Bertrand Piccard zählt ohne Zweifel zu den herausragenden Persönlichkeiten moderner Luftfahrt und Umweltexploration. Der Schweizer Pilot und Abenteurer, geboren in eine Familie von legendären Forschern, verfolgt seit Jahrzehnten eine Mission: innovative Technologien zu nutzen, um die Auswirkungen des Menschen auf das Klima zu verringern. Sein neuestes und ambitioniertestes Projekt ist die Entwicklung eines mit grünem Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellenflugzeugs namens Climate Impulse. Dieses innovative Luftfahrzeug soll 2028 die erste nonstop-Erdumrundung ohne Emissionen schaffen – ein Meilenstein in der Geschichte der Menschheit und ein wegweisender Schritt für eine nachhaltige Luftfahrt der Zukunft. Bertrand Piccards Weg zum visionären Flugpionier ist ebenso faszinierend wie seine Projekte selbst.
Nach seiner erfolgreichen Karriere als Psychiater widmete er sich mit leidenschaftlichem Engagement der Luftfahrt. Sein erstes bahnbrechendes Abenteuer, der nonstop Globusflug im Breitling Orbiter 3 Ballon im Jahr 1999, machte ihn weltweit bekannt – obwohl dieser Flug noch auf fossilen Brennstoffen beruhte und somit Emissionen verursachte. Es folgte die Solar Impulse-Mission, bei der er gemeinsam mit André Borschberg als erstes Team die Erde in einem solarbetriebenen Flugzeug umrundete. Trotz des bahnbrechenden Erfolges musste das Flugzeug in 16 Etappen landen, da die Energiespeicherungstechnologie für einen durchgängigen Flug noch nicht ausgereift war. Mit Climate Impulse verfolgt Piccard jetzt eine noch größere Herausforderung.
Die Idee ist simpel, aber revolutionär – statt fossiler Treibstoffe oder Solarenergie soll grüner Wasserstoff als Energiequelle dienen. Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse aus Wasser hergestellt, wobei reiner Strom aus nachhaltigen Quellen wie Windkraft, Solar oder Wasserkraft zum Einsatz kommt. Dieser Prozess sorgt dafür, dass der Wasserstoff absolut CO2-frei erzeugt wird, was im Luftverkehr eine echte Revolution darstellt. Das Flugzeug nutzt dann Brennstoffzellen, die elektrischen Strom aus chemischer Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen, um die Elektromotoren anzutreiben. Dabei entstehen als Emission einzig Wasserdampf – ein völlig schadstofffreier Antrieb.
Die technischen Herausforderungen des Projekts sind enorm. Das Flugzeug verfügt über einen speziellen Wasserstofftank, der den flüssigen Wasserstoff bei minus 253 Grad Celsius über mehrere Tage kühlt und lagert. Durch kontrolliertes Verdampfen wird Wasserstoff kontinuierlich an die Brennstoffzellen geliefert, die mit höchster Effizienz Strom erzeugen. Dies erfordert hochentwickelte Materialien und innovative Isolationsmethoden, die gemeinsam mit renommierten Partnern wie Airbus und ArianeGroup entwickelt werden. Airbus übernahm bereits eine bedeutende Rolle in der Konzeption, indem das Flugzeugdesign aerodynamisch optimiert und für die Integration der Wasserstoffkomponenten angepasst wurde.
Diese Zusammenarbeit sichert nicht nur die Machbarkeit des Projekts, sondern bringt auch die Luftfahrtindustrie in eine neue Richtung. Die Konstruktion des Flugzeugs erfolgt teils in Handarbeit. Die Verwendung modernster Kohlefaserverbundmaterialien sorgt für Leichtbauweise und Stabilität, essentielle Voraussetzungen für eine effiziente und lange Flugdauer. Der Bau wird vom Team 49Sud geleitet, dessen Leiter Raphaël Dinelli selbst erfahrener Solasegler und Spezialist für Verbundwerkstoffe ist. Die Entwicklung erfolgt Schritt für Schritt mit umfangreichen Tests und ersten Flugversuchen in kleinerem Maßstab, bevor der Langstreckenflug um die Welt gestartet wird.
Piccards Vertrauen in Wasserstoff als zukünftigen Luftfahrttreibstoff ist tief verwurzelt und basiert auf den Eigenschaften von Wasserstoff. Trotz leichterer Handhabung und höherer Energiedichte als herkömmliche Batterien eignet sich Wasserstoff besonders für Langstreckenflüge, bei denen die Batterietechnik an ihre Grenzen stößt. Zudem garantiert der Wasserstoffantrieb emissionsfreies und nahezu lautloses Fliegen, was für Flughafenanwohner und Umweltschutz gleichermaßen Vorteile bringt. Kritiker weisen häufig auf die hohen Kosten, infrastrukturellen Herausforderungen und den notwendigen Wandel in der Flugzeug- und Flughafenindustrie hin. Doch Piccard entgegnet, dass große technologische Durchbrüche immer mit solchen Hürden einhergingen.
Der Vergleich mit der Entwicklung des Mobiltelefons illustriert überzeugend, wie einst teure und als Nischenprodukt angesehene Technik zur Massenanwendung wurde und heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Neben den technischen und wirtschaftlichen Aspekten symbolisiert das Climate Impulse-Projekt auch eine starke Botschaft zur gesellschaftlichen Veränderung. Piccard sieht in der Mission nicht nur einen Beweis nachhaltiger Technologie, sondern auch eine Inspiration zur Überwindung des Status quo, zur Förderung von Innovationen und zum Aufbau von Hoffnung in einer Zeit großer ökologischer Herausforderungen. Der Flug um die Welt mit dem Wasserstoffflugzeug mag derzeit als riskantes Unterfangen gelten, doch es ist ein entscheidender Schritt, um die Möglichkeiten dieser Technologie an die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger zu bringen. Es öffnet die Tür zu einer potenziellen Wende in der Luftfahrtbranche, die heute noch von Kerosin und fossilen Ressourcen dominiert wird.
Piccards Vision reicht sogar noch weiter in die Zukunft. Er berichtet von der Vorstellung, eines Tages suborbitale Flugzeuge zu entwickeln, die mit Flüssigwasserstoff und Sauerstoff betrieben werden. Solche Raketenmaschinen könnten Passagiere in wenigen Stunden über weite Strecken transportieren und so den Flugverkehr revolutionieren. Obwohl dies eventuell nicht mehr in seiner Lebenszeit Realität wird, säht er so die Hoffnung für kommende Generationen, die auf Basis heutiger Innovationen neue Horizonte erschließen können. Insgesamt zeigt Bertrand Piccards Wasserstoff-Abenteuer eindrucksvoll, wie Mut, Vision und technologische Exzellenz zusammenwirken können, um dringende Umweltprobleme zu adressieren.