Als junger Unternehmer, der gerade frisch in die Geschäftswelt eingetreten war, hatte ich anfangs eine fast naive Sicht auf Banken. Für mich war Bank schlichtweg Bank: Man zahlt Geld ein, nimmt Geld ab – alles gleich. Ebenso dachte ich, dass eine lokale Filiale einer globalen Bank nur ein weiterer „Arm“ eines gigantischen Finanzriesen sei, den man nicht weiter beachten müsse. Zwei falsche Annahmen, die sich erst mit der Zeit und im Rückblick als gravierend fehlerhaft entpuppten. Meine persönliche Geschichte und meine Erfahrungen rund um das Banking als Startup-Gründer zeigen, wie wichtig es ist, Banken nicht bloß als sterile Geldaufbewahrungsorte zu sehen, sondern als Partner, die Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens nehmen können.
Alles begann 2012, als ich mit 22 Jahren frisch von der Uni in San Francisco lebte und meinen Traum vom eigenen Startup verfolgte. Ich gründete meine Firma und reichte die notwendigen Unterlagen zur Anmeldung ein. Kurz danach erhielt ich meine Employer Identification Number (EIN) während eines Besuchs bei meinen Eltern in der Nähe von Los Angeles. An diesem Tag nutzte ich die Gelegenheit, eine Geschäftskontovereinbarung bei Chase zu eröffnen – einer weltweit bekannten Bank. Die Kontoeröffnung war unkompliziert, ich zahlte 20.
000 US-Dollar ein – fast mein ganzes Erspartes, das ich mir als persönliches Darlehen gab. Danach erfolgte der Zugang zum Onlinebanking und so startete das Unternehmen offiziell seine finanzielle Reise. Einige Monate später, ungefähr ein halbes Jahr später, gelang es mir, rund eine Million US-Dollar als Seed-Finanzierung einzusammeln. Das Geld wurde auf mein Geschäftskonto bei Chase überwiesen. Plötzlich erhielt ich einen Anruf von „Alex“, dem Bankangestellten, der mir damals bei der Eröffnung geholfen hatte.
Er wirkte locker und fragte, ob alles in Ordnung sei, ob ich Bedürfnisse überblicken könne. Für mich war das unerwartet und ich wusste nicht richtig, wie ich reagieren sollte. Für mich war es eher eine Störung, also beendete ich das Gespräch schnell. Genau an dieser Stelle hätte ich schon merken müssen, wie wichtig es ist, diese Kontaktpersonen zu pflegen und den Kontakt ernst zu nehmen. Im Rückblick sehe ich die Situation klarer, doch damals war ich noch sehr unerfahren und unerwartete Gespräche überflüssig erschienen mir nur als lästige Zeitverschwendung.
Die Jahre 2012 bis 2014 verliefen aus Bankensicht ruhig. Alex rief nicht mehr an, und ich führte das Geschäftskonto wie gewohnt, überwiegend online. Der Fokus lag auf der Produktentwicklung und dem Wachstum. Endlich war es Zeit für die nächste große Finanzierungsrunde: 2014 kam mit einer Series A Finanzierung von über 10 Millionen US-Dollar ein echter Boost. Das Geld wurde wieder auf das gleiche Chase-Konto eingezahlt.
Wie erwartet, meldete sich Alex erneut telefonisch, diesmal etwas mehr wachsam und interessierter. Wieder verspürte ich wenig Lust auf den Kontakt. Er wollte lediglich sicherstellen, dass ich die finanziellen Mittel richtig nutzen könne und dass ich gut aufgestellt sei. Die Tatsache, dass dieser Kolleg damals in einer Kleinstadt noch eine Geschäftskontoeröffnung mit 20.000 US-Dollar verfolgte, die innerhalb weniger Jahre auf 35 Millionen anstieg, schien keine Bedeutung für mich zu haben.
Trotzdem fingen bei ihm die Alarmglocken an zu schrillen. Über die anschließenden Jahre blieb Alex ein Ansprechpartner, der regelmäßig „checkte“, wie es meinem Unternehmen erging. Trotz dieser Bemühungen blieb ich weitgehend distanziert, wertete Bank als eher unpersönliches Mittel zum Zweck und blieb bei meinem Fokus auf mein Geschäft. 2016 kam eine weitere Kapitalrunde in Höhe von 24 Millionen. Auch hier wurde die Finanzierung auf das gleiche Konto eingezahlt.
Wie gewohnt meldete sich Alex. Wieder ließ ich den Kontakt abprallen, wenig wissend, wie viel diese Haltung später noch bewirken sollte. Mit dem Wachstum meines Unternehmens begann sich parallel eine neue Komponente zu etablieren: Wir stellten einen neuen Finanzvorstand ein. Dieser nahm sich der gewaltigen Geldsumme an, die auf unserem Konto lag – circa 35 Millionen US-Dollar – und empfahl eine seriösere und sicherere Verwaltung. Er schlug einen Wechsel zur Silicon Valley Bank (SVB) vor, da diese Bank im Bereich Startup-Finanzierungen erfahren ist, die lokalen Gegebenheiten besser kennt und Treasury-Funktionen optimal ausführen kann.
