen Bevölkerung in Echtzeit zu beobachten. Im Kontext globaler Reaktionen auf diese militärische Nutzung ziviler Drohnentechnik gilt besonders der Vergleich zwischen der Lage in Gaza und dem Russland-Ukraine-Krieg als aufschlussreich. 2022 hatte DJI angesichts von Bedenken über die Datenweitergabe an Russland alle Verkäufe in beide Länder ausgesetzt und strenge Softwarebeschränkungen eingeführt, um die Nutzung seiner Produkte in Kriegsgebieten einzudämmen.
Im Gegensatz dazu bleibt DJI weiterhin im israelischen Markt aktiv, ohne vergleichbare Restriktionen oder Verkaufsstopps – trotz belegter Einsätze durch israelische Streitkräfte gegen Zivilbevölkerung und geschützte Ziele. Diese Tatsache löst in der internationalen Öffentlichkeit und bei Menschenrechtsorganisationen Kritik und Debatten über die Verantwortung der Unternehmen im Kontext bewaffneter Konflikte aus. Die Frage, inwiefern Hersteller ziviler Technologieprodukte in den Kriegseinsatz ihrer Produkte eingebunden oder zumindest mitschuldig sind, steht im Mittelpunkt dieser Diskussionen. DJI selbst äußerte sich gegenüber Sanad dazu, dass seine Produkte nur für friedliche und zivile Zwecke bestimmt seien und ein möglicher Missbrauch verurteilt werde. Allerdings bleibt unklar, welche konkreten Maßnahmen unternommen werden, um einen solchen Missbrauch im israelisch-palästinensischen Konflikt zu verhindern.
Die technischen Vorteile, die DJI-Drohnen durch ihre Anpassungsfähigkeit bieten, sind für das israelische Militär strategisch wertvoll. Die kostengünstige Möglichkeit, verschiedener Arten von Drohnen für Angriff und Aufklärung einzusetzen, ergänzt konventionelle militärische Mittel und trägt zur Modernisierung der Landesverteidigung bei. Gleichzeitig sorgt der Einsatz in besiedelten Gebieten mit vielen Zivilisten für starke Kritik und verschärft den Eindruck einer asymmetrischen Kriegsführung, bei der die Zivilbevölkerung die Hauptlast trägt. Während Drohnen für den Schutz der eigenen Soldaten und für gezielte präzise Angriffe grundsätzlich Vorteile bieten können, ist die Debatte um Ethik, Völkerrecht und humanitäre Auswirkungen unvermeidlich. Die Verwendung kommerzieller Drohnen in bewaffneten Konflikten wirft neue Fragen auf, die weit über den Nahostkonflikt hinausgehen.
Es geht dabei nicht nur um die technische Machbarkeit, sondern auch um die Kontrolle und Verantwortlichkeit von Staaten und Unternehmen, um friedliche Lösungen nicht durch eine steigende Militarisierung von Zivilsystemen zu untergraben. Die humanitäre Lage im Gazastreifen verschärft sich durch diese und andere militärische Maßnahmen zunehmend. Die Vereinten Nationen sprechen von einer apokalyptischen Situation, in der Infrastruktur zerstört, Zivilisten vertrieben und essentielle Versorgungslinien unterbrochen werden. Die Drohneneinsätze tragen nicht nur zur Zerstörung bei, sondern auch zur konstanten Überwachung und Kontrolle von Bevölkerungsgruppen in einem Gebiet, das ohnehin aufgrund seiner geografischen und politischen Umstände stark eingeschränkt ist. Internationale Organisationen und Beobachter fordern eine genaue Untersuchung dieser Vorfälle sowie eine klare Positionierung seitens der Hersteller wie DJI.