Der britische Telekommunikationsriese BT steht vor einem bedeutenden Umbruch, der durch die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) befeuert wird. Die Konzernführung hat angekündigt, dass die Digitalisierung und insbesondere der Einsatz generativer KI-Technologien zu einem noch stärkeren Stellenabbau führen könnten als bisher geplant. Darüber hinaus deutete BT-Chefin Allison Kirkby die Möglichkeit an, Teile des Unternehmens, inklusive der wichtigen Infrastruktursparte Openreach, zu veräußern. Diese Ankündigungen werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen und Chancen, mit denen große Telekommunikationsunternehmen im Zeitalter der digitalen Transformation konfrontiert sind. BT hatte bereits 2023 einen massiven Stellenabbau von bis zu 55.
000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis zum Jahr 2030 angekündigt. Dies entspricht rund 42 Prozent der gesamten Belegschaft und zielt darauf ab, die Profitabilität zu steigern und die operativen Kosten in einem hart umkämpften Markt zu senken. Haupttreiber dieser Kündigungen sind neben Kostendruck vor allem der Wandel in der Netzwerktechnik und die Automatisierung von Geschäftsprozessen. Der Ausbau des Glasfasernetzes, der sogenannte Fiber-to-the-Premises (FTTP), ist eine arbeitsintensive Aufgabe, deren Bedarf in den kommenden Jahren voraussichtlich abnehmen wird. So wird erwartet, dass der Beruf der Netzwerktechniker erheblich an Bedeutung verliert.
Neben der Reduzierung von Stellen in der technischen Sparte steht auch der Kundenservice im Fokus der Digitalisierung. BT plant, rund 10.000 Jobs in diesem Bereich abzubauen, wobei die Automatisierung von Kundenanfragen durch KI-Systeme einen wesentlichen Beitrag leisten soll. Die Konzernsprecher betonen, dass generative KI einen großen Fortschritt darstellt und BT als Nutznießer dieser Technologie gelten wird. Die Erwartungen sind hoch, dennoch mahnt man zur Vorsicht, um die Qualität der Serviceleistungen aufrechtzuerhalten.
Die aktuellen Erfahrungen anderer Unternehmen zeigen jedoch, dass die Blütezeit der rein KI-gesteuerten Services nicht ungebrochen ist. So musste der Online-Finanzdienstleister Klarna, der eine OpenAI-basierte KI als Kundenservice eingeführt hatte, wenige Monate nach dem Start wieder deutlich mehr menschliche Arbeitskräfte einstellen. Die Kundenzufriedenheit hatte unter der Überautomatisierung gelitten. Ähnliches war bei der Sprachlern-App Duolingo zu beobachten, die ebenfalls ihre „AI-first“-Strategie korrigierte und betonte, dass KI keine Mitarbeiter ersetze, sondern deren Arbeit beschleunige und unterstütze. Eine aktuelle Untersuchung von Gartner verstärkt diesen Trend.
Sie zeigt, dass die Hälfte der Unternehmen, die eine grundlegende Reduzierung ihres Kundenservice-Personals durch KI geplant hatten, diese Pläne mittlerweile überdenken oder gänzlich verworfen haben. Dies verdeutlicht die Komplexität der KI-Implementierung im Kundendialog und die Bedeutung des menschlichen Faktors. Es bleibt abzuwarten, wie BT mit diesen Herausforderungen umgehen wird, zumal die Konzernführung weiterhin auf massive Automatisierung setzt. Eine weitere wichtige Konstante in den Überlegungen von BT ist der mögliche Verkauf oder die Abspaltung von Openreach. Openreach verwaltet das Glasfasernetz und die Telefonleitungen, die BT genutzt werden, um seine Dienste anzubieten.
Allison Kirkby brachte in einem Interview mit der Financial Times zum Ausdruck, dass der aktuelle Börsenwert von BT die wahre Bedeutung und den Wert von Openreach nicht widerspiegele. Sollte diese Diskrepanz anhalten, könnte sich das Unternehmen gezwungen sehen, strategische Optionen zu prüfen, die auch eine Ausgliederung dieses Geschäftszweigs einschließen. BT steht damit vor einer Doppelherausforderung: Zum einen muss es seine hohe Investitionslast in den Netzwerkausbau stemmen, zum anderen sucht das Unternehmen Wege, um die Profitabilität zu steigern, was durch Stellenabbau und Automatisierung unterstützt wird. Die Vorstellung eines Teilverkaufs von Openreach könnte zudem Veränderungen in der Infrastrukturverwaltung des britischen Telekommunikationsmarktes nach sich ziehen und Fragen hinsichtlich der Regulierung und Marktwettbewerbs aufwerfen. Bislang betonte BT jedoch, dass konkrete Verkaufspläne derzeit nicht bestehen, die Option aber grundsätzlich geprüft werden müsse, sobald der Glasfaserausbau komplett abgeschlossen ist.
