Institutionelle Akzeptanz

Warum ich von Bluesky gecancelt wurde – und immer noch keine Erklärung habe

Institutionelle Akzeptanz
I Was Canceled by Bluesky. and I Still Don't Know Why (2024)

Eine kritische Betrachtung der wachsenden Unsicherheiten auf sozialen Plattformen basierend auf einem persönlichen Erlebnis mit Bluesky im Jahr 2024. Die Geschichte wirft Fragen zur Moderation, Transparenz und Kommunikationskultur im digitalen Zeitalter auf.

Im digitalen Zeitalter sind soziale Medien längst nicht mehr nur einfache Kommunikationsplattformen. Sie sind zu komplexen, teils kontroversen öffentlichen Räumen geworden, in denen Meinungen aufeinandertreffen, Gemeinschaften sich formieren – oder auch spalten. Im Jahr 2024 sorgt die soziale Plattform Bluesky, als alternative Antwort auf das von Elon Musk übernommene X (früher Twitter), für Gesprächsstoff. Ein prominenter Journalist, Michael Kruse, schildert seine überraschende Erfahrung: Von Bluesky „gecancelt“ worden zu sein, ohne auch nur im Geringsten zu wissen warum. Ein Erlebnis, das beunruhigende Fragen zur Moderationspraxis und zur Rolle von Transparenz auf Plattformen wie Bluesky aufwirft.

Bluesky positioniert sich als der liberale Zufluchtsort und macht sich zum Gegenentwurf zu Musk's X, das zunehmend als rechtslastig und toxisch wahrgenommen wird. Insbesondere nach den Präsidentschaftswahlen 2024 wuchs das Interesse an Bluesky rapide an. Viele Nutzende, darunter auch Journalisten, sahen in der neuen Plattform einen Raum für einen respektvolleren und intelligenteren Umgang miteinander. Michael Kruse, ein erfahrener Journalist bei POLITICO, hatte Bluesky erst im Sommer 2024 für sich entdeckt. Aus professioneller Verpflichtung entschied er sich jedoch bewusst dagegen, X komplett zu verlassen, um auch dort weiterhin alle Perspektiven mitverfolgen zu können.

Doch dann erhielt Kruse eine überraschende Nachricht des Bluesky Moderationsteams: Sein Account wurde gesperrt, weil er als „spammy, fake oder inauthentisch“ eingestuft worden war. Diese pauschale Begründung ließ ihn zwischendurch ratlos zurück. Er bat um Erklärung und verlangte zu erfahren, welche konkreten Handlungen auf seinem Account diesen Schritt rechtfertigten. Die Antwort blieb vage und unbefriedigend. Kruses Vermutung konzentrierte sich auf einen Beitrag, den er wenige Tage vor der Sperrung geteilt hatte.

Dieser bezog sich auf einen Artikel über eine existentielle Krise der Demokratischen Partei auf X mit einem Zitat eines Kommunikationsprofis, der die Haltung kritisierte, X wegen Elon Musk zu meiden. Damit regte Kruse zur Diskussion an, bot jedoch keine eigene Meinung an. Der erhoffte konstruktive Diskurs entwickelte sich stattdessen zu einer regelrechten Hassorgie. Mehr als zweitausend Zitate und knapp viertausend Antworten folgten auf seinen Beitrag. Statt sachlicher Debatte erlitt Kruse einen beispiellosen Ansturm an beleidigenden und herabwürdigenden Kommentaren.

Seine Person wurde auf Bluesky mit äußerst aggressiven Ausdrücken bedacht und beleidigt. Ein besonders drastisches Beispiel war ein Aufruf, sich mit einer laufenden Kettensäge zu verletzen. Derartige Anfeindungen blieben auf der als „sicheren Zuflucht“ beworbenen Plattform nicht nur bestehen, sie zeigten sogar deren toxische Schattenseite. Diese Erfahrung wirft grundsätzliche Fragen zur Wirklichkeit von sicheren und respektvollen Online-Räumen auf. Bluesky präsentiert sich bewusst als Alternative für jene, die das als giftig empfundene Klima auf Musk’s X meiden möchten.

