Starbucks, eine der weltweit bekanntesten Kaffeehausketten, steht vor einem strategischen Wendepunkt. Nachdem das Unternehmen in den letzten Jahren versucht hatte, Personal in seinen Filialen zugunsten von Automatisierungstechnik zu reduzieren, gibt der neue CEO Brian Niccol offen zu, dass diese Maßnahme nicht den erhofften Erfolg gebracht hat. Stattdessen plant Starbucks nun, mehr Baristas einzustellen und sie umfangreicher einzusetzen, um das Kundenerlebnis deutlich zu verbessern. Dieser Kurswechsel markiert eine Abkehr von der bisherigen Haltung, dass Technologie den menschlichen Faktor im Kaffeebetrieb ersetzen kann. In den vergangenen Jahren sah sich Starbucks mit mehreren Herausforderungen konfrontiert.
Steigende Kosten, eine komplexe Produktpalette und ein schwierigeres wirtschaftliches Umfeld haben die Margen gedrückt. Zudem gaben Kunden zunehmend an, dass das Erlebnis in den Filialen nicht ihren Erwartungen entspricht. Im Zuge dessen hatte die Kette versucht, die Arbeitszeiten zu reduzieren und die Mitarbeiterzahl in den Geschäften zu verringern. Technologien wie das sogenannte Siren Craft System, das helfen sollte, die Zubereitung von Getränken zu optimieren, wurden verstärkt eingeführt. Doch diese Automatisierungsversuche konnten den persönlichen Service nicht ersetzen, der gerade in der Gastronomie entscheidend für Kundenzufriedenheit ist.
Brian Niccol, der im September 2024 als neuer CEO von Starbucks antrat, brachte frischen Wind in die Unternehmensführung. Zuvor war er erfolgreich bei Chipotle Mexican Grill tätig gewesen, einem Unternehmen, das stark auf Kundenerlebnis und Qualität setzte. Niccol betonte daraufhin in einer Investorenkonferenz, dass die Strategie der Personalreduzierung durch Technik nicht greift. „Equipment löst nicht das Kundenerlebnis, das wir bieten müssen, sondern ein gut besetzter Laden mit der Technik im Hintergrund“, so Niccol. Er hat eine Pilotphase gestartet, bei der in rund 3.
000 von weltweit 36.000 Starbucks-Filialen mehr Baristas eingestellt wurden und mehr Arbeitsstunden geleistet werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass Kunden diese Veränderung wahrnehmen und positiv bewerten. Ein weiterer Kernpunkt in Niccols Strategie ist die Vereinfachung der Speisekarte. Die bisherige Auswahl an Getränken war vielen Kunden als zu komplex und unübersichtlich erschienen.
Ein weniger komplexes Menü soll nicht nur die Abläufe in den Läden erleichtern, sondern auch den Einkaufsprozess für die Kunden beschleunigen und angenehmer gestalten. Gerade bei einem Preisniveau, bei dem Getränke teilweise über sechs Pfund kosten, erwarten Verbraucher ein effizientes und dennoch gemütliches Erlebnis. Neben dem Fokus auf Personal und Menü arbeitet Starbucks auch daran, die Atmosphäre in den Cafés aufzuwerten. Maßnahmen wie handschriftliche Notizen auf Bechern, die vermehrte Nutzung von Keramiktassen statt Einwegbechern und die Rückkehr von komfortablen Sitzmöglichkeiten sollen die Aufenthaltsqualität erhöhen. Diese kleinen Details der Kundenansprache sollen zum Verweilen einladen und damit die Kundenbindung stärken.
Es zeigt sich damit, dass trotz moderner Technik die menschliche Komponente und eine einladende Umgebung entscheidend bleiben. Die wirtschaftlichen Zahlen des Unternehmens zeigen jedoch, dass der Turnaround noch nicht vollständig gelungen ist. Im ersten Quartal 2025 verzeichnete Starbucks einen Rückgang der globalen Verkäufe um ein Prozent, was den fünften Rückgang in Folge bedeutet. Vor allem der US-Markt, der größte für die Kette, schwächelt, während es in China und Kanada leichte Zuwächse gibt. Niccol bezeichnete diese Entwicklung als „enttäuschend“, zeigte sich aber dennoch zuversichtlich, dass die eingeleiteten Maßnahmen auf lange Sicht greifen werden.
Der Weg zurück zu Wachstum und Profitabilität bei Starbucks ist somit kein einfacher. Die Strategie, den Fokus wieder stärker auf qualifiziertes Personal zu legen und Automatisierung als unterstützendes Element zu begreifen, wird von Branchenbeobachtern als sinnvoll bewertet. Gerade im Bereich der Gastronomie ist die Mischung aus menschlicher Kompetenz und technischer Unterstützung der Schlüssel, um ein erstklassiges Kundenerlebnis zu bieten. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass große Ketten zunehmend vorsichtig beim Einsatz von vollautomatisierten Lösungen sind. Kunden erwarten Beratung, Freundlichkeit und ein individuelles Erlebnis.
Diese Werte lassen sich aktuell kaum rein durch Maschinen ersetzen. Starbucks’ Kurskorrektur könnte daher als Signal für die Branche verstanden werden, dass Investitionen in Mitarbeiter und Gastfreundschaft auch in Zeiten der Digitalisierung unverzichtbar bleiben. Langfristig setzt das Unternehmen auch auf die Verbesserung seiner Produktpalette mit frischen Backwaren, die teilweise in den Stores zubereitet oder auch in größerem Maßstab vorgefertigt werden sollen. So will Starbucks einerseits Qualität und Vielfalt gewährleisten und andererseits die Effizienz steigern. Die Kombination aus hochwertigem Angebot und verbessertem Service könnte die Marke wieder näher an Konsumenten heranführen, die derzeit zunehmend preisbewusst und anspruchsvoll sind.
Insgesamt steht Starbucks vor einem wichtigen Neuanfang. Die Erkenntnis, dass Automatisierung den menschlichen Service nicht vollständig ersetzen kann, ist ein essentieller Lernschritt. Mit mehr Personal, einem einfacheren Menü und einem stärkeren Fokus auf das Wohlfühlambiente soll die renommierte Kaffeehauskette gestärkt aus einer Phase schrumpfender Umsätze hervorgehen. Für Kunden bedeutet dies, dass sie künftig wieder mehr Wert auf persönliche Bedienung und eine angenehme Atmosphäre legen können – Aspekte, die Starbucks als Marke einst groß gemacht haben. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, wie wirkungsvoll die Maßnahmen von Brian Niccol sind und ob Starbucks damit den Abwärtstrend stoppen und sogar umkehren kann.
Klar ist, dass menschliche Nähe trotz aller Innovationen im Mittelpunkt bleibt, wenn es darum geht, im hartumkämpften Gastronomiemarkt nachhaltigen Erfolg zu erzielen.