Die Igelpopulationen in Großbritannien stehen vor erheblichen Herausforderungen. Obwohl der Igel das unumstrittene Lieblingstier der Nation ist, zeigen neueste Untersuchungen einen besorgniserregenden Rückgang der Bestände. Besonders dramatisch wirkt sich dies auf ländliche Regionen aus, während urbane Gebiete vergleichsweise besser abschneiden. Die Kartierung und das Verständnis dieser Unterschiede sind entscheidend, um gezielte Schutzmaßnahmen zu entwickeln und die Igel langfristig zu erhalten. Der National Hedgehog Monitoring Programme (NHMP) verfolgt seit einiger Zeit das Ziel, belastbare Populationserhebungen für den britischen Igel zu erstellen.
Dank der Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen sowie moderner Technologien gelingt es, die Igelbewegungen und ihre Lebensräume immer genauer zu erfassen. Im Mittelpunkt des aktuellen Forschungsprojekts steht die Kartierung urbaner und ländlicher Igelpopulationen, um nicht nur ihre Verbreitung, sondern auch die Qualität ihrer Umwelt besser einschätzen zu können. Die Rolle der Städte und Dörfer im Überleben der Igel wird oft unterschätzt. Während in ländlichen Gegenden der Lebensraum durch intensive Landwirtschaft, Pestizideinsatz und Lebensraumverlust zunehmend schrumpft, bieten manche städtische Umgebungen überraschenderweise ideale Bedingungen für diese stachligen Säuger. Igel profitieren in Städten häufig von strukturell vielfältigen Gärten, Parks und haltbaren kleinen Korridoren, die sie durch die Siedlungsgebiete navigieren lassen.
Die sogenannte „Igelstraße“ oder „Hedgehog Highway“ ist ein Konzept, das in Großbritannien zunehmend an Bedeutung gewinnt und systematisch kartiert wird. Dank solcher Vernetzungen können die Igel ihre Lebensräume besser nutzen und Gefahren wie Straßenverkehr und zerschnittene Landschaften leichter überwinden. Eine wichtige Rolle in der Forschung spielen GPS-Daten von getaggten Igeln. Diese Informationen ermöglichen es, Bewegungsmuster und Habitatpräferenzen detailliert zu untersuchen. Lauren Moore, eine forscherin, hat im Rahmen ihrer Promotion über hundert Igel mit GPS-Geräten ausgestattet und liefert damit wichtige Daten, um Vorhersagemodelle zu erstellen.
Anhand dieser Modelle können dann Rückschlüsse gezogen werden, welche Routen Igel bevorzugen und wo Blockaden oder Gefahrenzonen liegen. Solche Analysen sind für den Naturschutz essenziell, da sie helfen, gezielt Maßnahmen zu ergreifen und beispielsweise neue Korridore zu schaffen oder bestehende zu erhalten. Lumineszierend sind auch die Fortschritte bei der Kartierung von Lebensräumen. Innovative Ansätze erlauben es, hochauflösende Karten britischer Hecken und Steinmauern zu erstellen, die für Igel wichtige habitatstrukturelle Elemente darstellen. Die Zusammenarbeit von Google DeepMind und Wissenschaftler Drew Purves hat in diesem Bereich bahnbrechende Ergebnisse erzielt.
Die Modellierung dieser Landschaftsbestandteile ist bedeutend, weil Hecken und Naturbegrenzungen den Igeln Schutz und Futterquellen bieten und gleichzeitig ihre Bewegungen leiten. Die Integration von OpenStreetMap-Daten sorgt zudem für eine bessere Einschätzung von „ungünstigen“ Bereichen, wie etwa stark befahrenen Straßen oder urbanen Strukturen, die für die Igel mit erheblichen Risiken verbunden sind. Diese Informationen fließen direkt in die Art-und-Weise ein, wie Verbreitungsmodelle erstellt werden, um die tatsächliche Lebensraumsituation realistisch abzubilden. Eine Herausforderung bleibt jedoch, das öffentliche Bewusstsein und Engagement weiter zu fördern. Die People's Trust for Endangered Species (PTES) spielt hier eine zentrale Rolle, da sie neben den Forschungsprogrammen auch praktische Initiativen wie das „Hedgehog Street“-Projekt vorantreibt.
Diese Initiative macht auf die Bedeutung von Verbindungskorridoren aufmerksam und ermutigt Hausbesitzer und Gemeinden, gezielt Lebensräume zu schaffen oder zu erhalten, die für Igel geeignet sind. Das ehrenamtliche Engagement der Bevölkerung ist dabei ein entscheidender Faktor, um die Lebensräume der Igel sowohl in städtischen als auch ländlichen Gebieten zu verbessern. Der Status des Igels als gefährdete Art in Großbritannien verdeutlicht die Dringlichkeit des Handelns. Veränderte Landwirtschaftspraktiken, zunehmende Bodenversiegelung und Straßenverkehr wirken sich negativ auf ihre Lebensbedingungen aus. Ohne gezielte Schutzmaßnahmen könnte der Igel in Zukunft stark vom Aussterben bedroht sein.
Die Kartierung und detaillierte Analyse urbaner und ländlicher Bestände bieten neue Chancen, gezielt geeignete Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Darüber hinaus eröffnet die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Biologen, Datenwissenschaftlern und Künstlicher Intelligenz neue Wege, um den Schutz in einem landesweiten Kontext wissenschaftlich abzusichern. Spatial explizite Modellierungen ermöglichen eine präzisere Vorhersage der Entwicklung der Igelpopulationen und helfen, den Einfluss von Umweltfaktoren besser zu verstehen. So können Naturschutzmaßnahmen effektiver gestaltet und auf tatsächliche Bedürfnisse abgestimmt werden. Zusammenfassend zeigt das Projekt zur Kartierung urbaner und ländlicher Igelpopulationen in Großbritannien, wie modernste Technologie und konsequentes Monitoring Hand in Hand gehen, um bedrohte Arten zu schützen.
Die Kombination aus GPS-Daten, detailreichen Habitatkarten und offenen Geodaten stellt eine wertvolle Grundlage dafür dar, Schutzstrategien zu optimieren und die Zukunft des britischen Igels zu sichern. Die Erkenntnisse dieser Forschung sind darüber hinaus wegweisend für andere europäische Länder, die ähnliche Herausforderungen bei der Erhaltung des Igels und anderer Kleinsäugerbewältigen müssen. Gerade die Verbindung von Praxis und Wissenschaft zeigt, dass aktiver Naturschutz – vor allem im Zusammenspiel von urbanen und ländlichen Gebieten – nur durch gemeinsame Anstrengungen erfolgreich sein kann. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie diese Arbeit weiter voranschreitet und wie wir als Gesellschaft davon profitieren können, eine der charmantesten Bewohner unserer Umwelt zu bewahren.