In den vergangenen Jahren hat sich der amerikanische Arbeitsmarkt durch einen bemerkenswerten Aufschwung im Bereich der Elektromobilität und Batteriefertigung ausgezeichnet. Seit 2020 wurden fast 200 Milliarden US-Dollar in den Ausbau der E-Mobilitäts- und Batterielieferkette investiert, was zur Schaffung von nahezu 200.000 neuen Arbeitsplätzen geführt hat. Diese Wachstumsphase reicht quer durch die USA – von Charleston in South Carolina über Kokomo in Indiana bis nach Reno in Nevada. Diese Investitionen haben das Potenzial, wirtschaftliche Strukturen umfassend zu verändern und den Übergang zu einer nachhaltigeren Mobilität entscheidend zu beschleunigen.
Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung sind Steuergutschriften und Fördermechanismen, die Unternehmen dazu ermutigen, neue Fabriken für Elektrobatterien zu errichten und ihre Produktionskapazitäten in den USA auszuweiten. Dazu gehört insbesondere die sogenannte 45X Advanced Manufacturing Production Tax Credit, die als ein Schlüsselelement für die Industrie gilt. Doch diese Erfolgsgeschichte ist nun gefährdet: Der vom US-Repräsentantenhaus verabschiedete Versöhnungsentwurf sieht die vollständige Abschaffung dieser kritischen Steuergutschriften vor. Sollte der Senat dem Gesetz zustimmen und es in Kraft treten, droht ein abruptes Ende des aktuellen Investitions- und Jobbooms.Bereits heute sind die negativen Folgen dieser Unsicherheit deutlich spürbar.
Zwischen Januar und Juni 2025 wurden Projekte mit einem Gesamtvolumen von 14 Milliarden US-Dollar aufgrund der unklaren politischen Rahmenbedingungen storniert oder pausiert. Ein Beispiel dafür ist die Batterieproduktionsstätte von AESC in Florence County, South Carolina, die den Bau einer milliardenschweren Anlage gestoppt hat. Dort wären rund 1.600 neue Jobs entstanden, abgesehen von den zahllosen Arbeitsplätzen im Baugewerbe, die jetzt verloren sind. Der Gouverneur von South Carolina, Henry McMaster, bringt es auf den Punkt, wenn er die unbefriedigende Situation bezüglich der Steuergutschriften und der schwankenden Tarifpolitik beklagt.
Diese instabile Atmosphäre führt zu einem erheblichen Investitionsstopp in mehreren Bundesstaaten.Die Auswirkungen sind jedoch viel weitreichender. Firmen wie Freyr in Georgia und OneD Battery Sciences in Washington mussten Projekte entweder komplett aufgeben oder Produktionsstätten schließen. Diese Entwicklungen führen zu einer Kettenreaktion: Investoren reagieren auf die Unsicherheit mit Zurückhaltung, Automobilhersteller verzögern ihre Ausbaupläne, und die Industrie insgesamt gerät ins Stocken. Obwohl sowohl die Trump-Administration als auch die Automobilbranche ein Interesse an einer Rückverlagerung der Fertigung in die USA teilen, droht dieser Fortschritt durch das Zusammenspiel aus wegfallenden Steuergutschriften und steigenden Importzöllen zunichtegemacht zu werden.
Die Forschung belegt die Bedeutung der Steuergutschriften für die Industrie eindrücklich. Laut dem International Council on Transportation (ICCT) könnten bis zum Jahr 2030 allein in den USA 130.000 direkte Arbeitsplätze in der Automobilbranche verloren gehen, wenn die Steuergutschriften abgeschafft werden. Die Zahl der indirekten Jobs, die vom Auto- und Energiesektor abhängen, könnte sogar bei über 310.000 liegen.
Bestimmte Bundesstaaten, darunter Michigan, Tennessee, Nevada, Kentucky, Ohio, Indiana sowie North Carolina, wären von den Arbeitsplatzverlusten besonders stark betroffen, da sie heute bedeutende Zentren der Batterieproduktion und E-Mobilität sind.Das Forschungsprojekt REPEAT der renommierten Princeton University unterstreicht diese Prognosen mit einer düsteren Warnung: Bis zu 72 Prozent der Batteriefabriken, die bis Ende 2025 in Betrieb genommen werden sollen, stehen ohne die Steuergutschriften auf der Kippe. Alle weiteren geplanten Produktionsanlagen könnten komplett ausfallen. Ergänzend dazu kommt eine Studie der Rhodium Group, die herausstellt, dass die kostenerhöhenden Effekte einer Abschaffung der 45X-Steuergutschrift die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Hersteller massiv untergraben würden. Amerikanische Unternehmen würden dann kaum noch Anreize haben, auf heimische Komponenten zurückzugreifen, was in einem Importüberschuss bei Batterietechnologien resultieren würde.
