Die Halbleiterindustrie steht vor großen Herausforderungen. Trotz der zunehmenden Bedeutung von Chips für verschiedenste Technologien, insbesondere für Künstliche Intelligenz (KI), dauert die Entwicklung neuer Chips oft Jahre. In dieser Zeitspanne können künstliche neuronale Netze und Anwendungen bereits mehrere Generationen wechseln, was eine rasche Anpassung der Hardware erfordert. Cognichip, ein in San Francisco ansässiges Startup, hat sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe von generativer KI die Chipentwicklung grundlegend zu transformieren und so den Innovationszyklus drastisch zu verkürzen. Cognichip wurde von Faraj Aalaei gegründet, einem Branchenveteranen mit langjähriger Erfahrung bei renommierten Unternehmen wie Fujitsu Network Communications und Centillium Communications.
Er hatte schon früh erkannt, dass die traditionelle Vorgehensweise in der Halbleiterentwicklung an ihre Grenzen stößt und die Innovationsgeschwindigkeit das Investmentinteresse an der Branche schmälert. Bereits im Jahr 2015 machte Aalaei auf diesen Missstand aufmerksam, nachdem die Zahl der Venture-Capital-Investitionen in Halbleiterunternehmen von einem Hochpunkt mit circa 200 Deals jährlich im Jahr 2000 dramatisch auf nahezu ein bis zwei im Jahr 2015 gesunken war. Die Ursache für diesen Rückgang ist vielschichtig. Die Komplexität bei der Entwicklung neuartiger Chips ist enorm, und herkömmliche Entwicklungsmethoden sind zeitintensiv und kostenaufwendig. Neue Chips benötigen meist mehrere Jahre bis zur Marktreife, was die wirtschaftliche Attraktivität und das Risiko für Investoren deutlich erhöht.
Seit der Gründung seines Fonds Candou Ventures im Jahr 2016 verfolgte Aalaei aufmerksam den rasanten Fortschritt im Bereich generativer KI und erkannte das Potenzial, diese Technologie zur Beschleunigung der Chipentwicklung einzusetzen. Cognichip glaubt daran, dass generative KI das fehlende Bindeglied in der Chipherstellung sein kann. Das Unternehmen arbeitet derzeit an einem sogenannten physikbasierten FundamentalkI-Modell, das die komplexe Chipentwicklung nicht nur beschleunigen, sondern auch effizienter und kostengünstiger gestalten soll. Dieses Modell vereint Kenntnisse aus Physik, Ingenieurwesen und KI, weshalb Cognichip den Begriff „artificial chip intelligence“ (künstliche Chip-Intelligenz) geprägt hat. Das Ziel dabei ist, Entwicklungszyklen halb zuieren und gleichzeitig die Kosten zu senken, womit eine signifikante Wettbewerbsfähigkeit erzielt werden kann.
Die Technologie von Cognichip soll in der Lage sein, viele der aufwendigen Prozesse im Chipdesign zu automatisieren, die bisher ausschließlich von hochqualifizierten Ingenieuren manuell durchgeführt wurden. Die Vision dahinter ist eine Art KI-gestützter Chipdesigner, der trotz komplexer Anforderungen effizient und präzise handeln kann. Wenn die Technologie das angestrebte Leistungsniveau erreicht, könnte sie den Fachkräftemangel in der Branche abmildern, indem sie den Personalbedarf reduziert und gleichzeitig die Entwicklungszyklen beschleunigt. Eine Herausforderung bei der Umsetzung dieses ambitionierten Projekts liegt natürlich in der enormen Komplexität des Chipdesigns. Bis die „artificial chip intelligence“ die Performance eines erfahrenen menschlichen Ingenieurs erreicht, werden noch einige Jahre Entwicklungsarbeit benötigt.
Dennoch plant Cognichip, die Lösung schrittweise einzuführen, sodass Unternehmen die Vorteile der Technologie bereits vor Erreichen der Endstufe nutzen können. Die Entwicklungskapazität von Cognichip wird durch ein Team von KI-Experten gestützt, das aus renommierten Institutionen wie Stanford, Google und MIT stammt. Diese interdisziplinäre Zusammensetzung stellt sicher, dass sowohl die technische Tiefe als auch die praktischen Anforderungen der Chipentwicklung optimal adressiert werden können. Finanziell konnte Cognichip bereits einen beeindruckenden Start hinlegen. Das Unternehmen ist Ende 2024 mit einer Seed-Finanzierungsrunde von insgesamt 33 Millionen US-Dollar an die Öffentlichkeit gegangen.
Angeführt wurde die Runde von den Risikokapitalgebern Lux Capital und Mayfield, unterstützt von FPV und Candou Ventures. Diese namhaften Investoren sehen in Cognichip nicht nur eine innovative Lösung, sondern auch eine Antwort auf einen fundamentalen Engpass in einer trillionenschweren Branche. Mayfield-Partner Navin Chaddha betont, dass der Arbeitsalltag in der Halbleiterindustrie nach wie vor stark manuell von Experten geprägt ist. Die Einführung einer KI-basierten Unterstützung sei folglich nicht nur wünschenswert, sondern unverzichtbar – insbesondere angesichts des Fachkräftemangels und der immer komplexer werdenden Technologien. Für Chaddha bietet Cognichip genau die Art von Problemlösung, die als „Painkiller“ und nicht bloß als „Vitamin“ fungiert.
Es geht also um eine substanzielle Verbesserung, die echte Geschäftswert schafft. Darüber hinaus verfolgt Cognichip mit seiner Technologie auch einen Demokratisierungsansatz. Indem die Chipentwicklung effizienter und weniger kostenintensiv wird, sollen nicht nur große Konzerne profitieren. Vielmehr soll die Schwelle für neue, kleinere Halbleiterunternehmen gesenkt werden. Dies könnte zu einer größeren Vielfalt an spezialisierten Chips führen, die etwa für Nischenlösungen oder kleinere KI-Modelle optimiert sind und dadurch individuelle Anforderungen besser erfüllen.
Derzeit befindet sich Cognichip zwar noch auf dem Weg zur vollständigen Realisierung seiner Vision, doch die Entwicklungen und bisherigen Fortschritte versprechen eine signifikante Veränderung der Branche. Die Kombination aus tiefgehender physikalischer Modellierung und leistungsfähiger generativer KI könnte nicht nur verhindern, dass die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Halbleiterindustrie weiter leidet, sondern auch neue Innovationsimpulse setzen. Angesichts der strategischen Bedeutung der Chipindustrie – nicht zuletzt durch den weltweiten Wettstreit in der Technologieführerschaft – könnte Cognichip mit seiner künstlichen Chip-Intelligenz künftig zu einem wichtigen Player werden. Bislang fehlt es an vergleichbaren Ansätzen, die auf die Kombination von KI und tiefem Fachwissen setzen, was dem Unternehmen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte. Darüber hinaus unterstreicht Cognichip damit auch eine wesentliche Entwicklung in der technologischen Landschaft: KI ist nicht nur ein Werkzeug zur Optimierung von Softwareprodukten oder zur Automatisierung von Geschäftsprozessen.