Singapur gilt seit Jahren als eine der führenden Finanzmetropolen Asiens und hat sich lange Zeit als attraktiver Standort für Krypto-Unternehmen positioniert. Der Stadtstaat bot mit seiner modernen Infrastruktur, einem starken rechtlichen Rahmen und vergleichsweise klaren Regulierungen eine verlässliche Basis für Anbieter digitaler Vermögenswerte. Doch jüngste behördliche Maßnahmen zeigen klar, dass Singapur seine tolerante Haltung gegenüber unregulierten Krypto-Aktivitäten beendet hat und mit Nachdruck die Einhaltung von Lizenzanforderungen durchsetzt. Dabei wird deutlich, dass diese Entwicklung kein singuläres Ereignis ist, sondern Teil eines globalen Trends, bei dem verschiedene Jurisdiktionen ihre Aufsicht verschärfen. Für viele der von Singapur vertriebenen Firmen bedeutet dies, dass selbst andere vermeintlich krypto-freundliche Regionen keine sicheren Häfen mehr bieten.
Die Zeiten, in denen Unternehmen von einer lockeren Regulierung profitieren und sich durch Standortwechsel unter dem Radar bewegen konnten, sind vorbei. Die jüngste Vorgabe der Monetary Authority of Singapore (MAS) zum 30. Mai 2025, die unlizenzierte Krypto-Anbieter auffordert, keine Kunden im Ausland mehr zu bedienen oder eine Lizenz zu erwerben, war für viele überraschend. Dennoch handelt es sich um den Abschluss einer klar kommunizierten Regulierungsstrategie, die seit 2022 in mehreren Phasen umgesetzt wurde. Die MAS hat stets betont, dass digitale Vermögensdienste, die von Singapur aus international tätig sind, lizenziert sein müssen.
Diese Regelung soll sicherstellen, dass die Branche den globalen Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entspricht. Unternehmen, die bisher vorwiegend aus Singapur heraus operierten, aber nur wenige oder keine lokal ansässigen Kunden bedienten, können damit nicht länger auf eine Ausnahmeregelung hoffen. Singapur war aufgrund seiner überschaubaren Einwohnerzahl und der vergleichsweise strengen Lizenzvorgaben im Payment Services Act (PSA) ein besonders beliebter Ort für sogenannte Lizenzarbitrage. Krypto-Firmen haben oft versucht, nationale Vorschriften zu umgehen, indem sie überwiegend Kunden im Ausland bedienten, um die strenge Regulierung für inländische Kunden zu umgehen. Mit der verschärften Durchsetzung der Lizenzpflicht werden solche Schlupflöcher nun geschlossen.
Die konsequente Auflage des FSMA (Financial Services and Markets Act) bestätigt, dass es keine Ausnahmen mehr für Firmen gibt, die digitale Token-Dienstleistungen über Singapur hinweg anbieten. Diese Entwicklung trifft viele Unternehmen, die sich in einer Art Zwischenphase befinden. Sie müssen schnell entscheiden, ob sie in Singapur die erforderlichen Lizenzen beantragen und damit einen erhöhten regulatorischen Aufwand betreiben oder auswandern. Doch die Suche nach einem neuen „sicheren Hafen“ gestaltet sich als äußerst schwierig. Länder, die früher als freundlich gegenüber Krypto galten, verschieben ebenfalls ihre Regulierungslinien.
Thailand hat beispielsweise kürzlich mehrere Krypto-Börsen aus dem Land verwiesen und setzt strenge Auflagen hinsichtlich Lizenzierungen und Geldwäscheprüfung durch. Die Philippinen verlangen seit Kurzem, dass alle lizenzierten Krypto-Firmen ein physisches Büro auf dem Staatsgebiet unterhalten müssen. Neue Vorschriften und die strikte Überwachung von Geschäftsmodellen sind dort die neue Norm. Hongkong wird oft als eine vielversprechende Alternative zu Singapur ins Gespräch gebracht. Die Sonderverwaltungszone hat sich in den letzten Jahren bemüht, ein Krypto-Hub in der Region zu etablieren.
