Die rasante Entwicklung digitaler Währungen und Blockchain-Technologien stellt traditionelle Finanzsysteme weltweit vor neue Herausforderungen. Besonders Stablecoins, also digitale Währungen, die an den Wert einer Fiatwährung wie dem US-Dollar gekoppelt sind, gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie bieten schnellen und kostengünstigen Geldtransfer und schaffen Schnittstellen zwischen traditionellen Finanzmärkten und digitalen Wirtschaftsräumen. Vor diesem Hintergrund gewinnt die sogenannte GENIUS Act – Guiding and Establishing National Innovation for US Stablecoins Act – immer mehr an Bedeutung, da sie darauf abzielt, einen klaren regulatorischen Rahmen für Stablecoins zu schaffen und so nicht nur den US-Dollar zu stärken, sondern auch die Grundlagen für ein globales Finanzregelwerk zu legen. Die GENIUS Act wurde im US-Senat mit einer deutlichen Mehrheit verabschiedet und steht unmittelbar davor, an das Repräsentantenhaus weitergeleitet zu werden.
Damit könnte bald ein neues Zeitalter für die Regulierung von Kryptowährungen anbrechen, das sowohl Innovationen fördert als auch Risiken minimiert. Die Gesetzgebung sieht vor, dass Herausgeber von Stablecoins sich registrieren und nachweisen müssen, dass ihre Token mit realen Vermögenswerten in einem 1:1-Verhältnis gedeckt sind. Zudem werden regelmäßige Audits und die Einhaltung von Anti-Geldwäsche-Maßnahmen verpflichtend. Über diese Vorgaben hinaus enthält die GENIUS Act auch wichtige Maßnahmen zur Verhinderung von Interessenkonflikten, indem sie unter anderem untersagt, dass gewählte Amtsträger oder deren Familienmitglieder Stablecoins ausgeben. Diese Bestimmung ist eine Reaktion auf kritische Stimmen, die behaupten, dass das Gesetz sonst eine missbräuchliche Nutzung durch nahe Verwandte des ehemaligen Präsidenten Donald Trump begünstigen könnte.
Die Blockchain- und Kryptowährungsbranche hat die Entwicklung mit Interesse verfolgt. So äußerte sich Paul Grewal, Chief Legal Officer der Kryptobörse Coinbase, positiv über die Chancen, die der Gesetzesentwurf eröffnen könnte. Er sieht darin eine Möglichkeit, Unsicherheiten zu beseitigen und dem Markt eine dringend benötigte Stabilität zu verleihen. Auch der CEO von OKX US, Roshan Robert, sieht im Gesetz einen bedeutenden Schritt, um traditionelle Finanzinstitutionen und die Blockchain-Welt näher zusammenzubringen und die Grundlage für interoperable Systeme zu schaffen. Die Vereinigung von traditionellem Finanzwesen (TradFi) und digitaler Technologie steht im Mittelpunkt der GENIUS Act.
Stablecoins, insbesondere solche, die an den US-Dollar gebunden sind, gelten als Brücke zum globalen digitalen Finanzökosystem. Da sie den Zugang zu digitalen Zahlungen erleichtern und oftmals geringere Transaktionskosten bieten, könnten sie zur entscheidenden Technologie für grenzüberschreitende Zahlungen werden. Der US-Dollar als weltweite Leitwährung dürfte von dieser Entwicklung erheblich profitieren. Die Gesetzgebung könnte zudem den Weg für die Regulierung programmierbarer Geldformen ebnen, was eine bedeutende Innovation in der Finanzwelt darstellt. Programmierbares Geld ermöglicht es, Geldtransfers und Zahlungsabläufe zu automatisieren und in komplexe Finanzprozesse zu integrieren, was insbesondere für Unternehmen und Finanzinstitutionen attraktiv ist.
