Am Ende eines jeden Studienjahres verwandelt sich das Studentenwohnheim an der Duke University in Durham, North Carolina, in eine ungewöhnliche Fundgrube. Dort sammeln sich unzählige wertvolle Gegenstände, die von den Studenten einfach weggeworfen werden. Als ich in meinem Apartmentgebäude, das hauptsächlich von Duke-Studenten bewohnt wird, eines Tages einen klaren Acryl- und Neonleuchttisch am Straßenrand fand, ahnte ich noch nicht, dass mich diese Erfahrung tiefgreifend verändern würde. Der Tisch, den ich mitnahm und später online recherchierte, hatte einen Wert von 900 US-Dollar, ein Beweis dafür, dass viele hochwertige Gegenstände im Müll landen, ohne dass darüber viel reflektiert wird. Diese Entdeckung eröffnete mir eine ganz neue Perspektive auf das, was junge Menschen wegwerfen – und dank dieser Funde konnte ich insgesamt Luxusgegenstände im Wert von etwa 6.
000 US-Dollar bergen. Die kulminierende Fundstelle war jedoch nicht das Stockwerk meines Apartments, sondern der große Müllraum im Erdgeschoss, in den alle Müllschächte münden. Dort beherbergte sich eine nahezu unglaubliche Menge an Gegenständen: Staubsauger, Kaffeemaschinen, hochwertige Trainingskleidung von Lululemon und sogar Schuhe von Luxusmarken wie Valentino und Balenciaga. Obwohl einige der Artikel schon getragen waren, verblieb ein beachtlicher Teil in neuwertigem oder zumindest sehr gutem Zustand. Die ganze Szene stellt ein faszinierendes, aber auch beunruhigendes Spiegelbild unserer Wegwerfgesellschaft dar.
Diese Fülle an verwertbaren Waren wurde oft aus dem Übermaß an Konsumverhalten junger Menschen geboren, die Studienjahre abschlossen und Wohnungen räumten. Dabei fällt auf, dass nicht nur abgenutzte oder defekte Gegenstände entsorgt werden, sondern auch Kleidung mit Original-Etiketten und unverbrauchte Lebensmittel. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In den USA ist die Textilabfallmenge zwischen 2000 und 2018 um mehr als 50 Prozent gestiegen. Das macht deutlich, dass die heutige Generation weder sparsam noch nachhaltig mit Ressourcen umgeht. Ich begann, eine Liste meiner „Schätze“ zu führen und fand bei der ersten Auswertung heraus, dass allein die aufgezeichneten Artikel einen Gesamtwert von 6.
000 US-Dollar aufwiesen. Darunter viele Markenartikel, die oft unbenutzt im Müll lagen. Doch mit jedem geretteten Stück kam auch ein Gefühl der Ambivalenz auf. Es war nicht einfach nur Freude, sondern auch ein gewisses Unbehagen darüber, wie sorglos mit Ressourcen umgegangen wird, gerade in wohlhabenden und gebildeten Kreisen. Die Rettung der Gegenstände war zudem mit praktischen Herausforderungen verbunden.
Viele Sachen mussten gereinigt, repariert oder zumindest aufgefrischt werden, bevor sie nutzbar waren. Dieses Aufbereiten wurde fast schon zu einer Form der Selbstreflexion über das Konsumverhalten. Das Putzen, Waschen und Reparieren half dabei, den Wert hinter den weggeworfenen Gegenständen wiederzuentdecken, doch es zeigte auch, wie wenig Anerkennung diese Gegenstände ursprünglich erfahren hatten. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der sich mir durch die Recherche erschloss, war die Rolle, die universitäre Spendenaktionen bei der Reduzierung von Müll spielen könnten. Duke’s „Devils Care Donations“ Programm sammelt rund 32.
000 Pfund an Gebrauchtwaren jährlich und kooperiert mit Organisationen wie TROSA und Goodwill. Dennoch scheint es, dass trotz dieser Programme viele Studenten entweder nicht motiviert oder nicht ausreichend informiert sind, ihre überschüssigen Gegenstände sinnvoll zu spenden. Das unterscheidet sich nicht grundlegend von anderen Universitäten, zeigt aber, wie Verbesserungspotenzial besteht. Ein spannender Vergleich eröffnete sich, als ich weitere Universitäten kontaktierte. Die Antworten ließen erkennen, dass eine sehr konsequente und stetige Sammelstrategie, wie sie an der Rice University mit der Kampagne „Give a Hoot! Donate Your Loot!“ erfolgreich praktiziert wird, den Ausschlag für nachhaltige Verhaltensänderungen geben kann.
