Charles Bukowski und William S. Burroughs gehören zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts, deren Werke nicht nur literarisch, sondern auch kulturell großen Einfluss hatten. Obwohl beide Autoren unterschiedliche Stilrichtungen und Herangehensweisen aufweisen, verbindet sie ihr Erbe als Ikonen der Gegenkultur. Interessanterweise trat in den späten Lebensjahren beider Schriftsteller das Thema Computers ein, das für die Literatur im digitalen Zeitalter eine neue Dimension eröffnete.
Diese Begegnung mit moderner Technologie war jedoch ganz unterschiedlich geprägt und vermittelt spannende Einblicke in die Beziehung von Literatur und Technik. Charles Bukowski war bekannt für seine raue, einfache Sprache und seine unmittelbare Darstellung des Alltags. Mit einem Satz, der wohl immer noch Erinnerungen an die traditionelle Schreibweise weckt, übernahm er in den frühen 90er Jahren den Macintosh IIsi von Apple als Arbeitsmittel. Surprising für viele, zeigte Bukowski trotz seines Alters eine bemerkenswerte Offenheit gegenüber dem Computer. Das Gerät, ausgestattet mit dem Betriebssystem 6.
0.7 und Programmen wie MacWrite II, bot ihm eine neue Plattform, die seinen poetischen Output deutlich steigerte. Bereits wenige Wochen nach dem Start konnte er seine Produktivität verdoppeln und neue Werke schneller produzieren als zuvor. Seine Begeisterung erstreckte sich nicht nur auf die Technik an sich, sondern auch auf die durch den Computer erreichte Flexibilität, die das Schreiben erleichterte, korrigierbar machte und visuell ansprechender gestaltete. Bukowskis Einsatz des Computers war jedoch kein typischer Gebrauch.
Er nutzte die Maschine im Grunde wie eine moderne Schreibmaschine, schätzte aber die intuitiven Möglichkeiten wie das Editieren, das Formatieren und die Rechtschreibprüfung, die klassische Geräte nicht bieten konnten. Seine frühe Skepsis gegenüber dem potenziellen Verlust der Seele beim Schreiben am Computer wich schnell der Bewunderung für die beschleunigte Kreation. Auch wenn er nostalgisch gegenüber dem gedruckten Buch blieb, erkannte Bukowski die veränderte Rolle des Autors in einer digitalen Welt an und unterstützte Neuerungen wie elektronische Bücher in Briefwechseln mit Freunden und Verlegern. Sein Verhältnis zur Technik war dabei keineswegs oberflächlich. Er belegte Computerkurse, eignete sich die Funktionsweise an, entwickelte Strategien, wie er mit Abstürzen umgehen konnte, und reflektierte im Nachhinein die Auswirkungen der Computerarbeit auf seine stilistische Entwicklung.
Er verband die Leichtigkeit der digitalen Bearbeitung mit seinem Weg zu einer einfacheren, prägnanteren Lyrik, die sich in kürzeren Zeilen und direkterem Ausdruck manifestierte. Sein Schreiben am Bildschirm fühlte sich für ihn lebendiger und unmittelbarer an, was im Gegensatz zu den typischen Vorstellungen steht, dass digitale Werkzeuge Kunst verwässern. Auf der anderen Seite steht William S. Burroughs, dessen Zugang zur Computertechnologie ganz anders aussah. Burroughs, der viel experimenteller und avantgardistischer als Bukowski war, zeigte in den 60er Jahren ein Interesse an den Möglichkeiten der Computerdichtung und experimentellen Medien.
Doch obwohl die Ära der Personal Computer aufkam, nutzte Burroughs diese nicht aktiv in seinem kreativen Prozess. Seine Werke entstanden weiterhin vor allem handschriftlich oder mit der Schreibmaschine. Dabei kann man sich von seiner Faszination für das haptische, materielle Element des Schreibens leiten lassen, das für ihn eine Nähe zur Schöpfung garantierte. In Interviews bekannte sich Burroughs als technisch wenig versiert und äußerte, dass ihn komplexe Geräte eher abschreckten, da die Einarbeitung zu viel Aufwand bedeutete. Die Gründe für diese Distanz zur Digitaltechnik gehen jedoch tiefer als bloße Technikscheu.
Burroughs sah im physischen Akt des Schreibens und der Verarbeitung – seien es das Schneiden und Zusammensetzen von Texten mittels Schere und Klebstoff oder das Malen als künstlerische Erweiterung – eine Form der unmittelbaren kreativ-taktile Verbindung. Der leere Bildschirm eines Computers bot dagegen eine gewisse Abstraktion, die ihm nicht zusagte. Seine Neigung zu nostalgischen, fast archaischen Ausdrucksformen zeigte sich auch in seiner Wertschätzung für klassische Printmedien und das gedruckte Wort als greifbare Objekte. Zugleich gab es jedoch Momente, in denen Burroughs das Potenzial digitaler Texte ins Auge fasste. Er fand Anschluss an frühe Experimente mit »hypertextueller« Literatur – also Texten, die an unterschiedlichen Stellen verlinkt sein können und so neue Lesarten ermöglichen.