Das Risiko einer verminderten Produktion ist nicht nur eine statistische Zahl auf dem Papier, sondern hat gravierende Folgen für die gesamte Wirtschaftskette. Die Batterieindustrie ist eng mit dem Bergbau von kritischen Mineralien wie Lithium, Kobalt und Nickel sowie deren Raffination verbunden. Die fehlenden Investitionsanreize werden die Erforschung und den Aufbau neuer Bergbauprojekte erschweren, da der finanzielle Aufwand bereits jetzt eine große Hürde darstellt. Ohne eine gesicherte Nachfrage drohen diese essenziellen Basismaterialien knapp zu werden oder durch Importabhängigkeiten aus unsicheren oder geopolitisch sensiblen Quellen ersetzt zu werden.In den lokalen Gemeinschaften sind diese Arbeitsplätze oft Schlüssel zum wirtschaftlichen Aufschwung.
Gute Löhne und stabile Arbeitsverhältnisse stärken Familien, fördern den Aufbau von Infrastruktur und erhöhen die lokale Steuerbasis. Die Erkenntnis, dass künftige Investitionen und Arbeitsplätze nun verlagert werden könnten – möglicherweise nach Südkorea oder China –, verdeutlicht, wie wichtig politische Stabilität und verlässliche Förderungen sind. Die USA könnten so ihre Führungsrolle im Bereich nachhaltiger Mobilität und innovativer Autotechnologien verlieren.In einem weiteren Kontext ist zu betonen, dass die globale Transformation hin zu emissionsfreien Fahrzeugen unvermeidbar ist und in vollem Tempo voranschreitet. Andere Nationen setzen massiv auf grüne Technologien und bieten ihren Herstellern klare wirtschaftliche Rahmenbedingungen.
Deutschlands Automobilbranche, China, Südkorea und weitere Länder investieren kräftig, um die Produktion von Batterien und Elektrofahrzeugen zu dominieren. Der Verzicht auf wichtige US-Förderprogramme begünstigt einen Technologietransfer ins Ausland und schwächt die heimische Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer.Die politische Entscheidung rund um die Steuergutschriften hat somit weitreichende Bedeutung weit über einzelne Fabriken und Arbeitsplätze hinaus. Sie beeinflusst die Innovationskraft, den Umweltschutz und die industrielle Zukunftsfähigkeit der Vereinigten Staaten. Die Elektrofahrzeugbranche steht an einem Scheideweg: Setzt man auf klare Signale und Unterstützung, kann der Aufschwung weitergehen und für Jahrzehnte hunderttausende Arbeitsplätze sichern.
Wird dagegen die politische Messlatte angeblich aus aktuellen Haushaltsgründen angehoben, droht ein langfristiger Rückschritt.Für die US-Regierung heißt das: Eine sorgfältige Abwägung und der Dialog mit Unternehmen und Arbeitnehmervertretern sind unerlässlich. Nur mit stabilen, transparenten Förderinstrumenten können eine nachhaltige Industriepolitik und der Ausbau der E-Mobilität erfolgreich gestaltet werden. Die Verbindung von Umweltschutz mit ökonomischem Wachstum und sozialem Nutzen ist das große Ziel – und diese Aufgabe verlangt Mut und Weitsicht.Insgesamt verliert die US-Wirtschaft durch die drohende Abschaffung der Steuergutschriften nicht nur wichtige Jobs und Entwicklungen, sondern auch ein großes Stück Innovationskraft und die Chance, in einem der entscheidenden Zukunftsmärkte führend zu bleiben.
Die Elektromobilität und ihre Batteriebranche bieten einzigartige Chancen für Wirtschaft und Umwelt gleichermaßen. Es muss alles unternommen werden, diese Chancen zu erhalten und auszubauen, um nicht den Anschluss an die weltweite Spitzentechnologie zu verlieren.