Der Konsum von Cannabis hat sich in den letzten Jahren weltweit erheblich verändert. Mit der Legalisierung vieler Formen von Cannabisprodukten, insbesondere in den USA und einigen europäischen Ländern, sind neue Konsummethoden wie Edibles immer beliebter geworden. Edibles, das sind essbare Cannabisprodukte wie Gummibärchen, Kekse oder Getränke mit THC, bieten eine diskrete und oft als sanfter empfundene Alternative zum Rauchen oder Vapen. Doch wie immer bei psychoaktiven Substanzen kann der Konsum auch unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen. Besonders angsterzeugende Langzeitwirkungen tauchen immer wieder in Erfahrungsberichten und wissenschaftlichen Untersuchungen auf – und das trotz zuvor positiver oder problemfreier Nutzung.
Die Fallbeispiele von Betroffenen zeigen ein deutliches Bild: Ein einziger Konsum von THC-Edibles kann in einigen Fällen eine dauerhafte Verschlechterung der psychischen Gesundheit zur Folge haben. Dabei handelt es sich nicht nur um vorübergehende Angstzustände oder Panikattacken während des Rausches, sondern um anhaltende Symptome wie chronische Angst, Herzrasen, Benommenheit, Schwindelgefühle oder das Gefühl der Entfremdung von der eigenen Umgebung, auch Derealisation genannt. Menschen berichten, dass sie sich so fühlen, als lebten sie in einem Traum oder als wären sie in einer Art Film verloren – eine Wirkung, die auch aus Filmen wie „Inception“ oder „The Matrix“ bekannt ist. Für Betroffene kann dieser Zustand das Leben dramatisch verändern und die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. Was steckt hinter diesen oftmals unerwarteten und belastenden Reaktionen auf THC-Edibles? Zum einen unterscheiden sich Edibles in vielerlei Hinsicht von anderen Konsumformen.
Während Rauchen und Vapen einen schnellen Wirkungseintritt haben, kann die Wirkung von Edibles erst nach ein bis drei Stunden einsetzen und dann deutlich länger anhalten – teilweise bis zu 12 Stunden oder mehr. Der Grund liegt in der Art der Verarbeitung des THC durch den Körper. Im Verdauungstrakt wird Delta-9-THC von der Leber zu einer noch wirksameren Substanz namens 11-Hydroxy-THC umgewandelt. Diese Substanz durchdringt die Blut-Hirn-Schranke besonders gut, was die intensiveren und langanhaltenderen Wirkungen erklärt. Dieser verzögerte Wirkungseintritt verleitet viele Menschen ungewollt dazu, zu viel einzunehmen, weil sie denken, die Dosis sei zu gering.
Die Folgen sind dann oft „Bad Trips“ oder unerträgliche Angstzustände, die über Stunden anhalten. Besonders Menschen, die bereits anfällig für Angststörungen oder andere psychische Belastungen sind, laufen Gefahr, dass diese Symptome sich nach dem schlechten Erlebnis verstetigen und chronisch werden. Viel Aufmerksamkeit erhält in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass THC je nach Dosis sehr unterschiedlich auf das Nervensystem wirken kann. In niedrigen Dosen kann THC bei manchen Menschen sogar anxiolytisch wirken, also angstlösend. Doch übersteigt die Dosis einen gewissen Schwellenwert, steigt das Risiko, dass THC paradoxerweise Angstzustände, Paranoia und Panikattacken auslöst.
Dieser Übergang ist individuell sehr unterschiedlich und von zahlreichen Faktoren abhängig: von der genetischen Veranlagung, der aktuellen psychischen Verfassung über den Moment der Einnahme bis hin zur Kombination mit anderen Substanzen wie Alkohol. Darüber hinaus ist die Qualität und Genauigkeit der Dosierungsangaben auf vielen Cannabisprodukten noch nicht immer verlässlich. Aufgrund fehlender bundesweiter Regulierungen in einigen Ländern und der heterogenen Herstellung können die tatsächlichen THC-Mengen in Edibles deutlich von den deklarierten abweichen. Dadurch geraten Verbraucher oft ungewollt in unangenehme Situationen. Es gilt also: Vorsicht walten zu lassen, Produkte nur aus vertrauenswürdigen Quellen zu beziehen und im Zweifel mit sehr niedrigen Dosen zu beginnen.
