Die französische Cognac-Industrie befindet sich derzeit in einer entscheidenden Phase, denn sie sieht sich mit wachsenden Herausforderungen auf dem chinesischen Markt konfrontiert. Angesichts drohender Anti-Dumping-Zölle von bis zu 39 Prozent haben Hersteller renommierter Marken in Frankreich vorgeschlagen, verbindliche Mindestimportpreise für den Export nach China festzulegen. Diese Maßnahme soll den Handelskonflikt entschärfen und dauerhafte Handelsbeschränkungen abwenden. Die Verhandlungen reflektieren nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern auch die zunehmende Verflechtung internationaler Politik und Handelspolitik. Der Ausgangspunkt der Auseinandersetzung sind Tariffdrohungen seitens Chinas, ausgelöst durch eine anti-dumping Untersuchung, die den französischen Cognac-Sektor ins Visier genommen hat.
Die Untersuchung stammt aus dem Jahr 2024, als China als Reaktion auf EU-Zölle im Bereich Elektromobilität Gegenmaßnahmen ergriff. Als eines der wichtigsten Exportgüter Frankreichs und Europas für den chinesischen Markt gerät Cognac damit in die Mitte eines größeren geopolitischen Handelskonflikts. Die französische Spirituosenindustrie ist stark von China abhängig, da gerade in den letzten Jahren der chinesische Markt maßgeblich zu den Exportumsätzen beitrug. Gleichzeitig steht die Branche allerdings auch unter Druck von den USA, die ebenfalls Zölle erhoben haben. Die Kombination aus sinkenden Verkäufen in mehreren Regionen und den angekündigten Zöllen macht den Erhalt des chinesischen Absatzmarktes essenziell für die wirtschaftliche Stabilität der Hersteller.
In diesem Kontext haben französische Cognac-Hersteller gemeinsam mit einer in Paris ansässigen Anwaltskanzlei namens GIDE ein Angebot ausgearbeitet, das als diplomatischer Schritt verstanden wird. Demnach sollen die Preise pro Liter Cognac in Abhängigkeit von der Reifezeit und Qualität der Spirituose definiert werden, um Preisunterbietungen auf dem chinesischen Markt zu verhindern und damit Dumpingvorwürfen zuvorzukommen. Die vorgeschlagenen Mindestpreise variieren deutlich je nach Kategorie. Für den Einstiegspremium cognac der Kategorie „Very Special“ (VS), der eine Reifezeit von mindestens zwei Jahren aufweist, liegt der Mindestpreis bei etwa 20 US-Dollar pro Liter, umgerechnet rund 145 Yuan. Für die etwas höherwertige Kategorie „Very Superior Old Pale“ (VSOP) mit mindestens vier Jahren Lagerung steigt der Preis auf etwa 178 Yuan pro Liter.
Im Bereich der hochwertigen Klassifikationen „Extra Old“ (XO), der deutlich teurer gehandelt wird, schlägt das Angebot knapp 527 Yuan vor, während die exklusivste Kategorie „Extra Extra Old“ (XXO), die Reifezeiten von 14 Jahren und mehr vorweisen kann, mit mindestens 2.126 Yuan bzw. 296 US-Dollar pro Liter kalkuliert wird. Die Wichtigkeit dieses Vorschlags liegt darin, dass ein konsistenter Mindestpreis helfen soll, den Markt zu stabilisieren und einerseits den Exporteuren Sicherheit gibt und andererseits den chinesischen Behörden die Kontrolle über Preisstrukturen erleichtert. Dadurch soll verhindert werden, dass Cognac günstiger als ein festgelegter Wert verkauft wird, wodurch mögliche Untergrabungen des Marktes und Dumping unterbunden werden könnten.
Neben den technischen Verhandlungen gab es auch politische Vermittlungen auf höchster Ebene. Die Kommunikationskanäle zwischen Frankreich und China wurden auf diplomatischer Ebene genutzt, wobei Telefonate zwischen Präsident Emmanuel Macron und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zu einer Annäherung beigetragen haben. Diese Dialoge unterstreichen die hohe Wichtigkeit, die beide Länder dem Handel und speziell der Spirituosenexportbranche beimessen. Innerhalb Frankreichs reagiert die Branche mit Zuversicht. Der Präsident des Verbandes der Wein- und Spirituosenexporteure FEVS, Gabriel Picard, bestätigte in Interviews, dass eine grundsätzliche Einigung mit chinesischen Behörden erzielt wurde.
