Die fortschreitende Digitalisierung des Finanzmarktes und die zunehmende Bedeutung von Blockchain-Technologien haben den US-amerikanischen Regulierungsbehörden in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Herausforderungen gebracht. Insbesondere die Securities and Exchange Commission (SEC) steht im Fokus, wenn es um die Regulierung von Kryptowährungen und tokenisierten Wertpapieren geht. Am 8. Mai 2025 kündigte SEC-Kommissarin Hester Peirce, bekannt als "Crypto Mom" aufgrund ihrer offenen Haltung gegenüber Blockchain und digitalen Assets, eine potenzielle Regulierungsausnahme an, die den Handel mit tokenisierten Wertpapieren auf Distributed-Ledger-Technologie (DLT) vereinfachen soll. Diese Maßnahme könnte den Weg für deutlich mehr Innovation im US-Finanzmarkt ebnen.
Die SEC überprüft einen Entwurf, der es qualifizierten Firmen erlauben würde, Wertpapiere unter einer spezialisierten Genehmigung über DLT zu handeln, zu verwahren und abzuwickeln, ohne sich dabei den traditionellen, oft komplexen Regulierungsverfahren unterwerfen zu müssen. Damit wird versucht, die bestehenden Regulierungsrahmen wie die Regulation National Market System (Reg NMS) an moderne technologische Entwicklungen anzupassen. Derzeit stellt die Anforderung, als Makler-Händler, Clearingstelle oder Börse registriert zu sein, eine erhebliche Hürde für Unternehmen dar, die marktmechanische Innovationen und automatisierte Handelsmodelle auf Basis der Blockchain-Technologie entwickeln wollen. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist mit teils umfangreichen Kosten und langwierigen Prozesszeiten verbunden. Dies hat dazu geführt, dass viele Firmen zögern, in den Bereich tokenisierter Wertpapiere einzusteigen.
„Exemptive relief“ könnte diese Problematik in Angriff nehmen, indem sie einen rechtlichen Rahmen schafft, der einerseits auf Transparenz, Verantwortlichkeit und Anlegerschutz basiert, andererseits aber flexibler und technologieoffener gestaltet ist. Peirce betonte, dass die Vorgaben für Unternehmen, die von der Regulierungsausnahme profitieren, streng sein würden. Dies umfasst unter anderem die Offenlegung der Funktionsweise ihrer Plattformen, Details zu Wallet- und Verwahrungslösungen sowie eine klare Darlegung der spezifischen Blockchain-Risiken. Außerdem stünde eine intensive Aufsicht durch die SEC im Raum, mit Anforderungen an die Kapitalausstattung, um die Stabilität und Zuverlässigkeit der Services zu gewährleisten. Auch der Schutz vor Marktmanipulation und Betrug sei ein zentrales Anliegen.
Die geplanten Maßnahmen sollen unter anderem verpflichtende Kundenhinweise beinhalten und Monitoring-Systeme zur Früherkennung von Unregelmäßigkeiten. Die Entwicklung dieses Ausnahmerechts befindet sich noch im Anfangsstadium. Peirce lud Marktteilnehmer und weitere Interessengruppen ein, Feedback zu geben und aktiv an der Ausgestaltung mitzuwirken, damit ein praktikabler und zugleich sicherer Rahmen für den Handel mit tokenisierten Wertpapieren geschaffen werden kann. Aus regulatorischer Sicht könnte das Vorhaben ein entscheidender Schritt sein, um die Kluft zwischen traditionellem Finanzwesen (TradFi) und der zunehmenden Dezentralisierung durch Blockchain zu überbrücken. Bisherige Regulierungen sind oftmals nicht für die spezifischen Merkmale von DLT und Tokenisierung ausgelegt und verhindern dadurch die optimale Nutzung dieser Technologien im Wertpapierhandel.
Neben der Compliance-Erleichterung könnte die Maßnahme auch den Wettbewerb beleben und neuen Geschäftsmodellen Raum geben, die das Potenzial haben, Effizienzgewinne bei der Abwicklung von Wertpapiertransaktionen zu erzielen. Die Tokenisierung von Wertpapieren bietet zahlreiche Vorteile: Sie ermöglicht sofortige Liquidität, vereinfacht die Abwicklung von Eigentumsübergängen und kann die Kostenstrukturen gegenüber traditionellen Systemen signifikant verbessern. Allerdings haben Regulierungsunsicherheiten bislang das Wachstum in diesem Sektor deutlich gedämpft. Vor dem Hintergrund der aktuellen Marktentwicklungen und insbesondere dem zunehmenden Interesse großer Finanzakteure an Blockchain und digitalen Assets erscheint die Initiative der SEC als Antwort auf die Marktdynamik und technologische Innovation. So investieren globale Investoren und institutionelle Fonds verstärkt in tokenisierte Vermögenswerte und digitale Wertpapiere.
Die fehlende Klarheit im regulatorischen Umfeld wurde vielfach als Hemmnis genannt. Die angestrebte Ausnahme könnte daher nicht nur die Marktzugänge vereinfachen, sondern auch das Vertrauen in den US-amerikanischen Markt stärken. Der Schritt ist auch im Kontext der internationalen Regulierungssituation von Interesse, da andere Jurisdiktionen bereits weitergehende Regelungen für tokenisierte Wertpapiere eingeführt haben. Der globale Wettbewerb um Innovationsführerschaft im Krypto- und Blockchain-Bereich fordert die US-Regulierungsbehörden dazu heraus, zeitgemäße und wettbewerbsfähige Frameworks zu schaffen. Trotz der optimistischen Perspektiven bleibt die Balance zwischen Innovationsförderung und Anlegerschutz schwierig.
Die SEC will keine Tür zu potenziellen Risiken wie Betrug, Marktmanipulation oder technischer Anfälligkeit öffnen. Die verfolgte Ausnahme soll daher nur unter strikten Auflagen gewährt werden, die hohe Transparenz und Sicherheit garantieren. Zusammenfassend steht die geplante Ausnahmeordnung der SEC für einen bedeutenden Vorstoß in die Zukunft der Wertpapierregulierung. Durch die Anpassung der Gesetzgebung an die technischen Gegebenheiten von Distributed Ledgern könnten Unternehmen und Investoren in den USA künftig von vereinfachten Prozessen, höherer Effizienz und mehr Marktinnovationen profitieren. Gleichzeitig soll ein wirksamer Schutz für alle Teilnehmer gewährleistet bleiben.
Die kommenden Monate werden zeigen, wie sich die Industrie, Regulierungsbehörden und weitere Stakeholder gemeinsam auf einen neuen Standard für tokenisierte Wertpapiere einigen können. Die Initiative verdeutlicht die Dynamik und das Potenzial, das in der Verschmelzung von traditionellem Finanzwesen und Blockchain-Technologie steckt und wie wichtig es ist, regulatorische Rahmenbedingungen nicht als Hemmnis, sondern als Chance zu begreifen.