Neben den akuten Angstattacken stellen Forschende fest, dass ein einmaliger „Bad Trip“ einen langfristigen psychologischen Einfluss haben kann. Menschen können in einen Teufelskreis aus Grübeleien und Angststörungen geraten, was die Lebensqualität stark einschränkt. Ohne professionelle Unterstützung gestaltet sich die Bewältigung oft schwierig und die Geduldsspirale ist lang – es kann Monate oder sogar Jahre dauern, bis sich die psychische Gesundheit wieder stabilisiert. Auch stille körperliche Beschwerden wie Herzrasen, Ohrensausen (Tinnitus), Schwindel oder ein komisches Engegefühl im Körper können die Belastung intensivieren. Um Risiken zu minimieren, empfehlen Expertinnen und Experten besonders Menschen mit einer Vorgeschichte psychischer Erkrankungen, depressiver Verstimmungen oder Angstzuständen, den Konsum von hochdosierten THC-Produkten zu vermeiden.
Wer Cannabis ausprobieren möchte, sollte lieber mit CBD-Produkten beginnen. CBD (Cannabidiol) wirkt entgegenwirkend zu THC und kann Ängste eher lindern. Auch ist das Verhältnis zwischen THC und CBD in Produkten entscheidend – viele Fachleute raten zu einer etwaigen 1:1 oder höheren CBD-Relation, um das Risiko von Panik und Paranoia zu reduzieren. Darüber hinaus ist es wichtig, den eigenen mentalen Zustand vor dem Konsum ehrlich zu reflektieren. Stress, Schlafmangel oder Nahrung können die Wirkung verstärken oder verändern.
Deshalb raten Ärztinnen und Spezialisten, Cannabis in einer sicheren, vertrauten Umgebung zu konsumieren und bei Unsicherheiten eine Person zum Begleiten dabei zu haben. Was aber, wenn die Angst, das beklemmende Gefühl und Panikattacken auch nach dem Abklingen der Wirkung überhandnehmen? Therapieansätze wie Psychotherapie, insbesondere kognitive Verhaltenstherapie, und gegebenenfalls medikamentöse Unterstützung können helfen, aus dieser belastenden Situation herauszufinden. Die Einnahme von Antidepressiva, etwa SSRIs, wird in vielen Fällen als unterstützende Maßnahme empfohlen. Wichtig ist auch ein offener Dialog mit behandelnden Ärztinnen oder Psychotherapeutinnen, um die Symptome richtig einzuordnen und nachhaltig zu behandeln. Ein weiterer beachtenswerter Aspekt ist die Rolle von Online-Communities.
Plattformen wie Reddit bieten Betroffenen einen Austausch über Erfahrungen, Tipps und Hoffnungsschimmer. Durch den Kontakt zu anderen, die ähnliche Ängste durchlebt haben, können kleine ‚Lichtblicke‘ entstehen, gerade wenn professionelle Hilfe nicht sofort in Anspruch genommen werden kann oder Wartezeiten bestehen. Denn psychische Gesundheit braucht oft Zeit – sowohl zur Schmerzverarbeitung als auch zur nachhaltigen Heilung. Trotz der Risiken ist Cannabis nicht per se ein Gefahrstoff oder ein Medikament, das man pauschal verteufeln sollte. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen seinen Nutzen bei verschiedenen Krankheitsbildern, darunter chronische Schmerzen, posttraumatische Belastungsstörung oder andere therapeutische Anwendungsgebiete.
Die Herausforderung besteht darin, eine differenzierte Sichtweise zu behalten und Aufklärung zu betreiben, damit jeder verantwortungsbewusst und informiert mit diesen Produkten umgehen kann. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Konsum von THC-Edibles in seltenen, aber bedeutsamen Fällen eine langanhaltende und belastende Angststörung auslösen kann. Diese Wirkung hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem der Dosierung, individuellen Anfälligkeiten, der psychischen Ausgangslage und der Konsumumgebung. Bewusstsein für diese Risiken zu schaffen, ist ein wichtiger Schritt, um sowohl Erstkonsumenten als auch erfahrene Nutzer zu schützen. Ein achtsamer, vorsichtiger und aufgeklärter Umgang mit Cannabis-Produkten – vor allem Edibles – kann dabei helfen, unangenehme Langzeitfolgen zu vermeiden und positive Erfahrungen zu fördern.
Wer unter anhaltenden Ängsten oder Panikattacken leidet, sollte sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich einem unterstützenden Umfeld anzuvertrauen. Langfristige Gesundheit und Wohlbefinden sind möglich, auch nach belastenden Erfahrungen mit Cannabis. Die richtige Balance und individuelle Anpassungen sind der Schlüssel, um die positiven Effekte von Cannabis zu nutzen und Risiken zu minimieren.