Details zu den genauen Bedingungen der Vereinbarung wurden nicht veröffentlicht, was in Verhandlungen dieser Bedeutung üblich ist. Picard hob jedoch hervor, wie wichtig die politische Unterstützung für den Erfolg der Gespräche war. Diese Entwicklung kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, da die Frist der chinesischen Anti-Dumping-Untersuchung am 5. Juli 2025 endet. Sollte keine Einigung vorliegen, könnten die chinesischen Behörden dauerhaft hohe Zölle auferlegen, was die Exportchancen bestehender und auch neuer Cognac-Marken empfindlich beeinträchtigen würde.
Für die französische Wirtschaft wäre dies ein schwerer Rückschlag, da Cognac zusammen mit Wein und Champagner eine der prestigeträchtigsten und wirtschaftlich bedeutendsten Luxuswarenkategorien darstellt. Der Ansatz mit Mindestpreisen zeigt auch eine Tendenz in der internationalen Handelspolitik, bei der Preisvereinbarungen zunehmend als Mittel eingesetzt werden, um Handelsstreitigkeiten außergerichtlich zu lösen. Dadurch werden komplizierte Zollverfahren und langwierige Rechtsstreitigkeiten vermieden, was für alle Beteiligten kosteneffizienter und weniger belastend ist. Eine Herausforderung bleibt allerdings die Transparenz und Akzeptanz eines solchen Systems. Die Einhaltung der Mindestpreise erfordert strikte Kontrollen auf dem chinesischen Markt.
Zudem müssen französische Hersteller sicherstellen, dass sie den chinesischen Verbrauchern weiterhin attraktive Produkte anbieten können, denn der Markt wächst und die Erwartungen an Luxusspirituosen steigen. Zugleich sind Preisabsprachen in manchen Ländern unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten kritisch, sodass die rechtliche Ausgestaltung dieser Vereinbarung genau überwacht wird, um internationalen Regeln und Wettbewerbsrecht zu entsprechen. Hier sind die Beteiligten gefordert, Modelle zu entwickeln, die sowohl legitim als auch effektiv sind. Der Handel mit Cognac ist exemplarisch für die größere Dynamik des globalen Luxusgütermarkts. Produkte, die auf Qualität, Herkunft und Reifeprozesse setzen, sind besonders anfällig gegenüber Handelsbeschränkungen.
Gleichzeitig bieten sie aber auch Potenziale zur wirtschaftlichen Kooperation und diplomatischem Dialog. Die aktuellen Preisverhandlungen zeigen, wie komplex und vielschichtig moderne Handelskonflikte sind, die inzwischen jenseits von reinen Zollfragen auch Fragen des Schutzes nationaler Industrien und internationaler Standards berühren. Für deutsche Importeure, Händler und Konsumenten europäischer Spirituosen sind diese Entwicklungen ebenfalls von Interesse. Deutschland ist als Absatzmarkt eng mit prämierten französischen Weinen und Spirituosen verbunden. Eine Stabilisierung der Handelsbedingungen zwischen Europa und China bei Cognac hat auch indirekte Auswirkungen auf Preisgestaltung und Verfügbarkeit in anderen Märkten.
Insgesamt ist die Strategie der französischen Cognac-Hersteller, durch verbindliche Mindestimportpreise die Tarifbedrohungen zu entschärfen, ein Beispiel für pragmatisches wirtschaftliches Handeln in einer zunehmend komplexen globalen Handelswelt. Das Ergebnis der Verhandlungen wird weitreichende Auswirkungen nicht nur für die Spirituosenbranche haben, sondern auch als Fallstudie für ähnliche Konflikte und Handelsgespräche dienen. Die nahe Zukunft wird zeigen, ob sich der vorgeschlagene Kompromiss durchsetzt und wie sich dies langfristig auf den chinesischen Cognac-Markt sowie den globalen Handel mit Luxusspirituosen auswirken wird. Die Aufmerksamkeit bleibt hoch, denn die Cognac-Industrie ist nicht nur ein Wirtschaftszweig, sondern auch ein kulturelles Symbol französischer Handwerkskunst und internationales Qualitätssiegel zugleich.