Ethereum, die weltweit führende Blockchain für dezentrale Anwendungen und Smart Contracts, steht kurz vor einer potenziellen Revolution in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit. Dank eines kürzlich von Ethereum Foundation Forscher Dankrad Feist eingebrachten Verbesserungsvorschlags, bekannt als Ethereum Improvement Proposal (EIP) 9698, könnte das Mainnet in naher Zukunft bis zu 2.000 Transaktionen pro Sekunde (TPS) verarbeiten. Diese Entwicklung markiert einen bedeutenden Schritt vorwärts und könnte Ethereum dazu verhelfen, seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Hochdurchsatz-Blockchains wie Solana entscheidend zu verbessern.Der Begriff TPS – Transaktionen pro Sekunde – wird häufig verwendet, um die Skalierbarkeit und Effizienz von Blockchain-Netzwerken zu beurteilen.
Bis heute liegt die TPS-Kapazität von Ethereum während einfacher Transaktionen bei rund 20, was den starken Nutzen von Layer-2-Lösungen erklärt, die darauf abzielen, diese Beschränkungen zu umgehen. Solche Skalierungslösungen transformieren Transaktionsdaten außerhalb der Haupt-Blockchain und entlasten so das Ethereum-Hauptnetzwerk. Obwohl diese Layer-2-Ansätze effektiv sind, führen sie auch zu einer Fragmentierung des Ökosystems und erschweren die Interoperabilität und Benutzererfahrung. Daher verfolgt Ethereum mit EIP-9698 einen Weg, der die Layer-1-Kapazität direkt adressiert und massiv ausbauen soll.EIP-9698 schlägt eine sogenannte "deterministische Gaslimit-Wachstumsplanung" vor, die ab dem 1.
Juni 2025 bei Epoche 369017 starten soll. Das Konzept sieht eine 100-fache Erhöhung des Gaslimits innerhalb von ungefähr zwei Jahren vor. Gas ist in Ethereum die Abrechnungseinheit für Rechenoperationen, und das Gaslimit gibt die maximale Menge an Gas an, die pro Block verwendet werden darf. Aktuell liegt das Gaslimit bei rund 36 Millionen, und nach der Umsetzung von EIP-9698 könnte es auf erstaunliche 3,6 Milliarden ansteigen, was einer Verarbeitung von bis zu 6.000 Transaktionen pro Block entspricht.
Im Vergleich zur jetzigen Kapazität wäre das eine enorme Verbesserung.Dankrads Ansatz adressiert damit das Kernproblem der Skalierung auf Konsensebene. Statt abrupt und unkontrolliert die Gaslimits zu erhöhen, sieht sein Vorschlag eine schrittweise, automatisch anpassbare Steigerung vor. Die Umsetzung erfolgt über mehrere tausend Epoche, also über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren, wobei zunächst eine Verzehnfachung des Gaslimits erfolgt. Anschließend folgt eine weitere Verzehnfachung, um die 100-fache Erhöhung zu erreichen.
Diese langsam verlaufende Steigerung würde Netzwerk-Teilnehmern, insbesondere Knotenbetreibern, ausreichend Zeit geben, ihre Infrastruktur entsprechend aufzurüsten und sich an die steigenden Anforderungen anzupassen.Die Skalierungsstrategie verfolgt nicht alleine das Ziel, die TPS-Zahlen zu verbessern, sondern auch die Transparenz und Nachhaltigkeit der Netzwerkerweiterung zu gewährleisten. Die kontrollierte Gaslimit-Erhöhung hat den Vorteil, mögliche technische Probleme wie längere Blockausbreitungszeiten und Netzbelastungen als Folge von „Under-Optimized“-Knoten frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen entwickeln zu können. Dies ist zentral, um die Netzwerkintegrität und Verfügbarkeit nicht zu gefährden und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit fundamental zu erhöhen.Ein direkter Effekt einer größeren Gaslimitkapazität wäre die Reduzierung von Transaktionsstaus und eine erhebliche Senkung der Transaktionsgebühren, die über das Netzwerk bezahlt werden müssen.
Gerade in Spitzenzeiten, wenn viele Benutzer gleichzeitig Transaktionen durchführen wollen, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu extrem hohen Gaspreisen, die kleinere Nutzer und Entwickler abschreckten. Mit der Möglichkeit, deutlich mehr Transaktionen pro Block abzuwickeln, entlastet Ethereum das Netzwerk basierend auf nativer Schicht-1-Kapazität.Der Vorschlag von EIP-9698 reiht sich zudem in die strategischen Bemühungen der Ethereum-Entwicklergemeinschaft ein, die sowohl Layer-2-Lösungen als auch Layer-1-Verbesserungen vorantreibt. Neben EIP-9698 stehen weitere bedeutende Upgrades in der Pipeline. Dazu gehört das Fusaka-Hardfork, bei dem unter EIP-9678 ein vierfaches Gaslimit eingeführt werden könnte.