Für mich war alles, was meinen Finanzvorstand unterstützt, sinnvoll, denn von Banken hatte ich bis dahin wenig Ahnung. Also initiierte ich einen vollständigen Übertrag des Kontoguthabens von Chase zu SVB. Die Überweisung wurde am selben Tag getätigt. Am folgenden Tag erreichte mich erneut ein Anruf von Alex. Bereits am Tag der Transaktion hatte er keinen Dienst.
Er klang leicht verärgert, dass ich ohne Vorwarnung und ohne Gespräch zur Konkurrenz gewechselt hatte. Für mich war das nur eine Bankverlagerung – nichts Besonderes. Der Kontakt zu Alex brach nach diesem Gespräch komplett ab. Jahre später erfuhr ich von einem Mitarbeiter bei Chase, dass diese Kontobewegung auf Filialebene in der Region als empfindlicher Verlust eines wichtigen Kunden wahrgenommen wurde. Alex, der Bankangestellte, war eine vielversprechende Figur im Unternehmen, doch das plötzliche Verschwinden eines Kunden mit so großem Guthaben führte zu einem Karriereknick.
Die damalige Abneigung gegen Gespräche mit der Bank habe ich inzwischen bereut. Die negative Wendung bei Chase veranlasste sie, Seminare für ihre Bankangestellten abzuhalten, um Startups besser zu erkennen und zu verstehen, dass diese Unternehmen nicht mit traditionellen Geschäftsmustern vergleichbar sind. Dabei wurde mein Startup sogar als Fallbeispiel genutzt. Diese Episode zeigte mir, wie wichtig es ist, zu kommunizieren, Kontakte zu pflegen und entsprechende Bankbeziehungen aufzubauen, auch wenn der tägliche Aufwand zunächst unnötig erscheint. Weitere Jahre vergingen, und die Finanzen meines Unternehmens wurden professioneller betreut.
Dennoch erwies es sich als kritisch, dass ich das ursprüngliche Geschäftskonto bei Chase nicht offiziell schloss. Einige Kunden zahlten weiterhin auf dieses Konto ein. Noch gravierender: Über längere Zeit fand ein Betrug statt, bei dem mehr als 100.000 US-Dollar durch unautorisierte Überweisungen entwendet wurden. Die Buchhaltung bemerkte Unregelmäßigkeiten bei einer internen Prüfung und leitete sofort Schritte gegen diese Vorfälle ein.
Die Zusammenarbeit mit Chase brachte Herausforderungen: Wegen der betrugsbedingten Sperrung des Kontos konnten keine regulären Online-Transaktionen zur Kontoschließung genutzt werden. Überraschenderweise bestand die Bank darauf, dass ich den Restbetrag nur in bar oder per Bankscheck auszahlen lassen konnte. Da es sich um rund eine Million US-Dollar handelte, stellte dies ein logistisch und finanziell komplexes Problem dar. Die zuständigen Filialleiter bemühten sich, eine Lösung zu finden. Nach Koordination und einigen Tagen Wartezeit wurde ein Bankscheck ausgestellt.
Auch dabei erhielt ich den Rat, besonders vorsichtig mit diesem Scheck umzugehen, da ein Verlust kaum ersetzbar sei. Der Abschluss meiner Bankbeziehung zu Chase erfolgte dann ruhig, aber mit einem aufschlussreichen Nachgeschmack. Rückblickend betrachtet wurde mir bewusst, dass ich Chase nie wirklich als Partner betrachtet habe. Ich kommunizierte kaum meine Bedürfnisse und ließ Chancen auf Bankdienstleistungen verstreichen, die mich möglicherweise entlastet oder meinem Unternehmen genutzt hätten. Diese Geschichte sollte keine Warnung gegen Chase sein.
Vielmehr ein Zeugnis für die Lernkurve eines jungen Gründers, der mit viel Enthusiasmus und wenig Erfahrung eingebunden war. Heute, mit Abstand und reicher Erfahrung, sehe ich all diese Schritte mit einem gewissen Schmunzeln. Die Fehler und verpassten Chancen waren für damalige Verhältnisse nachvollziehbar und sind vielfach ähnlich bei anderen Gründern beobachtbar. Immerhin gab es keine wirklich langfristigen negativen Folgen, und die finanzielle Stabilität der Firma konnte erhalten bleiben. Außer vielleicht für Alex, dessen weitere Karriere ich nie wirklich nachverfolgen konnte.