Am 17. Juni 2025 hat der US-Senat mit einer deutlichen Mehrheit das GENIUS-Gesetz verabschiedet – einen bedeutenden Meilenstein in der Regulierung von Stablecoins. Diese Gesetzesinitiative soll klare Rahmenbedingungen für die wachsende Stablecoin-Branche schaffen, die in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Während die Kryptoindustrie den Schritt begrüßt, warnen Experten vor möglichen systemischen Risiken, die sich vor allem aus der starken Verknüpfung mit dem US-Treasury-Markt ergeben können. Stablecoins sind eine spezielle Art von Kryptowährungen, die ihren Wert an einen stabilen Vermögenswert wie den US-Dollar koppeln.
Sie ermöglichen schnelle und kostengünstige Transaktionen und werden zunehmend im Bereich Finanzdienstleistungen und im digitalen Zahlungsverkehr genutzt. Der Aufstieg von Stablecoins spiegelt das Bedürfnis der Marktteilnehmer nach stabileren Krypto-Assets wider, die als Brücke zwischen traditionellen Finanzmärkten und der Blockchain dienen. Das GENIUS-Gesetz sieht vor, dass Stablecoin-Ausgeber ihre digitalen Münzen zu 100 Prozent durch Reserven absichern müssen. Diese Reserven sollen sich aus US-Dollar und kurzfristigen US-Staatsanleihen zusammensetzen. Ziel ist es, Verbraucher besser zu schützen und Geldwäsche effektiv zu bekämpfen.
Im Zentrum der Diskussion steht jedoch die verpflichtende Besicherung mit US-Treasuries, die laut Kritikerinnen und Kritikern möglicherweise neue Herausforderungen für das US-Finanzsystem mit sich bringt. Unterstützer des Gesetzes, wie Senator Bill Hagerty aus Tennessee, sehen in der Regelung eine Stärkung der US-Wirtschaft. Eigene Aussagen heben hervor, dass die Nachfrage nach US-Staatsanleihen gesteigert wird und der Dollar dadurch seine globale Dominanz weiter festigen kann. Diese Perspektive unterstreicht die Bedeutung der USA als weltweit führende Finanzmacht und die Rolle, die digitale Vermögenswerte dabei spielen können. Gleichzeitig veröffentlichte eine wissenschaftliche Analyse von Professor Yesha Yadav und Brendan Malone, ehemalige Mitarbeiter des Federal Reserve Board, bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes eine Studie, die die Risiken eines starken Wachstums von Stablecoins in Verbindung mit dem bereits komplexen US-Treasury-Markt beschreibt.
Sie weisen darauf hin, dass die kurzfristigen Staatsanleihen, die als Reserven dienen sollen, in Zeiten erhöhter Volatilität und Liquiditätsengpässe für Stablecoin-Anbieter zum Problem werden könnten. Die Liquidität des US-Treasury-Marktes hat sich in den letzten Jahren verschlechtert, was durch verschiedene Faktoren bedingt ist. Banken, die traditionell als Hauptakteure in diesem Handel gelten, sehen sich seit der Finanzkrise 2008 verschärften Kapitalanforderungen gegenüber, die sie dazu veranlassen, ihre Rolle im Sekundärmarkt zurückzufahren. Zudem bringen High-Speed-Handelsalgorithmen eine höhere Volatilität und erschweren die Markttransparenz. Dies führt dazu, dass im Fall eines plötzlichen Runs auf Stablecoins nicht genügend Käufer für Staatsanleihen zur Verfügung stehen könnten.
Die Folgen einer solchen Illiquidität wären weitreichend. Stablecoin-Emittenten könnten gezwungen sein, ihre Reserven unter Wert zu verkaufen, was zu Insolvenzen führt und die Marktstabilität gefährdet. Darüber hinaus würde die angespannte Situation auf dem Treasury-Markt das Vertrauen nicht nur in Stablecoins, sondern auch in die US-Finanzmärkte insgesamt beeinträchtigen. Die Historie hat bereits gezeigt, dass Treasury-Märkte während Krisenzeiten, beispielsweise im März 2020 während der Corona-Pandemie, erheblichen Stress erfahren und Handelspreise stark verzerrt werden können. Bislang gibt es keine klaren Mechanismen für eine koordinierte Regulierung zwischen den Aufsichtsbehörden, die für Stablecoins und jene, die den Treasury-Markt überwachen, zuständig sind.
Das GENIUS-Gesetz sieht mehrere Bundesbehörden vor, die sich mit der Aufsicht befassen, darunter die Federal Reserve und das Office of the Comptroller of the Currency, während kleinere Stablecoins auf staatlicher Ebene überwacht werden sollen. Diese vielschichtige Aufsicht schafft potenziell Überschneidungen und Schwierigkeiten bei der konsequenten Implementierung von Maßnahmen. Vanderbilt Professor Yadav empfiehlt, dass eine verbesserte Koordination zwischen den Regulierungsbehörden dringend notwendig ist, um die wachsende Verflechtung von Stablecoins und US-Staatsanleihen verantwortungsvoll zu managen. Ebenso müsse sichergestellt werden, dass der Treasury-Markt auf die erhöhte Nachfrage durch Stablecoin-Emissionen vorbereitet ist und dadurch seine Kreditwürdigkeit nicht unterminiert wird. Neben der Regulierungsproblematik werfen kritische Stimmen aus der Politik weitere Bedenken auf.
Einige demokratische Abgeordnete äußern Vorbehalte bezüglich der Urheberschaft des Gesetzes, das stark von Interessen aus der Kryptoindustrie beeinflusst sein soll. Insbesondere wird die mögliche politische Einflussnahme von Donald Trump diskutiert, der selbst im Bereich Kryptowährungen aktiv ist und von der Gesetzgebung finanziell profitieren könnte. Diese Faktoren könnten den Gesetzgebungsprozess im Repräsentantenhaus blockieren oder verzögern, wo das GENIUS-Gesetz mit dem STABLE Act zusammengeführt werden muss. Die beiden Gesetzesentwürfe unterscheiden sich in Struktur und regulatorischer Ausrichtung, reflektieren jedoch eine steigende parteiübergreifende Einigkeit über die Notwendigkeit von Stablecoin-Regulierungen. Die zentrale Herausforderung besteht darin, ein ausgewogenes Regelwerk zu entwickeln, das einerseits Innovationen und Wachstum im Krypto-Sektor ermöglicht, andererseits Verbraucher schützt und systemische Risiken minimiert.
Darüber hinaus führt die Präferenz für kurzfristige US-Treasuries als Reserveform unter Stablecoin-Ausgebern zu einer möglichen Verschiebung im Portfoliomanagement der US-Staatsverschuldung. Während derzeit längere Laufzeiten für Staatsanleihen dominieren, um Planungssicherheit bei langfristigen Ausgaben zu gewährleisten, könnte die Regulierung künftig die Nachfrage nach kurzfristigen Schuldtiteln erhöhen. Dies hätte weitreichende Auswirkungen auf die US-Finanzpolitik und die Kosten der Staatsverschuldung. Die wachsende Stablecoin-Industrie bringt also nicht nur technische und regulatorische Herausforderungen mit sich, sondern steht auch im Spannungsfeld zwischen Technologie, Geldpolitik und geopolitischen Interessen. Die Gesetzgebung zielt zwar auf Stabilität und Verbraucherprotekt ion ab, doch die Umsetzung und Folgen müssen sorgsam beobachtet und gesteuert werden.