Die Fusaka-Implementierung wird als Vorbote der größeren Änderungen verstanden, die in den kommenden Jahren Ethereum stärker skalieren sollen. Bereits früher im Mai 2025 wird das Pectra-Upgrade erwartet, das weitere Optimierungen und Anpassungen enthalten wird.Die Reaktion der Community auf EIP-9698 ist gemischt. Während viele Entwickler und Anleger die Perspektive einer signifikanten Verbesserung der Skalierbarkeit begrüßen, mahnen einige Experten dazu, die Umsetzbarkeit und langfristigen Konsequenzen kritisch zu überprüfen. Der rasche Anstieg des Gaslimits könnte mitunter dazu führen, dass schwächere oder weniger optimierte Knoten Schwierigkeiten haben, Schritt zu halten.
Dies wiederum könnte die Dezentralisierung über Zeit gefährden, da nur noch Betreiber mit leistungsfähiger Hardware teilnehmen könnten. Der Vorschlag berücksichtigt diesen Punkt mit der graduellen Einführung, die Anpassungsphasen erlaubt; dennoch bleibt dies eine Herausforderung.Zur Einordnung der potenziellen Leistungssteigerung: Der direkte Wettbewerber Solana bietet zwar in Spitzenzeiten bis zu 1.050 TPS an, theoretisch aber eine maximale Kapazität von bis zu 65.000 TPS.
Ethereum ist damit in jedem Fall auf dem besten Weg, zumindest die unmittelbare Wettbewerbsfähigkeit für beliebte DApps und Smart Contracts deutlich zu erhöhen und den Einstieg in das Hochdurchsatz-Segment zu schaffen. Somit könnte sich die Ethereum-Plattform langfristig als noch vielseitigeres Ökosystem etablieren.Ein interessantes Zusatzthema im Kontext der Skalierung und zukünftiger Anwendungsmöglichkeiten ist die Rolle von Ethereum im Bereich künstlicher Intelligenz (KI). Laut dem ehemaligen Entwickler Eric Conner hat Ethereum das Potenzial, einige Hauptprobleme der KI, wie Zentralisierung, intransparente Algorithmen und Datenschutzrisiken, zu lösen. Die Integration von Blockchain-Technologie und AI-Lösungen könnte neue, vertrauenswürdige und dezentrale Anwendungsfälle ermöglichen und Ethereum somit nicht nur als Finanzinfrastruktur, sondern auch als integralen Bestandteil technologischer Zukunftsfelder positionieren.
Neben dem technologischen Fortschritt gibt es in der Ethereum-Community weiterhin kritische Stimmen, die auf ökonomische Herausforderungen hinweisen. So wurde der Trend zur starken Nutzung von Layer-2-Lösungen von einigen Beobachtern als Wertabschöpfung vom Basisschichtprotokoll angesehen, bei der Layer-2-Netzwerke Einnahmen generieren, jedoch wenig Wert an das Ethereum-Mainnet zurückgeben. Zudem wird die tokenökonomische Situation hinterfragt, da eine Vielzahl von Token auf Ethereum entstanden ist, die den Wert von ETH teilweise kanibalisieren könnten.Trotz der Kontroversen steht fest, dass Ethereum weiter investiert und in seine Basisinfrastruktur reinvestiert, um die Vision einer weltweit verteilten, leistungsfähigen und sicheren Blockchain-Plattform aufrechtzuerhalten. EIP-9698 ist ein klares Signal dafür, dass sich das Ethereum-Ökosystem nicht auf Layer-2-Eskalationsstrategien allein verlässt, sondern seinen Kern – die Layer-1-Blockchain – substantiv erweitern und für zukünftige Herausforderungen stärken möchte.
Für Entwickler, Unternehmen und Nutzer in der Ethereum-Community bedeuten die geplanten Veränderungen zugleich Chancen und Herausforderungen. Die erhöhte Kapazität ermöglicht komplexere Anwendungen, Echtzeit-Interaktionen und eine bessere Nutzererfahrung, gleichzeitig aber auch die Notwendigkeit, nodebetrieblichen sowie infrastrukturellen Aufwand anzupassen und zu skalieren. Hier werden neue Lösungen, Hardware-Optimierungen und Netzwerkverbesserungen eine entscheidende Rolle spielen.Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der neue Ethereum-Gaslimit-Vorschlag eine bemerkenswerte Entwicklung in der Blockchain-Branche darstellt. Durch die Erhöhung auf bis zu 2.
000 TPS könnte Ethereum seinen Vorsprung als vielseitigste und meistgenutzte Smart-Contract-Plattform ausbauen und gleichzeitig die Basis für eine noch größere Anzahl von Anwendungen schaffen. Die bevorstehenden Upgrades eröffnen Perspektiven für mehr Dezentralisierung, höhere Skalierbarkeit und nachhaltiges Wachstum. Die Blockchain-Gemeinschaft wird gespannt verfolgen, wie Ethereum diese nächsten Schritte meistern wird und welche neuen Möglichkeiten sich dadurch ergeben können.