Naturdokumentationen sind seit Jahrzehnten eine feste Größe im Fernsehen und Streaming-Bereich, geprägt von beeindruckenden Bildern majestätischer Tiere und einer ehrfürchtigen Erzählstimme. Serien wie Planet Earth oder Life of Mammals haben Millionen Zuschauer weltweit begeistert und bilden einen wichtigen Beitrag zum Verständnis unserer natürlichen Umwelt. Doch NatGeo wagt mit Underdogs einen mutigen Schritt weg von dieser klassischen Herangehensweise. Die neue fünfteilige Docuserie bricht mit dem tradierten Konzept, indem sie sich ganz bewusst den oft übersehenen, vermeintlich unspektakulären Tieren widmet. Statt majestätischer Löwen oder imposanter Adler rücken hier die Außenseiter der Natur in den Mittelpunkt – jene Organismen, die weder besonders elegant noch ansprechend erscheinen, deren Lebensweisen oft grotesk oder geradezu skurril sind.
Das Besondere an Underdogs ist zugleich der Tonfall, der der Serie eine erfrischende Unkonventionalität verleiht. Erzählt wird mit unnachahmlicher Ironie und viel Humor von Ryan Reynolds, der sich als perfekte Wahl für dieses Projekt erwiesen hat. Während der klassische Naturfilm oft von ruhiger, gesitteter Stimme geprägt ist, lädt Reynolds mit seiner lockeren, oft augenzwinkernden Art dazu ein, die Natur aus einem neuen Blickwinkel zu entdecken. Diese Mischung aus wissenschaftlicher Fundiertheit und unterhaltsamer Überzeichnung trifft den Nerv eines breiteren Publikums, insbesondere auch jenseits der traditionellen Naturfilm-Enthusiasten. Die Serie ist in fünf Episoden gegliedert, die jeweils unterschiedliche Themen beleuchten und sich so einem vielseitigen Spektrum an Naturphänomenen widmen.
In der ersten Folge „Superhelden“ werden erstaunliche Fähigkeiten von Tieren wie dem unverwüstlichen Honigdachs, dem Pistolenkrebs oder dem fast unsichtbaren Glasfrosch vorgestellt. Hier bekommen Zuschauer einen visuellen Einblick in die besonderen Talente, die oft eher im Verborgenen wirken, aber die Tierwelt umso spannender machen. Ergänzt wird die Episode durch Comic-ähnliche Grafiken, die den Eindruck einer Superheldengeschichte vermitteln und so den Kuriositäten der Natur eine völlig neue Bühne bieten. Eine weitere Episode widmet sich den „Sexy Beasts“ und beleuchtet die bizarren und oft wenig ästhetischen Paarungsrituale, die die Natur hervorgebracht hat. Angelehnt an das Format eines romantischen Ratgeberformats sorgen die skurrilen Liebesgeschichten für viel Erheiterung, zeigen aber auch, wie vielfältig und unterschiedlich Fortpflanzungsstrategien jenseits menschlicher Normen sein können.
Die Offenheit, mit der diese Geschichten erzählt werden, kombiniert mit einem gewissen Slapstick-Humor, lockert die sonst meist ernsten Erklärungen über Fortpflanzung deutlich auf. Die Folge „Terrible Parents“ wiederum zeigt, wie vielschichtig die Elternschaft im Tierreich ausfallen kann – und dass es nicht immer liebevoll zugeht. Von Nachlässigkeit bis zu ausgesprochen seltsamen Verhaltensweisen wird hier eine Schattenseite der Naturforschung humorvoll in den Vordergrund gerückt. Die Tiereltern agieren in dieser Episode wie Protagonisten eines ungewöhnlichen Ratgebers, der auf humorvolle Weise verdeutlicht, dass es nicht immer perfekt läuft – was die Serie besonders nahbar und unterhaltsam macht. In „Total Grossout“ beschäftigt sich Underdogs mit den eher ekligen, oft abstoßenden Aspekten der Natur.
Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen: Schleim, Kot, bizarre Absonderungen oder ekelige Fressgewohnheiten führen zu Unterhaltung auf höchstem Niveau. Gerade diese Ehrlichkeit und der Mut zum Skurrilen unterscheiden Underdogs maßgeblich von klassischen Naturdokumentationen, bei denen solche Details zumeist ausgespart oder nur selten gestreift werden. Die letzte Folge „The Unusual Suspects“ erzählt eine richtige Tierkriminalgeschichte. Im Mittelpunkt steht ein Langschwanzmakak, der angeblich versucht, ein Team von Täuschungskünstlern zusammenzustellen – eine Art tierisches Raubzug-Kommando, das aus verschiedenen Spezialisten besteht. Diese ungewöhnliche Erzählperspektive verleiht der Serie eine narrative Tiefe, die über reine Dokumentation hinausgeht und zum Mitfiebern anregt.
