Das Outsourcing von Buchhaltungsaufgaben hat in den letzten Jahren eine bedeutende Rolle in der Finanzwelt eingenommen. Unternehmen nutzten externe Dienstleister, um Projekte effizienter zu gestalten, Kosten zu senken und Fachkräftelücken zu überbrücken. Doch überraschenderweise zeigen aktuelle Daten einen deutlichen Rückgang bei der Auslagerung von Buchhaltungsrollen – trotz anhaltender Herausforderungen hinsichtlich der Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte. Was sind die Gründe hinter dieser Entwicklung, und wie reagieren Unternehmen auf die sich wandelnden Anforderungen im Finanzsektor? Eine neue Studie des Personiv CFO Pulse Surveys macht deutlich, dass im Vergleich zum Vorjahr die Outsourcing-Quote bei Finanzfunktionen um 25 Prozent abgenommen hat. Aktuell geben 65 Prozent der CFOs an, Finanzaufgaben an externe Dienstleister auszugliedern – im Vorjahr waren es noch deutlich mehr.
Betrachtet man die einzelnen Aufgabenbereiche, so werden vor allem traditionelle Buchhaltungsfunktionen wie Debitorenbuchhaltung, Kreditorenbuchhaltung und Zahlungsabwicklung nach wie vor extern vergeben. Trotz diesem Rückgang ist Outsourcing immer noch ein wichtiger Bestandteil vieler Finanzabteilungen. Der Rückgang bei der Auslagerung wirft die Frage auf, warum trotz des vorhandenen Fachkräftemangels weniger auf externe Arbeitskräfte zurückgegriffen wird. Ein wesentlicher Grund sind die wachsenden Bedenken der Finanzverantwortlichen hinsichtlich der Qualität und Genauigkeit der ausgelagerten Arbeiten. Über die Hälfte der befragten CFOs sehen Risiken in der mangelnden Kontrolle über Prozesse und befürchten Qualitätsverluste.
Daneben spielen Kommunikationsprobleme, Herausforderungen bei der Integration von Systemen und Prozessen sowie negative Auswirkungen auf die Moral der internen Teams eine Rolle. Diese Befürchtungen führen dazu, dass viele Organisationen ihre Outsourcing-Strategien überdenken und verstärkt auf andere Lösungen setzen. Der Fachkräftemangel im Finanz- und Rechnungswesen bleibt ein drängendes Problem. Er hat sich in den letzten Jahren weiter verschärft. Die Zahl der offenen Finanzstellen hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 150 Prozent erhöht.
Viele Unternehmen suchen verzweifelt nach qualifizierten Controllern, Steuerfachangestellten, Wirtschaftsprüfern und Finanzplanungs- und Analyseexperten. Der Wegfall von Talenten hat zur Folge, dass Stellen oft über zwei Monate hinweg unbesetzt bleiben. Gleichzeitig steigen die Gehaltsforderungen, insbesondere bei jüngeren Bewerbern, was die Budgetplanung weiterer Finanzabteilungen erschwert. Die Situation wird durch veränderte Erwartungen junger Fachkräfte zusätzlich beeinflusst. Während die Anzahl der Studienanfänger im Bereich Buchhaltung steigt, gestaltet sich der Karriereweg in der Branche für viele unklar.
Ältere und etablierte Berufsbilder sind mit neuen Anforderungen an Flexibilität, digitale Kompetenzen und Unternehmertum konfrontiert. Viele Nachwuchskräfte wählen alternative Karrierepfade außerhalb der klassischen Buchhaltung, was den Druck auf die Unternehmen verstärkt, neue Talente zu rekrutieren und zu binden. Innovationen und technologische Fortschritte gewinnen in diesem Kontext an Bedeutung. Viele Organisationen setzen verstärkt auf Automatisierung, Künstliche Intelligenz und digitale Tools, um Routineaufgaben zu erleichtern und die Produktivität zu erhöhen. Diese Technologien können zeitintensive Prozesse wie Datenprüfung, Buchung von Transaktionen und Berichterstattung effizienter gestalten und dabei helfen, Personalengpässe zumindest teilweise zu kompensieren.
CFOs berichten, dass sie in Technologien investieren, um den Fachkräftemangel auszugleichen und gleichzeitig die Qualität der Arbeit langfristig sicherzustellen. Es stellt sich die Frage, wie Unternehmen den Spagat zwischen Outsourcing und Ausbau interner Kompetenzen meistern können. Einerseits wollen sie Prozesskosten optimieren und Spezialwissen extern einkaufen. Andererseits sind Kontrolle, Integrität der Daten und unternehmensspezifische Anpassungen wichtige Faktoren. Erfolgreiche Unternehmen entwickeln hybride Modelle, bei denen sie Standardaufgaben auslagern, während strategische und risikobehaftete Tätigkeiten im Haus bleiben.
Dabei ist die Auswahl der richtigen Partner – mit klaren Qualitätsstandards und guter Kommunikation – entscheidend. Ein weiterer Aspekt ist die interne Mitarbeiterentwicklung. Für viele CFOs ist es essenziell, Talente zu fördern und durch Weiterbildungen fit für die digitalen Herausforderungen zu machen. Flexible Arbeitsmodelle, attraktive Gehälter und eine positive Unternehmenskultur spielen eine zunehmende Rolle, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Die Rolle des Finanzteams wandelt sich vom reinen Buchhalter zum strategischen Berater – eine Entwicklung, die auch neue Anforderungen an Soft Skills und digitale Kompetenzen stellt.
Trotz der sinkenden Outsourcing-Quote wird externes Personal nicht vollständig verschwinden. Gerade bei Spitzenbelastungen oder bei kurzfristigem Bedarf bleibt Outsourcing eine flexible Lösung. Wichtig bleibt jedoch eine klare Übersicht und Steuerung der ausgelagerten Prozesse, um Probleme wie Datenqualität, Sicherheitsrisiken oder Unklarheiten zu vermeiden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Rückgang beim Outsourcing von Buchhaltungsfunktionen vor allem Ausdruck einer komplexeren und strategischeren Herangehensweise von CFOs an das Thema Fachkräftemangel ist. Die reine Auslagerung löst die Herausforderungen nicht mehr umfassend, weshalb die Unternehmen zunehmend in Technologie, interne Qualifikation und hybride Modelle investieren.
Die Zukunft der Buchhaltung wird geprägt sein von einem ausgewogenen Zusammenspiel zwischen digitaler Innovation, talentorientierter Personalstrategie und kontrollierter Zusammenarbeit mit externen Partnern. Wer diese Aspekte in Einklang bringt, kann den heutigen und zukünftigen Herausforderungen im Finanzbereich am besten begegnen und nachhaltigen Erfolg sichern.