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Twopenny Hangover: Geschichte und Wahrheit hinter dem grausamen Schlafplatz der Armen im viktorianischen London

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The Twopenny Hangover

Der Begriff Twopenny Hangover beschreibt eine vermeintliche Form von Billigunterkunft im viktorianischen London, bei der die Ärmsten der Gesellschaft auf einem Seil schliefen. Diese Geschichte, reich an Legenden und Halbwahrheiten, wirft ein Licht auf die Notlage der Armen im 19.

Der Begriff Twopenny Hangover hat in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit im Internet erhalten, vor allem in Zusammenhang mit Berichten über die Lebensverhältnisse der unteren Schichten im viktorianischen London. Es handelt sich dabei um eine weit verbreitete Vorstellung von einer besonders billigen Unterkunftsform für arme und obdachlose Männer, die angeblich in sogenannten Doss-Häusern für zwei Pence pro Nacht untergebracht wurden. Diese Besonderheit: Die Schlafplätze waren nicht einmal Betten, sondern Seile, über die sich die Männer hängen oder auf denen sie mehr oder weniger sitzend ruhen sollten. Eine äußerst unwirtliche und entwürdigende Vorstellung, die jedoch auch eine gewisse Faszination auf Geschichtsliebhaber und Internetnutzer ausübt. Diese sogenannte „twopenny-hangover“ Unterkunft wurde oft als Synonym für die ärmsten Abschnitte der Arbeiterklasse im London des 19.

Jahrhunderts verwendet. Im Vergleich zu regulären Betten, die vier oder fünf Pence pro Nacht kosteten, war das Schlafen auf einem Seil die günstigste Möglichkeit, einen Schlafplatz zu erhalten – wenn man es denn so nennen kann. Die Idee war, dass mehrere Männer nebeneinander, gestützt auf ein quer gespannter Seil, mehr oder weniger im Sitzen schlafen würden. Morgens schnitt man demnach das Seil durch oder löste es, sodass die schlafenden Männer mehr oder weniger unsanft zu Boden fielen und so gezwungen wurden, das Haus zu verlassen. Diese brutale Art des Weckens schien Teil des Systems zu sein, die Armen schnell zu vertreiben und den Schlafplatz maximal auszunutzen.

Die Verbreitung dieses Bildes wurde im Laufe der Zeit von verschiedenen Quellen beeinflusst, wobei besonders George Orwell in seinem Werk Down and Out in Paris and London aus dem Jahr 1933 erwähnt wird. Orwell beschreibt darin, wie ärmste Menschen in London Unterkunft fanden, und nennt dabei den „Twopenny Hangover“, wo die Bewohner auf einer Bank saßen und sich an einem Seil anlehnten, wobei morgens „der Valet das Seil um fünf Uhr morgens abschneidet“. Allerdings gibt Orwell selbst zu, dass er diese Beschreibungen von einem Informanten, einem Londoner Straßenkünstler, erhalten hat und nicht aus eigener Anschauung berichtete. Dies ist ein wichtiger Punkt, denn es gibt keine eindeutigen zeitgenössischen Berichte von direkten Zeugen, die ein solches Schlafsystem beschreiben. Die populäre Darstellung solcher Unterkünfte wurde zudem durch filmische Umsetzungen und zeitgenössische Darstellungen geprägt.

Das bekannteste Bild, das heutzutage oft mit dem Begriff Twopenny Hangover assoziiert wird, stammt aus dem Film The Great Train Robbery von 1978, der im London der 1850er Jahre spielt. Dort sind Männer zu sehen, die leblos und eng gedrängt an einem Seil hängen, das quer durch einen Raum gespannt ist. Dieses Bild ist jedoch eine filmische Inszenierung und keinesfalls eine historische Abbildung. Die tatsächlichen historischen Belege für solche Unterkünfte sind bedeutend weniger anschaulich und weniger brutal, als dieses Bild suggeriert. Interessant ist der Vergleich mit ähnlichen Formen von Billigunterkünften in den USA im ausgehenden 19.

Jahrhundert, die von dem Sozialreformer Jacob Riis dokumentiert wurden. Riis beschreibt in seinem einflussreichen Werk How the Other Half Lives (1890) verschiedenste Unterkünfte in New York City, von relativ menschenwürdigen Betten bis zu äußerst prekären Schlafplätzen. Er erwähnt auch Gerüchte über ein System, bei dem Menschen auf Kleiderleinen schliefen, die zwischen zwei Balken gespannt waren und bei Sonnenaufgang losgebunden wurden, sodass die schlafenden Personen herunterfielen. Riis konnte jedoch nicht bestätigen, dass es ein derartiges System in den USA tatsächlich gab, sondern gehörte diese Praxis eher aus Europa zu. Dieses Detail erinnert sehr stark an die Twopenny Hangover-Geschichten.

Noch weiter zurück kann man Literarisches finden, das Ähnlichkeiten aufweist. Charles Dickens beschreibt in den Pickwick Papers, erstmals veröffentlicht in den 1830er Jahren, eine Art günstige Einrichtung, die als „twopenny rope“ bezeichnet wird. Hier liegen keine Seile für Einzelpersonen, sondern zwei Seile in etwa sechs Fuß Abstand, über die ein grober Sackstoff gespannt ist, der als primitive Schlafgelegenheit dient. Die Besonderheit: Morgens lassen die Betreiber die Seile los, sodass die schlafenden Menschen herunterfallen und damit geweckt werden. Dickens war ein aufmerksamer Beobachter der sozialen Lebensrealitäten seiner Zeit, doch selbst er präsentiert diese Beschreibung in einem humorvollen, fast legendären Kontext ohne detaillierte Nachweise über tatsächliche Einrichtungen.