Burroughs’ Werk, insbesondere die Struktur von "Naked Lunch" und seiner Idee der "Composite City" oder "Interzone", lädt zum Vergleich mit modernen Konzepten der Vernetzung und Informationsarchitektur ein. Gerade die offene und nicht-lineare Natur seiner literarischen Landschaften scheint der Idee des Internets und digitaler Archive vorauszueilen. Dennoch blieb die tatsächliche Implementierung solcher Nähe zum Computer bei ihm aus, was möglicherweise auch mit dem Fehlen echter Kooperationen mit technischen Experten zusammenhing. Die Rolle des britischen Informatikers Ian Sommerville, der eng mit Burroughs zusammenarbeitete und maßgeblich an dessen multimedialen und technischen Experimenten beteiligt war, zeigte, dass Burroughs zwar Interesse an innovativen Medien hatte, jedoch nie ganz selbstständig in die digitalen Realitäten eintauchte. Die Idee, was Burroughs mit einem Sommerville-Kollaborateur in Zeiten des Internets hätte erschaffen können, wird in verschiedenen literarischen Zirkeln immer noch lebhaft diskutiert.
Der Umgang mit Computern durch Bukowski und Burroughs ist somit nicht nur eine Frage der technischen Kompetenz oder des Alters, sondern spiegelt grundsätzliche Auffassungen über die Rolle von Technologie im kreativen Prozess wider. Für Bukowski war der Computer eine Befreiung, ein Mittel, um schneller, klarer und effizienter zu arbeiten, trotz anfänglicher Skepsis. Für Burroughs hingegen blieb die Verbindung zur materiellen Welt der Objekte zentral, und das digitale Medium blieb ein Fremdkörper, der seine ästhetischen und kreativen Bedürfnisse nicht erfüllte. Aus archiv- und bibliothekarischer Sicht werfen die digitalen Aspekte von Bukowskis Schaffen spannende Fragen auf über die Erhaltung born-digitaler Materialien. Buchprojektarchive, insbesondere die des Literaturwissenschaftlers Jed Birmingham, haben gezeigt, wie wichtig das Verständnis für alte Computersysteme wie den Macintosh IIsi mit Betriebssystem 6.
0.7 und MacWrite II ist, um das Werk von Bukowski in dieser Phase zu verstehen. Archivare stehen vor der Herausforderung, Daten zugänglich und lesbar zu halten, gerade im Kontext rasch veraltender Dateiformate und Hardwares. Das betrifft auch heute noch zunehmend Autorenarchive, die in den letzten Jahrzehnten stark digital geprägt wurden. Burroughs’ Archiv wiederum reflektiert eine andere Epoche und Praxis, mit umfangreichen Hologrammen, Handschriften und Drucksachen als Kern seiner hinterlassenen Schriften.
Daraus ergibt sich die Frage, ob sich bei späteren Autorenkombinationen digitaler Materialien das Archivwesen stärker verändern muss, um den komplexen Anforderungen des digitalen Zeitalters gerecht zu werden. Die Ganzthematik von Bukowski, Burroughs und dem Computer beleuchtet somit eine Schnittstelle, die weit über die reine Technik hinausgeht: Es geht um künstlerische Haltung, kulturellen Wandel und die Neudefinition des Autors und des literarischen Werkes im Zeitalter digitaler Medien. Sie zeigt, wie alte und neue Welten aufeinandertreffen und welche Chancen, aber auch Risiken in der Digitalisierung von Literatur stecken. Aus heutiger Sicht stellt sich zudem die Frage, wie neuere Generationen von Autoren mit digitalen Geräten umgehen und wie sich das Erbe von Figuren wie Bukowski oder Burroughs in einer Welt entfaltet, in der Schreiben längst ein hybrides Medium zwischen Bildschirm, Netz und gedrucktem Buch ist. Die Entwicklung geht weiter, und das Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Innovation bleibt ein zentrales Element im kreativen Prozess.
Somit ist die Geschichte von Bukowski und Burroughs in Verbindung mit dem Computer nicht nur eine historische Fußnote, sondern ein Tor zu einem größeren Verständnis über das Wesen des Schreibens in unserer Zeit. Sie lehrt, dass Technologie weder Fluch noch Segen an sich ist, sondern stets vom Individuum, seiner Haltung und seinem kreativen Ausdruck abhängt. Die Offenheit Bukowskis und die reflektierte Skepsis Burroughs geben literarischen und technologischen Dialogen somit eine spannende, mehrdimensionale Gestalt, die auch in Zukunft inspirieren wird.