Der Sportartikelgigant Nike sieht sich mit einer Sammelklage konfrontiert, die das Unternehmen auf fünf Millionen US-Dollar Schadensersatz verklagt. Grund dafür ist die überraschende Schließung seiner NFT-Plattform RTFKT im Januar 2025. Kläger der Gruppe, angeführt von Jagdeep Cheema, werfen Nike vor, Verbraucher zu täuschen und handelsrechtliche Vorschriften durch das Betreiben einer sogenannten 'Rug Pull'-Aktion zu verletzen – einer Praxis im Kryptobereich, bei der Projektbetreiber plötzlich die Unterstützung entziehen und Investoren zurückbleiben. Im Zentrum des Rechtsstreits stehen die NFT-Produkte, die über RTFKT verkauft wurden, darunter sneaker-bezogene digitale Vermögenswerte, die großteils auf dem Hype um den Nike-Markennamen basierten. RTFKT, ein Unternehmen spezialisiert auf virtuelle Sneaker und andere digitale Sammlerstücke, wurde 2021 von Nike übernommen und als Aufbaustein zur Integration von digitalen Assets und Web3-Technologien in die Marke genutzt.
Die NFT-Kollektion, insbesondere die sogenannte Crypto Kick NFT-Serie, wurde im April 2022 auf dem Marktplatz OpenSea eingeführt. Zu Beginn erzielten die NFTs Verkaufspreise von durchschnittlich über drei Ether – umgerechnet mehrere Tausend US-Dollar. Aufgrund des immensen Markenwerts und der damit verbundenen Marketingstrategie strömten zahlreiche Käufer in das Projekt, getrieben von der Hoffnung auf Wertsteigerungen und den Zugang zu exklusiven virtuellen Herausforderungen und Belohnungen, die die Plattform ermöglicht hatte. Allerdings erlebten Anleger wenig später einen dramatischen Wertverlust. Die Preise fielen binnen kürzester Zeit auf einen Bruchteil des ursprünglichen Werts und bewegten sich Anfang 2025 nur noch um 0,009 Ether, was in etwa 16 US-Dollar entspricht.
Der plötzliche Rückgang korreliert mit der Entscheidung von Nike, die NFT-Plattform RTFKT zu schließen. Infolgedessen wurden viele der Kaufanreize wie das Abschließen von Challenges und die Teilnahme an besonderen Events, welche die Besitzerbindung fördern sollten, wirkungslos. Die Kläger argumentieren, dass Nike dadurch nicht nur versprochene Funktionen und möglichen Nutzen für die NFTs ausgelöscht hat, sondern vor allem Investoren erheblichen finanziellen Schaden zugefügt hat. Die Sammelklage wurde am 25. April 2025 bei einem Bundesgericht in Brooklyn eingereicht und enthält zudem die Behauptung, dass Nike mit dem Verkauf der NFT-Tokens unregistrierte Wertpapiere ausgegeben habe.
Dies stellt eine Verletzung geltender US-Börsenvorschriften dar, da die Tokens nicht bei der Securities and Exchange Commission (SEC) registriert wurden. Die Kläger führen aus, dass der Wert der NFTs eng mit der Performance und dem Marketing von Nike verbunden war – eine Eigenschaft, die als „Investment Contract“ unter das Wertpapierrecht fallen könnte. Weiterhin wird dem Unternehmen vorgeworfen, seine starke Markenpräsenz und das vertrauenswürdige Image zu nutzen, um Investoren zu animieren, statt sie vor den mit NFTs verbundenen Risiken ausreichend zu schützen. Die rechtliche Einstufung von NFTs als Wertpapiere ist ein hochaktuelles Thema innerhalb der regulatorischen Debatte. Während die SEC bislang noch keine verbindliche Definition festgelegt hat und in einer Stellungnahme vom April 2025 sogar eine Ausnahme für NFTs von Wertpapiergesetzen forderte, zeigt der Nike-Fall, dass die Grenzen verschwimmen.
Selbst ohne endgültige juristische Klärung sehen die Kläger darin genug Grundlage, um Nike für die Verluste der Nutzer haftbar zu machen. Der NFT-Markt selbst befindet sich derzeit in einem starken Abschwung. Die Verkäufe von nicht-fungiblen Tokens sind im ersten Quartal 2025 im Jahresvergleich um rund 63 Prozent eingebrochen und erreichten lediglich 1,5 Milliarden US-Dollar Gesamtumsatz, nachdem sie im selben Zeitraum 2024 noch circa 4,1 Milliarden US-Dollar erzielt hatten. Diese Entwicklung zeigt die Volatilität und das hohe Risiko, das mit NFTs verbunden ist. Sie illustriert auch die Herausforderung, vor der Unternehmen wie Nike stehen, wenn sie versuchen, ihr Geschäft in den Bereich digitaler Sammelobjekte zu erweitern.
Die Vorwürfe gegen Nike befeuern die Diskussion um die ethische Verantwortung von bekannten Marken, die in den Kryptobereich einsteigen. Verbraucherrechtler kritisieren, dass große Konzerne oft auf Marketing setzen, um unregulierte digitale Produkte zu verkaufen, ohne die potenziellen Risiken klar zu kommunizieren oder angemessenen Schutz zu gewährleisten. Die Klage könnte wegweisend für zukünftige Rechtsstreitigkeiten in der Schnittstelle von klassischem Markenbusiness und digitaler Innovation sein. Nike hat bislang keine offizielle Stellungnahme zu der Klage abgegeben. Dennoch dürfte der Fall die Debatte um Regulationen im NFT-Bereich weiter intensivieren und Unternehmen dazu bewegen, bei der Gestaltung solcher digitalen Produkte besonders sorgfältig vorzugehen.
Es bleibt abzuwarten, wie das Gericht die Balance zwischen Verbraucherschutz, Innovationsfreude und rechtlichen Vorgaben findet. Der RTFKT-Fall ist zudem Teil eines größeren Trends, der zeigt, wie sich der Hype um NFT-Technologie und digitale Assets in eine Phase der Ernüchterung und Neuorientierung verwandelt. Während viele frühe Anwender und Sammler erhebliche Verluste hinnehmen müssen, suchen der Markt und Regulatoren nach klaren Regeln und etablierten Standards, um Vertrauen und Nachhaltigkeit zu fördern. Für Nike und ähnliche Unternehmen ist das Scheitern der RTFKT-Plattform eine Mahnung, dass erfolgreiche Marketingkampagnen nicht automatisch eine stabile Wertbasis für digitale Produkte garantieren. Zusammenfassend zeigt der Rechtsstreit gegen Nike exemplarisch die Herausforderungen, die mit der Integration von NFT-Technologien in traditionelle Wirtschaftszweige verbunden sind.
Neben den rechtlichen und finanztechnischen Aspekten stehen vor allem Fragen der Verbrauchersicherheit, Transparenz und ethischen Verantwortung im Vordergrund. Der Ausgang der Klage könnte maßgeblich beeinflussen, wie Unternehmen zukünftig ihre digitalen Geschäftsmodelle gestalten und welche gesetzlichen Regelungen für die schnell wachsende NFT-Welt geschaffen werden.