Die personelle Entwicklung bei BT gestaltet sich jedoch nicht ganz so reibungslos wie von der Konzernleitung geplant. Insbesondere bei den Führungskräften und dem sogenannten Manager-Grade-Gewerbe regt sich Widerstand gegen die angebotenen Gehaltserhöhungen, die von vielen als unzureichend oder gar nicht existent bewertet werden. Mitarbeiter, die beispielsweise zur Abteilung des sogenannten „Second Line Support“ und darüber zählen und etwa 15.000 Mitglieder umfassen, kritisieren die angebotenen Lohnerhöhungen von durchschnittlich nur 1,28 Prozent heftig. Der Gewerkschaft Prospect zufolge sei dies für viele Angestellte nicht akzeptabel, was zu anhaltenden Diskussionen und Konflikten innerhalb des Unternehmens führt.
Die geplanten Kürzungen und die Automatisierungsbestrebungen werfen dabei ein grelles Licht auf die grundsätzlichen Fragen, wie Unternehmen der Telekommunikationsbranche im digitalen Zeitalter ihre Beschäftigten behandeln und welchen Stellenwert der Kundenservice und die Mitarbeiterzufriedenheit im Zeitalter der KI haben. Der enorme Druck, Kosten zu senken und technologisch am Puls der Zeit zu bleiben, stellt viele Konzernleitungen vor die Herausforderung, den Spagat zwischen Innovation und Verantwortung zu meistern. Die näher rückende Gefahr einer umfassenderen Automatisierung bei BT erinnert auch an die Debatten in anderen europäischen Märkten. Ähnliche Entwicklungen beobachten Branchenexperten in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Dort ringen Anbieter mit der Balance zwischen Servicequalität und Effizienz.
Während Automatisierung viele Geschäftsbereiche revolutionieren kann, bleibt der menschliche Kontakt vor allem in sensiblen Kundengesprächen unverzichtbar. Auch nationalstaatliche Regulierungsbehörden müssen zunehmend Antworten darauf finden, wie Kundenrechte gewahrt und faire Wettbewerbsbedingungen gesichert werden können. BT investiert parallel dazu weiterhin massiv in den Ausbau seines Glasfasernetzes. Mit mehr als 17 Millionen erreichbaren Haushalten und dem ehrgeizigen Ziel, das gesamte britische Festland mit Glasfaser zu versorgen, bleibt die technologische Infrastruktur ein zentraler Pfeiler der Unternehmensstrategie. Zugleich wächst der Wettbewerbsdruck seitens sogenannter AltNet-Anbieter und anderer alternativer Netzbetreiber, die ebenfalls auf den stark wachsenden Markt für superschnelle Breitbandanschlüsse setzen.
Die technische Erneuerung und die Kundenbindung sind daher von größter Bedeutung. Abschließend lässt sich sagen, dass BT vor einer wegweisenden Phase steht, die durch den Einsatz moderner Technologie und wirtschaftlichen Zwängen geprägt ist. Die erfolgreiche Integration von KI in die täglichen Geschäftsprozesse könnte dem Unternehmen erhebliche Effizienzgewinne bescheren, doch gilt es, dabei Fehler zu vermeiden, die bereits andere Firmen gemacht haben. Ein zu schneller personalreduzierter Einsatz von KI im Kundenservice kann zu Qualitätsverlusten und höherer Unzufriedenheit führen, was letztlich auch den Unternehmenserfolg gefährdet. Auch die mögliche Veräußerung von Openreach würde umfangreiche Veränderungen im britischen Telekommunikationsmarkt bedeuten, die politisch und wirtschaftlich breit diskutiert werden müssen.
Bislang betont BT, dass es keine aktiven Pläne für einen solchen Schritt gibt, aber die Option nicht ausschließt. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie das traditionsreiche Telekommunikationsunternehmen seine Transformation meistert – und wie es gelingt, technologische Innovationen mit sozialverträglichen Maßnahmen und wirtschaftlicher Stabilität in Einklang zu bringen.