Die regulatorische Landschaft der Kryptowährungen in den USA befindet sich in einem Zustand großer Unsicherheit. Im Zentrum dieser Herausforderungen steht die Commodity Futures Trading Commission (CFTC), deren personelle Engpässe eine effektive Regulierung der boomenden Crypto-Assets momentan stark erschweren. Während Washington verstärktes Interesse zeigt, der CFTC eine zentrale Rolle bei der Kontrolle digitaler Vermögenswerte zuzuweisen, werfen die aktuellen Personalprobleme Fragen auf, ob die Behörde ihren Aufgaben gerecht werden kann. Mit der Einreichung des sogenannten Clarity Act durch den US-Kongressabgeordneten French Hill hat das Thema Regulierung von Kryptoassets erneut an Bedeutung gewonnen. Der vorgeschlagene Gesetzesentwurf zielt darauf ab, eine neue Kategorie von Vermögenswerten zu definieren, die als „digitale Rohstoffe“ klassifiziert werden sollen.
Diese würden es erlauben, dass qualifizierte digitale Güter vergleichsweise frei auf Sekundärmärkten gehandelt werden können. Zugleich würde die CFTC weitreichende Befugnisse erhalten, um diese Assets zu überwachen und zu regulieren. Die CFTC operiert auf Grundlage des Commodity Exchange Act (CEA), eines Gesetzes mit einer langen Geschichte, das regelmäßig durch neue Gesetzesinitiativen angepasst und modernisiert wird. Traditionell setzt sich die Behörde aus fünf Kommissaren zusammen, deren Berufung vom Senat bestätigt werden muss. Aktuell ist eine dieser Positionen vakant, während weitere Kommissare angekündigt haben, das Amt bald abzugeben.
Ein Kommissionsstatus mit nur zwei Demokraten und zwei Republikanern führt dabei zu einer Pattsituation, die gerade in Fragen mit großem politischem Vorbehalt zu Blockaden und Entscheidungsunfähigkeit führt. Üblicherweise tritt der Vorsitzende der CFTC bei einem Regierungswechsel zurück, um einem Nachfolger Raum zu machen. So geschah es auch bei Amtsantritt der Trump-Regierung Anfang 2025, als Rossin Behnam sein Amt als Demokrat niederlegte. Präsident Trump nominierte daraufhin Brian Quintenz, einen erfahrenen Experten mit vorheriger CFTC-Erfahrung sowie Verbindungen zur Krypto-Branche und Finanzpolitik. Doch die Bestätigung durch den Senat verzögerte sich monatelang, zum großen Teil wegen anderer legislative Prioritäten und politischer Blockaden.
Diese Verzögerung bedeutet nicht nur, dass die Behörde mit einem eingeschränkten Führungsteam operiert, sondern auch, dass zentrale Aufgaben wie das Erlassen neuer Vorschriften, die Änderung bestehender Regelungen oder die Verfolgung von Verstößen nur sehr eingeschränkt möglich sind. Insbesondere viele der regulatorisch heiklen Bereiche, die mit Kryptowährungen einhergehen, erfordern Mehrheiten im Kommissariat – die derzeit schlicht nicht vorhanden sind. Interessanterweise hat die Krypto-Branche bislang wenig Druck auf die CFTC ausgeübt. Dies liegt auch daran, dass die Vorgängerregierung unter Präsident Biden in der Vergangenheit durch eine rigide Durchsetzung von Regelverstößen („Regulation by Enforcement“) für Unsicherheit gesorgt hatte. Derzeit verhindert der Stillstand bei der Kommissionsbesetzung faktisch jegliche neue Durchsetzungsagenda.
Dies hat kurzfristig zu einer Erleichterung in der Branche geführt, die auf einen regulatorischen Stillstand hofft. Eine besonders bemerkenswerte Entwicklung war der Umgang der CFTC mit Marktmodellen von sogenannten Prediction Markets, also Plattformen, die auf Ereignisse aller Art setzen lassen. Unter Behnam hatte die Behörde mit der Vorinstanz im Fall Kalshi einen wichtigen Sieg errungen, als sie einige Einschränkungen aufhob und öffentliche Märkte für Wahlen ermöglichte. Unter der Regierung Trump wurde diese Lockerung faktisch nicht rückgängig gemacht, was innovative Eingriffe in Sportwetten und andere Eventkontrakte ermöglichte. Doch die Verzögerungen und die drohenden Austritte weiterer Kommissare gefährden nun die Funktionsfähigkeit der CFTC massiv.