Das Zusammenspiel aus faktenreicher Naturbeobachtung und erzählerischer Kreativität spiegelt den innovativen Ansatz wider, den die Produzenten Mark Linfield und Vanessa Berlowitz verfolgen. Diese beiden Köpfe hinter Underdogs sind keine Unbekannten. Sie haben jahrelange Erfahrung in der Produktion preisgekrönter Dokumentationen wie Frozen Planet oder Planet Earth vorzuweisen. Für Underdogs wollten sie sich bewusst von den gewohnten Pfaden entfernen und ein Format schaffen, das noch nicht so oft gezeigt wurde. Dabei betonen sie, dass es nicht nur um Unterhaltung geht, sondern dass auch die wissenschaftliche Genauigkeit und die natürliche Lebenswelt der Tiere respektvoll und sorgfältig dargestellt werden.
Die Dreharbeiten selbst brachten zahlreiche Herausforderungen mit sich und einige überraschende Momente. Beispielsweise mussten Aufnahmen in einer besonderen Höhle in Neuseeland realisiert werden, deren Wände durch das Glühen von Millionen schleimiger Maden geradezu fluoreszierend wirken. Oder die legendäre Szene, in der der Perlfisch buchstäblich im Anus eines Seegurkens Zuflucht sucht, eine Sequenz, die bislang noch nie gefilmt wurde. Solche spektakulären und außergewöhnlichen Aufnahmen unterstreichen den Innovationsgeist der Serie und zeigen, wie mit Mut und Kreativität neue Perspektiven in der Naturfilmszene etabliert werden können. Ein weiterer spannender Aspekt der Produktion ist das enge Zusammenwirken mit Ryan Reynolds.
Nicht nur lieferte er seine unverwechselbare Stimme und sein schauspielerisches Talent, sondern brachte sich auch kreativ ein. Seine Improvisationsgabe führte zu witzigen Kommentaren und spontanen Momenten, die der Serie eine besondere Lebendigkeit verleihen. Dabei wurden manche der humorvollen Anspielungen bewusst in der finalen Schnittfassung belassen, obwohl sie durchaus auch eine noch freiere Zuschauer-Rezeption hätten finden können. Underdogs richtet sich besonders an ein Publikum, das sich von klassischen Naturdokus langweilt oder von ihnen abgeschreckt wird. Der frische, unkonventionelle Stil verbindet lehrreiche Informationen mit humorvollen und leicht anarchischen Elementen, die sowohl jüngere Zuschauer als auch ein modernes, medienerfahrenes Publikum ansprechen.
Mit einer altersgerechten PG-13-Freigabe aufgrund von scatologischem Humor und intimen Naturaufnahmen bietet die Serie zugleich unterhaltsame Einblicke, die sowohl informativ wie auch amüsant sind. Die Resonanz seit dem Start der Serie im Juni 2025 auf National Geographic, ABC und den Streaming-Diensten Disney+ und Hulu ist vielversprechend. Nicht nur begeisterte Kritiken, sondern auch hohe Einschaltquoten und positive Zuschauermeinungen legen nahe, dass die Kombination aus wissenschaftlicher Aussagekraft, ungewöhnlicher Thematik und humorvoller Erzählweise neue Maßstäbe setzen kann. Die Produzenten sind optimistisch, dass Underdogs möglicherweise den Weg zu einer weiteren Staffel ebnet und somit das Interesse an der faszinierenden Welt „unterer Ränge“ in der Natur dauerhaft beförderten wird. Abschließend zeigt Underdogs eindrucksvoll, dass Wildtiere nicht immer im Rampenlicht stehen müssen, um spannend und sehenswert zu sein.
Die leisen Helden der Natur, die vermeintlichen Verlierer und Außenseiter, besitzen oftmals die ungewöhnlichsten Lebensgeschichten und erstaunlichsten Fähigkeiten. Die Serie lädt ein, diese Welten mit Offenheit und Humor zu entdecken und dabei über den Tellerrand vertrauter Naturdokumentationen hinauszublicken. Für Zuschauer, die Lust auf unterhaltsame, kluge und unkonventionelle Einblicke in die Tierwelt haben, ist Underdogs deshalb ein absolutes Muss.