Der Kryptomarkt ist bekannt für seine Innovationskraft, aber auch für die Vielzahl an Risiken, insbesondere im Bereich der Memecoins und kleineren Token-Projekte. Eine alarmierende Untersuchung von Solidus Labs zeigt nun auf, dass beeindruckende 98,6 % aller Tokens, die auf der Plattform Pump.Fun ausgegeben wurden, als sogenannte Rug Pulls oder Pump-and-Dump-Betrügereien klassifiziert sind. Diese Erkenntnis wirft ein grelles Licht auf die Gefahren, die insbesondere im Memecoin-Segment lauern, und stellt die Seriösität von Plattformen, die Token zu niedrigen Kosten ausgeben, stark infrage. Pump.
Fun ist eine Token-Erstellungplattform auf der Solana-Blockchain, die es Nutzern erlaubt, relativ einfach und kostengünstig neue Krypto-Token zu erstellen. Seit dem Start im Januar 2024 sind über sieben Millionen Tokens auf dieser Plattform erzeugt worden. Allerdings zeigt die Statistik, dass nur knapp 97.000 davon eine nennenswerte Liquidität von mindestens 1.000 US-Dollar aufrechterhalten konnten.
Dies verdeutlicht, wie groß die Zahl der Projekte ist, die entweder kaum oder gar keinen echten Wert besitzen. Eine der kritischsten Erkenntnisse der Untersuchung ist auch, dass auf der dezentralen Börse Raydium, die eng mit Solana verbunden ist, etwa 93 % aller Liquiditätspools Merkmale sogenannter „Soft Rug Pulls“ aufweisen. Dabei handelt es sich um Situationen, in denen Entwickler oder große Tokeninhaber systematisch Liquidität abziehen und somit einen Wertverfall hervorrufen, der Kleinanleger besonders trifft. Der Medianwert der identifizierten Rug Pulls liegt in diesem Fall bei 2.800 US-Dollar, was auf eine vielfältige Bandbreite von Betrugsfällen hinweist – von kleineren bis hin zu millionenschweren Vorkommnissen.
Der größte einzelne Betrugsfall, den Solidus Labs nachprüfen konnte, geht auf eine Summe von rund 1,9 Millionen US-Dollar zurück und ist mit dem Token MToken verbunden. Solche krassen Beispiele verdeutlichen nicht nur das Ausmaß der Problematik auf ethisch fragwürdigen Plattformen, sondern auch, wie skrupellose Akteure Kapital aus dem Wunsch nach schnellen Gewinnen ziehen. Memecoins sind besonders anfällig für Betrug. Sie zeichnen sich oft durch hohe Volatilität, geringe Marktkapitalisierung und eine schnelle Umverteilung von Vermögen aus, was sie zur perfekten Spielwiese für Pump-and-Dump-Schemata macht. Eine Spitzenwelle von solchen Tokens wurde Anfang 2025 sichtbar, als prominente Persönlichkeiten wie der ehemalige US-Präsident Donald Trump sowie seine Ehefrau Melania Trump eigene Memecoins promoteten.
Diese Taten erzeugten bei zahlreichen Investoren Hoffnung auf hohe Renditen, während sich hinter den Kulissen ein Abverkauf durch Insider abspielte, der mehreren Akteuren Profit in Millionenhöhe einbrachte. Die entsprechenden Coins verloren in kurzer Zeit 87 % beziehungsweise 97 % ihres Werts. Solanas Blockchain, bekannt für niedrige Gebühren und schnelle Transaktionszeiten, hat sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot für solche betrügerischen Aktivitäten entwickelt. Die günstigen Bedingungen erleichtern es Akteuren mit schlechten Absichten, eine Vielzahl von Token auszustoßen und rasch Geld aus dem System zu ziehen, bevor eine breitere Überwachung eingreifen kann. Die Behörden nehmen dieses Problem zunehmend ernst.