Durch kontinuierliche Präsenz und das Angebot von Sammelmöglichkeiten über das ganze Jahr hinweg wird das Spenden zur Gewohnheit für die Studierenden. Anders als ein einmaliger Frühlingsputz vor dem Umzug kann so eine stabile Kultur der Wiederverwertung etabliert werden. Die Menge an weggeworfenen Luxusartikeln in Durham half mir auch, die psychologischen Aspekte des studentischen Lebens wahrzunehmen. Das Übermaß an Konsum gefüllt mit „neu und teuer“ widerspiegelt nicht selten einen gesellschaftlichen Druck oder ein Statusdenken, dem gerade junge Menschen unterliegen. Gleichzeitig wird mit dem Ende des Semesters und dem Umzug oftmals rigoros aufgeräumt – fast, als solle ein neuer Lebensabschnitt mit einem „Reinwaschungseffekt“ beginnen.
Dieses Verhalten erzeugt eine massive Menge an potentiellen Ressourcenverschwendungen. Neben der offensichtlichen Verschwendung werfen solche Szenen auch ethische Fragen zur Verteilungsgerechtigkeit und zu globalen Nachhaltigkeitszielen auf. Dass Menschen in wohlhabenden Ländern teure Waren einfach wegwerfen, während allgemein weltweit Ressourcen knapp sind, ist ein Sinnbild für Ungleichheiten und die Herausforderungen unserer Zeit. Vor allem vor dem Hintergrund, dass diese weggeworfenen Gegenstände von anderen Leuten durchaus noch genutzt werden könnten – sei es im Alltag oder durch Weiterverkauf – entsteht ein Zerrbild von Reichtum und Nachhaltigkeit. Mein persönliches Erleben während dieser Sammlung war ebenfalls nicht nur von materiellen Gewinnen geprägt.
Es entstand auch ein Gefühl der Ohnmacht angesichts der Menge an Verschwendung und der Tatsache, dass jede Aktion, so gut gemeint sie gewesen sein mag, einzelne Wassermengen, Textilien und Gegenstände nicht vor der endgültigen Vernichtung retten konnte. Es wurde mir bewusst, wie tief verwurzelte Konsummuster sind und dass ein Veränderungsprozess auf gesellschaftlicher Ebene nötig ist. Die Funde halfen aber auch, praktische Lösungen für den Alltag zu finden – sei es eine besonders effiziente kleine Staubsauger, die ich zufällig ebenfalls retten konnte, oder ein hochwertiger Deckenbezug, der nun mein Bett schmückt. Diese kleinen Bereicherungen erlaubten es mir, alltägliche Gegenstände bewusster wahrzunehmen und dankbarer mit Ressourcen umzugehen. Es zeigte sich, wie viel Wert in „Secondhand“ steckt und wie positiv sich nachhaltige Alternativen auf das persönliche Wohlbefinden und die Umwelt auswirken können.
Schlussendlich spiegeln die Erfahrungen mit den weggeworfenen Luxusartikeln der Duke University eine komplexe Mischung aus Überfluss, Wegwerfmentalität, sozialen Zwängen und dem langsam aufkommenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit wider. Sie bieten eine Gelegenheit, über die eigenen Konsumgewohnheiten nachzudenken – und darüber, wie jeder Einzelne mit kleinen Schritten dazu beitragen kann, die Müllberge kleiner und die Ressourcen gerechter zu gestalten. Der Blick auf die Destinationen der weggeworfenen Waren reicht weit über das studentische Umfeld hinaus. Er hinterfragt den Zustand unserer globalisierten Gesellschaft und fordert ein Umdenken in puncto „Besitzen and Wegwerfen“. Gerade Colleges und Universitäten haben dabei eine besondere Verantwortung, als Bildungsorte auch Werte wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und bewussten Konsum zu vermitteln.