Mehrere große Player, unter ihnen auch Bybit, ein Anbieter, der zuletzt in Thailand mit Regulierungsschwierigkeiten zu kämpfen hatte, streben nun offensichtlich eine Lizenzierung in Hongkong an. Allerdings ist auch Hongkong kein Paradies für unregulierte Firmen. Dort wurden bereits im Jahr 2024 sämtliche unlizenzierte Krypto-Börsen zum Marktaustritt aufgefordert. Die Zulassungsvoraussetzungen sind streng, und bis Juni 2025 wurden nur eine geringe Anzahl von Lizenzen erteilt. Die Illusion, dass sich Krypto-Firmen mit einem einfachen Standortwechsel dauerhaft der Regulierung entziehen können, schwächt sich weiter ab.
Investoren und Betreiber erkennen, dass „Krypto-Hubs“ meistens mit rigorosen, aber transparenten Regulierungsrahmen einhergehen, welche langfristig Rechtssicherheit bieten sollen. In der Praxis heißt das, dass die Zeiten des „Wildwest-Krypto-Marktes“ in vielen Teilen der Welt vorbei sind. Für Unternehmen, die sich bisher auf die Schlupflöcher und milderen Kontrollen verlassen haben, wird es zunehmend schwieriger, nachhaltige Geschäftsmodelle aufzubauen. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt in diesem globalen Regulierungswandel ist die Rolle internationaler Gremien wie der Financial Action Task Force (FATF). Singapur ist als Mitglied der FATF verpflichtet, die sogenannten Travel Rule und Anti-Money Laundering (AML) Standards konsequent umzusetzen.
Hintergrund ist die Verhinderung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und der Umgehung von Sanktionen. Länder, die fatale regulatorische Defizite aufweisen, riskieren, auf die sogenannte FATF-Graue Liste gesetzt zu werden. Das kann erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen haben, wie am Beispiel von Pakistan in den letzten Jahren deutlich wurde. Auch viele andere wichtige Finanzzentren, darunter die Europäische Union mit ihrer MiCA-Verordnung, das Vereinigte Königreich, Südkorea und Japan, haben ihre Gesetzgebung im Bereich digitaler Vermögenswerte verschärft. Mit dem gemeinsamen Ziel einer stärkeren Compliance wächst der Druck auf die Kryptobranche weltweit, Transparenz zu schaffen und Risiken zu minimieren.
Regionen wie Dubai versuchten zwar in der Vergangenheit, durch lockere Regeln zu punkten, doch auch dort gelten inzwischen verschärfte AML-Vorschriften mit klaren Fristen für die Einhaltung. Die jüngste Entfernung Dubais von der FATF-Grauen Liste zeigt, dass solche Jurisdiktionen alles daran setzen, die internationalen Standards einzuhalten, um nicht erneut sanktioniert zu werden. Die Konsequenz für die Branche ist die Erkenntnis, dass ein Verlassen Singapurs nicht automatisch ein neues Kapitel an leichtfertiger Regulierung bedeutet. Es herrscht vielmehr ein globaler Konsens, der eine einheitlich hohe Compliance fordert. Für Krypto-Firmen, die auf kurzfristigen Gewinn durch nicht konforme Praktiken setzen, wird der Raum immer enger.
Diejenigen, die sich langfristig am Markt behaupten wollen, müssen sich auf diesen regulatorischen Wandel einstellen und ihre Geschäftsmodelle anpassen. Auch in Singapur selbst wird die Position als globales Finanzzentrum nicht durch eine reine Krypto-Freundlichkeit definiert, sondern durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Innovation und Regulierung. Die jüngsten Maßnahmen signalisieren, dass die Geldwäscherei und Terrorfinanzierung im digitalen Finanzbereich keinen Platz mehr haben. Stattdessen soll der Blockchain-Sektor etablierten Standards folgen, um das Vertrauen von Investoren, Verbrauchern und Institutionen zu stärken. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ära der regulatorischen Freizügigkeit für Krypto-Unternehmen in Singapur und anderswo zu Ende geht.
Die globalen Märkte setzen verstärkt auf eine klare und durchsetzbare Lizenzierung, um Risiken zu minimieren und die Branche nachhaltig zu gestalten. Singapur nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein, die sich in den kommenden Jahren wohl kaum rückgängig machen lässt. Ausweichmöglichkeiten für aussortierte Krypto-Firmen schrumpfen dramatisch, da auch andere wichtige Jurisdiktionen ihre regulatorischen Rahmenbedingungen verschärfen. Für die Krypto-Branche bedeutet dies letztlich eine Phase der Konsolidierung, bei der regulatorische Compliance und nachhaltige Geschäftspraktiken zur Grundlage für den Erfolg werden.