So hat die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC im Frühjahr 2025 eine neue Cyber- und Emerging-Technologies-Einheit ins Leben gerufen, deren Ziel es ist, Innovationen vor schädlichen Manipulationen zu schützen und Investoren vor Missbrauch zu bewahren. Ein aktueller Fall, der die zunehmende Regulierung unterstreicht, ist die Klage gegen Meteora, verbunden mit dem Meme Coin M3M3, der angeblich für einen Schadensfall im Umfang von 69 Millionen US-Dollar verantwortlich ist. Trotz der Erkenntnisse und der wachsenden Aufmerksamkeit durch Regulierungsbehörden reagierte ein Sprecher von Pump.Fun, Troy Gravitt, kritisch auf die Studie von Solidus Labs. Er betonte, dass solche Bewertungen das Wesen von Memecoins nicht verstehen würden.
Laut Gravitt seien viele Memecoins wie Kunstobjekte oder Sammlerstücke zu betrachten, deren Wert sich kulturell und über die Zeit hinweg entwickle. Die große Mehrheit dieser Projekte seien nicht dafür gemacht, auf lange Sicht wertvoll zu bleiben, sondern erzeugten eine Marktplatz-kultur, in der Käufer und Verkäufer durch Setzen unterschiedlicher Werte miteinander interagieren. Dies könne durchaus ein positives Zeichen im Kryptobereich sein, so Gravitt. Diese Argumentation zeigt, wie komplex das Thema Wert und Betrug im Kryptosektor ist. Während aus wirtschaftlicher Sicht viele Tokens faktisch bereits als wertlos oder schädlich für Investoren einzustufen sind, werden sie von ihren Befürwortern als Teil einer dynamischen und auf Vertrauen basierenden Marktplatzgestaltung verstanden.
Doch Investoren sollten sich dieser Risiken bewusst werden und insbesondere bei Plattformen wie Pump.Fun, die kaum Regulierung oder Prüfung von neuen Token vorsehen, sehr vorsichtig sein. Ein grundlegendes Verständnis von Tokenomics, Liquiditätsmechanismen und dem speziellen Umfeld von Memecoins kann dabei helfen, teure Fehlinvestitionen zu vermeiden. Darüber hinaus ist es ratsam, die Entwicklung neuer Token genau zu verfolgen, auf Liquiditätsänderungen zu achten und sich Informationen aus vertrauenswürdigen Quellen zu suchen. Die Anwesenheit von sogenannten „Soft Rug Pull“ Indikatoren oder das schnelle Verschwinden von Liquidität sollten stets als Warnsignal gelten.
Das Thema Betrug und Rug Pulls im Kryptomarkt ist kein neues Phänomen, hat jedoch durch die zunehmende Beliebtheit von Plattformen wie Pump.Fun und Blockchains wie Solana neue Dimensionen erreicht. Die Leichtigkeit, mit der neue Token generiert und gehandelt werden können, führt zu einer explosionsartigen Vermehrung potenzieller Projekte, die oft kaum realen Nutzen bieten. Langfristig wird die Lösung vermutlich in einer ausgewogeneren Regulierung, verbesserten Transparenzmechanismen und einer stärkeren Anlegeraufklärung liegen. Auch technologische Innovationen wie verbesserte On-Chain-Analysen und automatisierte Prüfverfahren könnten dazu beitragen, das Umfeld sicherer zu gestalten und die Anzahl der Betrugsfälle zu reduzieren.
Abschließend zeigt die Analyse von Solidus Labs eindrucksvoll, wie notwendig eine kritische Haltung gegenüber vermeintlichen Kryptowertanlagen ist. Anleger sollten sich nicht von kurzfristigem Hype blenden lassen und stets sorgfältig prüfen, ob hinter einem Projekt Substanz und Vertrauen stehen. Die Balance zwischen Innovation und Sicherheit im Kryptosektor bleibt eine der größten Herausforderungen für all jene, die sich für attraktive, aber gleichzeitig sichere Investitionsmöglichkeiten interessieren.