Die Finanzaufsichtsbehörde des Vereinigten Königreichs (FCA) hat am 11. März 2024 eine wegweisende Stellungnahme veröffentlicht, mit der sie ihre Haltung gegenüber kryptoasset-gestützten Exchange Traded Notes (cETNs) deutlich modifiziert hat. Während die FCA bisher den Verkauf und das Angebot von kryptoassetbezogenen ETNs und Derivaten an Privatanleger verboten hatte, zeigt sich die Behörde nun bereit, Listenanträge von anerkannten Börsen für kryptoasset-gestützte ETNs zu akzeptieren. Dieses Vorgehen markiert einen bedeutenden Schritt in der Entwicklung von regulierten Kryptoprodukten auf dem britischen Markt, allerdings bleibt der Schutz für Privatanleger weiterhin im Fokus. Die Neuerungen betreffen ausschließlich professionelle Investoren wie Investmentfirmen und Kreditinstitute, die im Finanzmarkt aktiv und entsprechend autorisiert oder reguliert sind.
Ein Rückblick ist hilfreich, um die Bedeutung dieser Anpassung zu verstehen. Die FCA hatte bereits Anfang 2020 eine strikte Verbotsregelung für den Vertrieb von Krypto-Derivaten und ETNs, die sich auf bestimmte Arten von Kryptoassets beziehen, an Privatanleger eingeführt. Das Ziel war es, diese riskanten Produkte von unerfahrenen Konsumenten fernzuhalten und somit vor erheblichen finanziellen Verlusten zu schützen. Exchange Traded Notes sind Schuldverschreibungen, die den Kurs eines zugrundeliegenden Assets abbilden und über eine zentrale Marktinstanz gehandelt werden. Die FCA führt das Verbot bis heute als Teil der Regelwerke im Rahmen des Conduct of Business Sourcebook (COBS) weiter.
Die Entscheidung von 2024 ist daher keine völlige Aufhebung, sondern eine differenzierte Öffnung für institutionelle Investoren und Handelsplätze. Die Behörde begründet ihre neue Position damit, dass sich seit Einführung des Verbots ein höherer Einblick und eine längere Handelshistorie ergeben haben. Solche Erkenntnisse ermöglichen es Börsen und professionellen Marktteilnehmern besser einzuschätzen, wie hoch die Risiken von cETNs sind und ob diese zu ihrem Risikoprofil passen. Dennoch unterstreicht die FCA, dass Kryptoassets nach wie vor ein hohes Risiko bergen und aktuell weitgehend unreguliert sind. Investoren, die sich für diesen Markt entscheiden, sollten auf den Totalverlust ihrer Investments vorbereitet sein.
Von besonderer Bedeutung ist die damit einhergehende Rolle der anerkannten Investmentbörsen (Recognised Investment Exchanges, RIEs). Für die Zulassung von kryptoasset-gestützten ETNs ist es erforderlich, dass RIEs einen speziellen Marktsegment einrichten, das ausschließlich professionellen Investoren zugänglich ist. Hierbei gelten strenge Auflagen bezüglich Transparenz, Risiko- und Volatilitätskontrolle sowie Handelsschutzmechanismen. Die FCA wird Anträge im Rahmen der offiziellen Listen auf individueller Basis prüfen. Zudem muss die Einhaltung des britischen Listing-Regimes sichergestellt werden.
Die London Stock Exchange Group (LSEG) signalisierte unmittelbar nach der FCA-Erklärung ihre Bereitschaft, Anträge zur Listung von ETNs auf Bitcoin und Ethereum anzunehmen. Voraussetzung ist, dass die zugrundeliegenden Kryptoassets in sogenannten Cold Wallets – also offline verwahrten Depots – gespeichert werden. Zudem müssen entsprechende Verwahrer Anti-Geldwäsche-Vorschriften erfüllen und in ausgewählten Jurisdiktionen wie dem Vereinigten Königreich, der EU, Jersey, der Schweiz oder den USA reguliert sein. Diese Maßnahmen sollen zusätzliche Sicherheit für den Handel mit diesen hochvolatilen Produkten gewährleisten. Internationale Entwicklungen zeigen, dass der Schritt der FCA Teil eines globalen Trends ist.
Regionen wie Hongkong haben Ende 2023 ebenfalls grünes Licht für Krypto-ETNs gegeben. In den Vereinigten Staaten wurden Anfang dieses Jahres spot-basierte Bitcoin ETFs zugelassen, nachdem zuvor ähnliche Produkte in der EU, Australien und Kanada eingeführt wurden. Sogar Indien plant, sowohl institutionellen als auch Privatinvestoren Zugang zu beliebten US-Krypto-ETFs zu ermöglichen. Im Gegensatz dazu stellt das britische Regelwerk bei der Verteilung von Krypto-ETFs an Privatkunden weiterhin hohe Hürden auf. Zugehörige Vorschriften für kollektive Investmentvehikel und die Consumer Duty wirken als Barrieren, sodass die höheren regulatorischen Anforderungen einen breiten Zugang zu Krypto-ETFs für britische Privatanleger erschweren.
Die Einführung der weniger komplexen cETNs eröffnet somit keinen unmittelbaren Weg zu einer breiten Akzeptanz bei Privatanlegern. Viele Experten betrachten die Anpassung der FCA-Position als Schritt hin zu einer stärkeren institutionellen Integration von Kryptoassets innerhalb des regulierten Finanzrahmens. Die klaren Vorgaben für den Handel und die Verwahrung sollen dabei die Marktentwicklung begleiten und zugleich die Risiken unter Kontrolle halten. Anbieter und professionelle Anleger gewinnen dadurch ein höheres Maß an Rechtssicherheit und regulatorischer Klarheit, was für Investitionen in einem noch jungen Marktsegment entscheidend ist. Die Aufsicht behält sich jedoch vor, die Situation weiterhin eng zu beobachten.
Da die regulatorischen Rahmenbedingungen in der britischen Krypto-Asset-Branche weiterhin im Fluss sind, könnte es zu weiteren Anpassungen kommen. Die FCA arbeitet eng mit der Regierung, internationalen Partnern und der Industrie zusammen, um ein umfassendes Regelwerk für digitale Vermögenswerte zu erarbeiten, das sowohl Innovation fördert als auch den Anlegerschutz gewährleistet. Aus Sicht der Handelsplätze bedeutet das neue FCA-Vorgehen einen Anreiz, Angebote für cETNs zu entwickeln und Listungen zu initiieren. Die London Stock Exchange hat bereits angekündigt, möglichst zeitnah entsprechende Anträge zu prüfen und innovative ETN-Produkte aufzunehmen. Die zukünftige Resonanz am Markt wird entscheidend sein, um weitere Entwicklungen zu bestimmen.
Insbesondere steht die Frage im Raum, wie viele institutionelle Investoren den Schritt in diese neu zugelassene Anlageklasse wagen und welche Volumen sich daraus ergeben. Für Privatanleger hingegen bleibt Vorsicht geboten. Die FCA betont erneut, dass Krypto-Derivate und cETNs nicht für den Vertrieb an Privatkunden geeignet sind, weil die Risiken und Potenziale von Verlusten in diesem Segment besonders hoch sind. Diese vorsichtige Haltung unterstützt den Verbraucherschutz und versucht, unerfahrene Anleger vor Fehlentscheidungen zu bewahren. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die FCA mit ihrer aktuellen Positionierung einen pragmatischen Mittelweg findet: Sie öffnet den Markt für erfahrene Investoren und professionelle Handelsplätze, ohne die Schutzmechanismen für den Privatkundenbereich aufzugeben.