Damit bietet die GENIUS Act eine Alternative und potenziell Wettbewerbsposition gegenüber Plänen für eine sogenannte Central Bank Digital Currency (CBDC) durch die US-Notenbank. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle des US-Dollars im internationalen Finanzsystem. Seit einiger Zeit wird weltweit diskutiert, dass Länder versucht sein könnten, sich vom US-Dollar als globaler Reservewährung zu entkoppeln – dieser Prozess wird als De-Dollarisierung bezeichnet. Einige Experten sehen im Aufstieg von Yuan oder Kryptowährungen wie Bitcoin eine Bedrohung für die Dominanz des Dollars. Die GENIUS Act könnte jedoch genau das Gegenteil bewirken und die Position des US-Dollars im digitalen Zeitalter nicht nur erhalten, sondern sogar stärken.
Der Großteil aller Stablecoins, die auf den Märkten kursieren, ist an den US-Dollar gebunden. Die Marktkapitalisierung dieser an den Dollar geknüpften digitalen Vermögenswerte macht einen erheblichen Anteil des gesamten Stablecoin-Marktes aus. Mit der Einführung eines klar definierten regulatorischen Rahmens könnten diese digitalen Dollars zu einem noch mächtigeren Instrument für Finanztransaktionen und Wertaufbewahrung werden. Wie Bill Sebell, Executive Director der XDC Foundation, treffend formulierte, eröffnen dollargebundene Stablecoins jedem mit einem Smartphone Zugang zu einem digitalen USD-Anschluss – eine Kraft, die gerade jetzt in einer Zeit, in der manche den Dollar für am Aussterben halten, mehr Relevanz erhält als je zuvor. Kritiker argumentieren allerdings, dass der GENIUS Act einige Lücken aufweist, insbesondere im Bereich der Risiken, die mit der Ausgabe von Stablecoins durch private Unternehmen einhergehen.
Senatorin Elizabeth Warren hat sich gegen das Gesetz ausgesprochen und sieht darin eine Gefahr für den Finanzmarkt, da Befürchtungen bestehen, dass ohne ausreichende Kontrollen Missbräuche erleichtert werden. Nichtsdestotrotz könnte die GENIUS Act als weltweit erstes umfassendes Gesetz für Stablecoins gelten und somit den Grundstein für weitere internationale Regulierungen legen. Die Globalisierung des Finanzmarktes erfordert abgestimmte Regeln, um Risiken zu minimieren und gleichzeitig Innovationen zu fördern. Länder könnten sich an den Vorgaben der USA orientieren, was nicht nur der Digitalisierung des Zahlungsverkehrs Vorschub leisten würde, sondern auch die finanzielle Integration verschiedener Systeme ermöglicht. Im Kern setzt die GENIUS Act damit ein Signal: Die Vereinigten Staaten erkennen nicht nur die Bedeutung digitaler Währungen für die Zukunft der Finanzwelt, sondern sind auch bereit, diese Innovationen mit strukturierten gesetzlichen Maßnahmen zu begleiten.
Dies bringt nicht nur Rechtssicherheit für Unternehmen und Investoren, sondern sichert auch den Einfluss des Dollars im globalen Finanzmarkt. Die Gesetzgebung könnte zum ersten „Regelbuch“ für den Umgang mit digitalen Währungen auf internationaler Ebene werden, das von anderen Finanzzentren aufgegriffen wird. Die Stellung des US-Dollars als Leitwährung ist ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Stabilität und geopolitische Einflussnahme der USA. Durch die Schaffung eines verlässlichen Rahmens für Stablecoins könnten die USA ihre Rolle als Zentrum der globalen Finanzwelt weiter ausbauen. Insbesondere die Kombination aus technischer Innovation und regulatorischer Kontrolle macht den GENIUS Act so bedeutend.
Abschließend lässt sich sagen, dass die GENIUS Act weit mehr ist als nur ein Gesetz zur Regulierung von Stablecoins. Sie symbolisiert den Übergang in eine neue Ära des globalen Finanzsystems, in der digitale Vermögenswerte eine nicht mehr wegzudenkende Rolle spielen. Die Verbindung aus traditionellem Finanzwesen und Blockchain-Technologie eröffnet Chancen für Innovation und Effizienz, während gleichzeitig die Kontrolle zur Minimierung systemischer Risiken verbessert wird. Wenn die Gesetzgebung den Weg durch den amerikanischen Kongress erfolgreich schafft und in Kraft tritt, könnte sie die gesamte Finanzwelt nachhaltig prägen und das Fundament für eine digitalisierte, transparente und stabilere Finanzordnung legen.