Die Realität jedoch zeigte, dass verbale Gewalt und Hasskommentare keineswegs exklusiv für alte Plattformen wie X sind, sondern auch auf Bluesky in erheblichem Ausmaß auftauchen können. Michael Kruse reflektiert auch die Eigenart der sogenannten „sicheren Räume“. Für wen sind sie tatsächlich sicher? Und sicher vor welchem schädlichen Einfluss? Wenn die Antwort auf kontroverse Meinungsäußerungen massenhaften Hass und Beleidigungen sind, offenbart sich das grundlegende Dilemma solcher Räume. Die Wut scheint nicht allein von den Inhalten auszugehen, sondern eher von der Haltung in bestimmten Nutzergruppen, die jegliche abweichende Meinung rigoros ablehnen und bekämpfen. Bluesky selbst sieht sich als Plattform, die genau hierfür eine Lösung bieten will.

Die Verantwortlichen legen Wert darauf, die Community und auch Journalistinnen und Journalisten willkommen zu heißen und zu schützen. Offiziell basieren Moderationsentscheidungen auf klar formulierten Gemeinschaftsrichtlinien, die vor allem Belästigung, Missbrauch, Gewalt und ähnliche schwerwiegende Verstöße verbieten. Doch wie Michael Kruses Fall zeigt, besteht ein offensichtliches Spannungsfeld zwischen automatisierten Meldesystemen, menschlicher Einschätzung und dem tatsächlichen Gemeinschaftsverhalten. Die fehlende Transparenz bei der Sperrung war für Kruse besonders frustrierend. Warum genau meldete das System seinen Account? Welche Kriterien führten zur Entscheidung? War es eine algorithmische Fehlinterpretation eines intensiven Diskussionsverlaufs? Oder ein gezieltes „Flagging“ durch zahlreiche Nutzer, die sich gegen seinen Beitrag stellten? Die Bluesky-Moderation beantwortete diese Fragen nie konkret.

Erst nachdem Kruse öffentlich über seine Sperrung berichtete, wurde der Account wieder freigegeben und die Sperrung als Fehler bezeichnet. Dazu kam kein Ersatzangebot, den Entscheidungsprozess nachvollziehbar zu machen oder auch nur ein entschuldigendes Gespräch. Die Ungewissheit bleibt. Zumal Kruse selbst nie spürbaren Schaden erlitten hat, stellt sich die Frage, wie sich solche Vorfälle auf Nutzerinnen und Nutzer auswirken, die tatsächlich von Online-Belästigung oder Diskriminierung betroffen sind. Der Fall wirft vielschichtige Überlegungen zu den Grenzen von freier Meinungsäußerung, Community-Moderation sowie dem Stellenwert von Transparenz und Vertrauen in sozialen Netzwerken auf.

In einer Zeit, in der digitale Plattformen massiv an gesellschaftlicher Bedeutung gewinnen, sind diese Fragen dringlicher denn je. Von Bedeutung ist auch, wie sich gesellschaftliche Polarisierungen auf digitale „Räume“ übertragen. Die Fragmentierung in Sektoren mit unterschiedlichen politischen Schwerpunkten, Milieus und Kulturebenen hat das Ziel erschwert, offene und möglichst objektive Diskurse zu fördern. Bluesky, als Versuch einer friedlicheren, aufgeklärten Alternative, steht damit vor der Herausforderung, nicht selbst ein Teil des Problems zu werden, das es lösen möchte. Für den öffentlichen Diskurs bleibt festzuhalten: Dialog ist unerlässlich.

Gerade in der digitalen Öffentlichkeit müssen Menschen mit verschiedenen Meinungen die Möglichkeit erhalten, sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Das erfordert mehr als Filterblasen und algorithmische Verengungen. Es verlangt klare Regeln, die auch konsequent und nachvollziehbar angewendet werden. Gleichzeitig braucht es Transparenz bei Entscheidungen und einen respektvollen Umgang miteinander. Michael Kruses Geschichte bei Bluesky ist dabei nicht nur eine Anekdote über eine fragwürdige Account-Sperrung.

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