Das Fehlen von zeitgenössischen Berichten oder Dokumentationen über eine regelmäßig bestehende Praxis wie den berühmten Twopenny Hangover lässt Zweifel aufkommen, wie verbreitet oder real diese Art von Unterkunft tatsächlich war. Historiker und Sozialforscher wie Henry Mayhew, der akribisch Daten und Berichte zu den Lebensumständen der armen Bevölkerung im London des 19. Jahrhunderts sammelte, erwähnen zwar eine Vielzahl unterer Unterkunftsformen, aber keine mit der speziellen Schlafmethode auf einem Seil, wie sie im modernen Gedächtnis existiert. Spannend ist auch der Blick auf andere Länder, insbesondere Frankreich. Dort existiert eine sehr ähnliche Praxis unter dem Namen coucher à la corde oder dormir à la corde – das Schlafen an einem Seil.

Französische Quellen ab den 1840er Jahren beschreiben in Paris Armutsunterkünfte, in denen Bedürftige gegen eine geringe Gebühr das Recht hatten, sich auf einem Seil anzulehnen oder darauf zu ruhen. Das Seil wurde morgens gelöst, um die Schlafenden aus dem Raum zu vertreiben. Die französischen Berichte deuten darauf hin, dass diese Praxis eine reale soziale Verwendung fand, wenn auch wohl nie in Massen und stets unter harschen, nicht komfortablen Bedingungen. Auch die Pariser Beispiele zeigen, dass „Schlafen am Seil“ in manchen Kreisen fast schon legendären Status erlangte. Es wird häufig als Symbol der Verelendung dargestellt und diente nicht nur als tatsächliche Unterkunftsform, sondern auch als bildhafte Sprache, um Not und Elend zu illustrieren.

Neue städtische Hilfen und Einrichtung von kommunalen Asylen im späten 19. Jahrhundert trugen schließlich dazu bei, diese Praxis zu verdrängen oder zumindest einzudämmen. Der psychologische und soziokulturelle Effekt des Bildes vom „Twopenny Rope“ oder „Twopenny Hangover“ darf nicht unterschätzt werden. Selbst wenn diese Plätze in ihrer extremsten Form eher selten – oder sogar gar nicht – existierten, so vermittelt die Vorstellung davon eine klare Aussage über die Lebensbedingungen der Ärmsten, über gesellschaftliche Abstiegsängste und die Brutalität der städtischen Armut im viktorianischen Zeitalter. Das Bild des armen Mannes, der nicht einmal eine Matte oder ein Bett sich leisten kann, sondern buchstäblich an einem dünnen Seil „hängt“, ist ein prägnanter Ausdruck der sozialen Ausgrenzung.

Moderne Rekonstruktionen und Darstellungen, ob in Filmen oder auf Online-Plattformen, tendieren dazu, diese Vorstellung zu dramatisieren und teilweise zu fiktionalisieren. Oft wird nicht unterschieden zwischen belegten historischen Fakten und der populären Legendenbildung, was zu einer verzerrten Wahrnehmung der historischen Realität führt. Die Schauspielerei oder Visualisierung ist hier weniger historisch genau als vielmehr symbolisch und wirkt durch die drastische Darstellung stärker emotional. Eine spannende Ergänzung bieten praktische Experimente aus der heutigen Zeit, bei denen Personen versuchen, die Schlafpositionen an einem solchen Seil nachzuvollziehen. Die Ergebnisse sind meist ernüchternd und zeigen, dass es höchst unbequem und instabil ist, tatsächlich so zu schlafen.

Dabei wurde beobachtet, dass das Hängen über ein Seil ohne zusätzliche Stütze kaum möglich ist. Bessere Positionen sind sitzend, an das Seil angelehnt oder mit dem Rücken gegen das Seil lehnen. Selbst dann sind die Schlafbedingungen aber mit modernen Maßstäben unzumutbar. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Twopenny Hangover-Geschichte ein Beispiel dafür ist, wie sich aus fragmentarischen Berichten, literarischen Vorlagen und Filmdarstellungen im Laufe der Zeit ein starker kultureller Mythos entwickeln kann. Die Verknüpfung von sozialem Elend, medialer Inszenierung und literarischer Fiktion entwirft ein Bild, das mehr über menschliche Vorstellungen von Armut und Gesellschaft als über die tatsächlichen historischen Verhältnisse sagt.

Die Suche nach eindeutigen Belegen bleibt weiterhin ein offenes Feld für Historiker. Zeitgenössische Dokumente, Archivbilder und Zeitungsberichte liefern kaum Hinweise auf eine weit verbreitete Praxis, die genau so aussah wie heute oft dargestellt. Vielmehr scheinen einzelne Fassungen oder Varianten unter sehr speziellen Bedingungen vorgekommen zu sein, beispielsweise in Notunterkünften während besonders harter Wirtschaftskrisen. Die Geschichte des Twopenny Hangover wirft somit ein Schlaglicht auf die Verelendung in den wachsenden Industriestädten des 19. Jahrhunderts, auf den Umgang der Gesellschaft mit Armen und Obdachlosen, und auf die Macht von Sprache und Bild bei der Gestaltung gesellschaftlicher Narrative.

Sie erinnert daran, kritisch zu hinterfragen, wie wir Geschichte konsumieren und welche Vorstellungen wir unbewusst übernehmen, wenn wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen.

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