Die Voyager 1, eine der ältesten und berühmtesten Weltraumsonden der Menschheit, die seit dem Start im Jahr 1977 unermüdlich das All erforscht, erlebt eine beeindruckende technische Wiedergeburt. Trotz ihres fast 50-jährigen Dienstes ist sie weiterhin das am weitesten von der Erde entfernte von Menschen geschaffene Objekt im Universum. Kürzlich berichtete NASA von einer erstaunlichen Entdeckung und Reparatur, mit der sie die Sonde vor einem drohenden Kontrollverlust bewahrt hat. Dieses verantwortungsvolle und hochkomplexe Manöver dient als Beweis für die Innovationskraft und Ausdauer der Ingenieure in der Jet Propulsion Laboratory (JPL), die seit Jahrzehnten die Voyager-Mission betreuen. Die Ursache für den Rückgriff auf eine jahrzehntealte Technik war der fortschreitende Verschleiß der zurzeit aktiven Sicherungstriebwerke, deren Treibstoffleitungen aufgrund von Ablagerungen verstopften.
Die Gefahr bestand, dass die Triebwerke ganz ausfallen könnten, wodurch die Sonde nicht mehr korrekt ausgerichtet werden könnte und der Kontakt zur Erde abgebrochen wäre. Die Rolltriebwerke haben eine zentrale Funktion: Sie halten die Sonde so ausgerichtet, dass das Hochgewinnantenne exakt auf die Erde gerichtet bleibt. Nur so kann die Kommunikation trotz der enormen Entfernung von mittlerweile über 25 Milliarden Kilometern aufrechterhalten werden. Die primären Rolltriebwerke, die ursprünglich für diese Aufgabe vorgesehen waren, galten seit 2004 als defekt. Damals waren interne Heizungen ausgefallen, wodurch die Triebwerke nicht mehr funktionstüchtig waren.
Die konservative Annahme der Ingenieure lautete, diese Komponenten seien unwiderruflich verloren. Doch dann kam der „Plan B“ zum Einsatz: Ein Ingenieurteam hypothesierte, dass durch eine Störung im Stromkreis möglicherweise ein Leistungsschalter geöffnet geblieben war, der den Betrieb der Heizelemente verhinderte. Sollte es gelingen, diesen Schalter wieder zu schließen und die Heizelemente erneut mit Strom zu versorgen, könnten die Triebwerke reaktiviert werden. Die technische Herausforderung dabei war enorm. Die Voyager befindet sich weit jenseits des Sonnensystems, die Signallaufzeit zur Erde beträgt über 23 Stunden.
Jede Anweisung, jeder Befehl muss mit extremer Präzision gegeben und ausgeführt werden, ohne unmittelbares Feedback. Das Risiko war, dass eine fehlgeschlagene Zündung der Triebwerke zu einer Explosion führen könnte - Maßnahmen mussten daher sehr vorsichtig abgewogen werden. Die Ingenieure entschieden sich für einen kühnen Schritt. In einem Kontrollfenster, das durch die laufenden Wartungsarbeiten am einzigen erdfolgestarken Sendeteleskop (DSS-43 in Australien) begrenzt war, sendeten sie Befehle, mit denen die Rolltriebwerke zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren wieder eingeschaltet wurden. Die Sonde wurde so eingestellt, dass sie langsam ihre Ausrichtung gegenüber einem Leitstern verlor, was das automatische Einsetzen der Rolltriebwerke erforderlich machte, um die korrekte Position wiederherzustellen.
Diese Reaktion zeigte, dass die Heizungen erneuert betrieben wurden und die Triebwerke funktionierten. Ein Anzeichen für ein echtes technisches Wunderwerk. Das Team der NASA Jet Propulsion Laboratory gab bekannt, dass die Rolltriebwerke erfolgreich in Betrieb genommen wurden und somit eine Backup-Option zur Steuerung der Sonde wieder verfügbar ist. Diese Maßnahme könnte entscheidend sein, sollte das Backup-System in nächster Zeit ausfallen, was durch die Treibstoffrückstände sehr wahrscheinlich erscheint. Die Voyager-Mission steht seit ihrem Start vor zahlreichen Herausforderungen, die vom Eintritt in den interstellaren Raum bis hin zu Ausfällen von Instrumenten durchalterbedingte Verschleißerscheinungen reichen.
Die Fähigkeit der NASA-Ingenieure, mit begrenzten Mitteln und immer älter werdender Hardware Lösungen zu finden, macht die Voyager-Mission einzigartig und lehrreich für zukünftige, langfristige Raumfahrtprojekte. Trotz der Erfolge bei der Wiederinbetriebnahme der Rolltriebwerke stehen weiterhin Herausforderungen an. Die Energiespeicher der Voyager-Sonde sind aufgrund des schwindenden Plutoniumvorrats begrenzt, und nach und nach müssen Instrumente abgeschaltet werden, um die verbliebene Energie bestmöglich zu verwalten. Die Kommunikation erfolgt über winzige digitale Signale, die auf der Erde mit den weltweit größten Radioteleskopen empfangen werden. Die inständige Bemühung, die Sonde am Leben und funktionsfähig zu halten, zeugt von der enormen wissenschaftlichen Bedeutung, die Voyager für das Verständnis unseres Sonnensystems und des interstellaren Raums hat.
Die jüngste Reaktivierung der primären Rolltriebwerke lässt hoffen, dass Voyager 1 noch einige Jahre mehr operative Daten liefern kann, was für die Erforschung der Grenze zwischen Sonnensystem und interstellarem Raum von großem Wert ist. Gleichzeitig ist die Mission ein Symbol für menschlichen Erfindergeist und Durchhaltevermögen im Angesicht widrigster Umstände. Die Geschichte der Voyager 1 zeigt, dass langfristige Raumfahrtmissionen nicht nur von der Leistung der Hardware abhängen, sondern auch von der Flexibilität, dem Wissen und dem Einfallsreichtum der Menschen, die sie betreuen. Die nun erfolgte Reaktivierung der Rolltriebwerke ist eine „Hail Mary“ im wahrsten Sinne des Wortes – ein letzter verzweifelter Versuch, der grandios gelungen ist. Blickt man in die Zukunft, so ist klar, dass die Voyager-Sonde eines Tages verstummen wird, wenn ihre Energie vollständig erschöpft ist und keine Steuerung mehr möglich ist.