Das National Institutes of Health (NIH), eine der weltweit bedeutendsten Forschungsförderungsinstitutionen, vollzieht eine markante politische Wende. Mit der neuen Richtlinie wird es US-amerikanischen Wissenschaftlern künftig nicht mehr gestattet, Bundesmittel zur Unterstützung von Forschungspartnern im Ausland bereitzustellen. Diese Entscheidung hat das Potenzial, die internationale Zusammenarbeit in diversen wissenschaftlichen Bereichen grundlegend zu verändern und stellt Forscher weltweit vor neue Herausforderungen. Die Maßnahmen wurden erstmals Anfang Mai 2025 bekanntgegeben und seitdem intensiv diskutiert. Die Hintergründe, Auswirkungen und möglichen Zukunftsperspektiven sind Gegenstand breit gefächerter Debatten und Analysen.
Das NIH finanziert traditionell eine Vielzahl bedeutender Forschungsvorhaben nicht nur innerhalb der Vereinigten Staaten, sondern fördert auch die Zusammenarbeit zwischen US-amerikanischen Forschungsgruppen und ihren internationalen Partnern. Gerade in Bereichen, in denen gesundheitliche Herausforderungen global sind – etwa bei Infektionskrankheiten wie Malaria oder Tuberkulose sowie bei der Erforschung von Krebserkrankungen im Kindesalter – sind diese Kooperationen essenziell. Dabei ermöglichen finanzielle Subawards eine effiziente Verteilung der Fördermittel und stärken die Expertise vor Ort in den Ländern, in denen die Erkrankungen besonders verbreitet sind. Die neue Politik des NIH stellt diese internationalen Partnerschaften nun grundsätzlich infrage. Unter der Führung des neuen NIH-Direktors Dr.
Jay Bhattacharya wurde am 1. Mai 2025 eine Richtlinie erlassen, die strengere Kontrollmechanismen über die Zuweisung von Forschungsbudgets vorsieht. Dr. Matthew J. Memoli, der stellvertretende Direktor, äußerte sich in einem internen Schreiben sehr deutlich und forderte, subventionierte Forschungsvorhaben im Ausland nur dann durchzuführen, wenn diese nicht anderswo möglich seien und einen unmittelbaren Nutzen für die US-Bevölkerung darstellten.
Die zugrundeliegende Argumentation verfolgt eine sicherheitspolitische und fiskalische Zielsetzung. Zum einen sollen potenzielle Risiken durch die Zusammenarbeit mit ausländischen Institutionen minimiert werden, um beispielsweise den Missbrauch von Forschungstechnologien oder den unkontrollierten Transfer sensibler Erkenntnisse zu verhindern. Zum anderen reagiert das NIH damit auf den steigenden Druck, die nationale Forschungsagenda zu prioritär zu gestalten und begrenzte finanzielle Ressourcen gezielter einzusetzen. Diese Entscheidung hat unmittelbar Auswirkungen auf zentrale medizinische Forschungsbereiche. Malaria, die weltweit immer noch eine der tödlichsten Infektionskrankheiten ist, wird vorrangig in Afrika und Teilen Asiens erforscht, wo die Krankheit besonders verbreitet ist.
Ohne finanzielle Unterstützung aus den USA könnte die Erforschung neuer Behandlungsmethoden oder Impfstoffe erheblich erschwert werden. Auch die Erforschung von Krebserkrankungen bei Kindern, deren Prävalenz sich regional gravierend unterscheidet, steht vor Schwierigkeiten, weil internationale Kooperationen für die komplexe und katalogisierte Forschung von großer Bedeutung sind. Wissenschaftler kritisieren die neue Policy als einen Rückschritt für die globale Forschungszusammenarbeit. Gerade weil gesundheitliche Probleme keine nationalen Grenzen kennen, sei eine Vernetzung zwischen Forschern auf der ganzen Welt unverzichtbar, um Lösungen zu entwickeln. Zudem bestehe die Gefahr, dass die USA an Wettbewerbsfähigkeit verlieren könnten, wenn ihre Wissenschaftler von internationalem Know-how und Zugang zu kritischen Daten abgeschnitten würden.
