Die fortschreitende Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) fordert zunehmend präzisere und verständlichere Regelungen, um Innovation und Verbraucherschutz in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission eine gezielte Konsultation zum Thema allgemein einsetzbarer KI-Modelle, auch als General-Purpose AI (GPAI) bekannt, gestartet. Ziel ist es, die bestehenden Vorschriften der EU-KI-Verordnung zu konkretisieren, rechtliche Unsicherheiten auszuräumen und die Implementierung zu erleichtern. Die öffentliche Befragung richtet sich an eine breite Palette von Stakeholdern, darunter Entwickler von KI-Modellen, Anbieter von Anwendungen, wissenschaftliche Einrichtungen, die Zivilgesellschaft sowie Behörden. Die gesammelten Rückmeldungen sollen zur Ausgestaltung von Richtlinien und einem verbindlichen Verhaltenskodex beitragen, die voraussichtlich bis August 2025 veröffentlicht werden.
Die EU verfolgt mit diesen Maßnahmen das Ziel, sichere und vertrauenswürdige KI-Systeme auf europäischem Boden zu fördern, während gleichzeitig Innovationsfreiräume erhalten bleiben. Dies geschieht vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Herausforderungen sowie steigender globaler Konkurrenz im KI-Bereich. Die Klarstellung von Definitionen spielt dabei eine zentrale Rolle, denn allgemein einsetzbare KI-Modelle zeichnen sich durch ihre breite Anwendbarkeit in verschiedensten Einsatzgebieten und Branchen aus. Aufgrund ihres enormen Potenzials bergen sie jedoch auch spezifische Risiken, etwa im Hinblick auf Transparenz, Verantwortung und Datenschutz. Die Konsultation berücksichtigt insbesondere, wie Anbieter von solchen KI-Technologien ihre Pflichten erfüllen können, welche Anforderungen an die Markteinführung bestehen und welchen Beitrag die EU-Institutionen zur Unterstützung der Compliance leisten können.
Ein wichtiger Baustein ist die Einrichtung eines sogenannten AI Act Service Desk, dessen Aufgabe es sein wird, als zentrale Anlaufstelle für Fragen zur KI-Verordnung zu fungieren. Durch diese Serviceeinrichtung soll die Umsetzung der KI-Vorschriften in der Praxis erleichtert und die Rechtssicherheit für Unternehmen erhöht werden. Der Service Desk wird voraussichtlich im Sommer 2025 starten und sich durch mehrsprachigen Support auszeichnen. Er stellt eine wesentliche Unterstützung für Anbieter und Anwender von KI-Technologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette dar. Neben der Konsultation beschäftigt sich die Europäische Kommission auch mit den Herausforderungen von technischen Standards, deren Erstellung sich verzögern könnte.
Sollte es zu Verzögerungen kommen, plant die Kommission alternative Lösungen, um Unternehmen bei der Einhaltung der Vorschriften nicht zu behindern. Dies ist vor allem für Anbieter von Hochrisiko-KI-Systemen wichtig, deren Marktzugang maßgeblich von der Einhaltung der EU-Regeln abhängt. Darüber hinaus sind auch Fragen des Urheberrechts im Kontext von KI-Modellen ein zentraler Diskussionspunkt. Die KI-Verordnung verweist hierbei auf die Einhaltung der Vorschriften zum Text- und Data-Mining, insbesondere im Hinblick auf Trainingsdaten. Es bestehen jedoch aktuell noch Unsicherheiten bezüglich des Umfangs der Ausnahmen und Lizenzmechanismen.
Die Europäische Kommission wird voraussichtlich im Rahmen der geplanten Überarbeitung des Urheberrechtsrahmens neue Impulse setzen, um hier Rechtssicherheit zu schaffen und zugleich die Zusammenarbeit zwischen Kreativwirtschaft und KI-Anbietern zu fördern. Neben den technischen und rechtlichen Aspekten löst die EU mit ihrer Regulierung einen weitreichenden Diskurs über die Balance zwischen Innovationsförderung und Schutz der Grundrechte aus. In diesem Zusammenhang spielt auch die angestrebte Bürokratieerleichterung eine bedeutsame Rolle. Zahlreiche Mitgliedstaaten fordern eine Überprüfung und Vereinfachung regulatorischer Vorgaben, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, um Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum zu stärken. Kritiker warnen allerdings davor, dass eine Übervereinfachung zu Lasten von Verbraucherschutz und Datenschutz gehen könnte.
Zudem verdeutlicht die US-amerikanische Reaktion auf EU-Vorschläge die internationalen Spannungen im KI-Regulierungsumfeld. Die US-Administration hat unter anderem Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität bestimmter Vorgaben geäußert und fordert Anpassungen, die Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen besser schützen und regulatorische Belastungen insbesondere für US-basierte Entwickler reduzieren. Die Debatte zeigt, wie eng technologische Entwicklungen, regulatorische Rahmenbedingungen und geopolitische Interessen heute miteinander verknüpft sind. Die EU positioniert sich dabei als globaler Vorreiter einer verantwortungsvollen KI-Entwicklung und versucht, durch klare Regeln für allgemein einsetzbare KI-Modelle sowohl den technologischen Fortschritt zu stärken als auch Risiken zu minimieren. Langfristig ist zu erwarten, dass die Resultate dieser Konsultation und die darauf aufbauenden Richtlinien maßgeblich bestimmen werden, wie KI in Europa eingesetzt wird – sei es in Wirtschaft, Forschung oder staatlichen Anwendungen.
Für Unternehmen bedeutet dies, sich frühzeitig mit den Anforderungen der KI-Verordnung auseinanderzusetzen und Strategien zur Umsetzung zu entwickeln. Auch politische und akademische Akteure sollten die Entwicklungen aufmerksam verfolgen, um sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen der KI besser einschätzen und gestalten zu können. Insgesamt hebt die Konsultation zu allgemein einsetzbarer KI die Komplexität und Bedeutung der KI-Regulierung in Europa hervor. Sie unterstreicht die Notwendigkeit einer ausgewogenen, praxisorientierten Rechtssetzung, die technologische Innovation nicht bremst, sondern in geregelte Bahnen lenkt. Die kommenden Monate werden zeigen, wie die EU-Kommission die vielfältigen Interessen und Anliegen berücksichtigt und welche konkreten Vorgaben schließlich in Kraft treten.
Für die breite Öffentlichkeit bleibt es spannend zu beobachten, wie die für viele Menschen noch abstrakte Welt der KI durch Regulierung transparenter, verständlicher und vertrauenswürdiger wird. Die Teilnahme an der Konsultation bietet allen Beteiligten eine wertvolle Chance, ihre Perspektiven einzubringen und so an der Gestaltung eines zukunftsfähigen digitalen Europas mitzuwirken.