Die Hochschulgemeinschaften und Forschungsinstitute, die von den NIH-Mitteln abhängig sind, sehen sich mit erheblichen Unsicherheiten konfrontiert. Die Finanzierung von Forschungsvorhaben an ausländischen Standorten erfolgte bislang oft über sogenannte Subawards, die eine flexible und lokalisierte Durchführung unterstützt haben. Der Wegfall dieser Möglichkeit könnte die Durchführung von Studien verlangsamen oder sogar ganz verhindern. Dies könnte wiederum negative Folgen für den wissenschaftlichen Fortschritt sowie den medizinischen Innovationsprozess haben. Politische Vertreter äußerten sich unterschiedlich zu der Entscheidung.
Während einige die neue Richtung als notwendig für nationale Sicherheit und ökologische Effizienz präsentieren, warnen andere vor den langfristigen Folgen für das Ansehen der USA als führendes Forschungsland. Internationale Partner zeigen sich enttäuscht, da die bisherige Zusammenarbeit eingestampft wird und Vertrauen in künftige Kooperationen möglicherweise beschädigt wird. Neben der geänderten Verteilung der Fördermittel wurde parallel von Präsident Trump eine weitere Regelung unterzeichnet, die den sogenannten Gain-of-Function-Forschungsbereich betrifft. Diese Kontrollmaßnahme zielt darauf ab, Experimente, die Pathogene potenziell gefährlicher für den Menschen machen könnten, einzuschränken, besonders im Ausland, darunter spezifisch China. Auch hier spiegelt sich ein wachsendes Bedürfnis wider, Forschung enger zu überwachen und potenzielle Risiken zu minimieren.
Die vorherrschende Debatte beruht auf einem Spannungsfeld zwischen nationaler Sicherheit, wissenschaftlicher Offenheit und globaler Verantwortung. Während Sicherheit und Vermeidung von Missbrauch nachvollziehbare Anliegen sind, stellt sich die Frage, wie ein Gleichgewicht gefunden werden kann, das auch den freien Austausch von Wissen und die internationale Forschungskooperation ermöglicht. Forscher appellieren an politische Entscheidungsträger, möglichst differenzierte Lösungen zu erarbeiten. Denn die komplette Abschottung oder Restriktion könnte die USA isolieren und den globalen wissenschaftlichen Fortschritt behindern. Gleichzeitig sollte aber auch die Notwendigkeit klar kommuniziert werden, in sensiblen Bereichen genauer hinzusehen und Risiken zu minimieren.
Alternativ wird über die Schaffung spezieller Förderprogramme diskutiert, die grenzüberschreitende Partnerschaften gezielt unterstützen, ohne Sicherheitsbedenken zu vernachlässigen. Solche Initiativen müssten transparent und mit klaren Kriterien ausgestattet werden, um Vertrauen bei allen Beteiligten zu schaffen. Langfristig bleibt abzuwarten, wie sich diese Richtlinie auf die öffentliche Gesundheit und den medizinischen Fortschritt auswirkt. Im Idealfall sollte die Politik einen Weg finden, die Vorteile internationaler Partnerschaften zu bewahren und gleichzeitig legitime Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Denn gerade im globalen Kampf gegen Krankheiten mit grenzüberschreitender Bedeutung ist Zusammenarbeit ein unverzichtbares Instrument.
Die Bedeutung der internationalen Forschungskooperation wächst angesichts globaler Herausforderungen wie Pandemien, Klimawandel und resistenten Erregern noch weiter. Die Entscheidung des NIH markiert somit einen Wendepunkt, der weit über die USA hinaus Auswirkungen haben wird und bietet Anlass zu einer umfassenden Debatte über die Zukunft der Wissenschaft im 21. Jahrhundert.