Erst kürzlich gaben mit Summer Mersinger und Christy Goldsmith Romero zwei weitere Kommissare ihren Rückzug bekannt. Sollte auch Caroline Pham die Behörde verlassen, wenn Quintenz tatsächlich bestätigt wird, würde die Behörde faktisch ohne funktionierendes Entscheidungsgremium dastehen. Weitere Nominierungen oder Ersatzkandidaten sind bislang nicht öffentlich bekannt. Das Beispiel der vorläufig angekündigten CFTC-Runde zur Regulierung von Sportwetten-Märkten zeigt die Folgen der Vakanz deutlich. Ursprünglich war geplant, binnen 45 Tagen einen Runden Tisch abzuhalten, an dem Interessengruppen über die Zukunft dieses Marktsegments diskutieren sollten.
Doch als die Frist verstrich, wurde das Treffen unerwartet abgesagt. Die Entscheidung über eine Regulierung, auf die viele Branchenakteure gewartet hatten, blieb bis heute aus. Diese Ungewissheit lähmt nicht nur Innovationen, sondern weckt auch Ängste bei Investoren und Entwicklern, die eine klare Aufsicht und Rechtssicherheit erwarten. Die Kombination aus politischer Pattsituation, fehlender Besetzung wichtiger Ämter und unklaren Legislativplänen schafft somit ein regulatorisches Vakuum, das die Krypto-Branche in den USA zunächst zu befürchten hat. Zwar gilt es als rechtlich zulässig, dass die verbliebenen Kommissare auch in der Minderzahl ihre Befugnisse wahrnehmen können.
Praktisch jedoch führt die Gleichverteilung zwischen dafür und dagegen stimmenden Mitgliedern zu einer Blockade, die die CFTC lähmt. Die künftige Rolle der CFTC als zuständige Aufsichtsbehörde hängt damit nicht zuletzt von der politischen Dynamik in Washington ab. Die Trump-Administration scheint einen langfristigen Strategiewechsel zu planen, der eventuell zulässt, mit weniger Kommissaren mehr Einfluss auf die Branche zu nehmen. Ob dies jedoch der optimale Weg ist, bleibt fraglich. Immerhin ist die Kryptoindustrie auf verlässliche und handlungsfähige Regulatoren angewiesen, um weiter wachsen zu können und das Vertrauen der breiten Öffentlichkeit und institutioneller Investoren zu gewinnen.
Vor allem vor dem Hintergrund des geplanten Clarity Acts, der der CFTC erweiterte Aufsichtskompetenzen geben würde, scheinen die Vakanzprobleme ähnlich wie ein Warnsignal. Eine Regulierungsbehörde, die selbst mit der Besetzung kämpft, könnte kaum den komplizierten Anforderungen einer dynamischen und technisch anspruchsvollen Branche gerecht werden. Die Herausforderungen für die CFTC zeigen exemplarisch die Probleme, die sich aus politisch getriebenen Berufungsverfahren ergeben. Während andere Behörden wie die Securities and Exchange Commission (SEC) oft noch personell stabiler aufgestellt sind, leidet die CFTC unter einer politischen Blockade, die mittelfristig nicht nur die Behörde, sondern auch den regulatorischen Rahmen insgesamt destabilisieren könnte. Diese Unsicherheiten bleiben nicht ohne Nebenwirkungen.
Firmen und Investoren in der Kryptobranche sehen sich mit vagen Regeln und einem flexiblen, aber schwer durchsetzbaren Regulierungsansatz konfrontiert. Der Wettbewerb mit anderen Jurisdiktionen, die schneller und klarer Regeln vorgeben, könnte die USA in der internationalen Fintech-Landschaft erheblich zurückwerfen. Trotz aller Schwierigkeiten bleibt die Rolle der CFTC im amerikanischen Finanzsystem zentral. Ihre Verantwortung für die Überwachung von Warenterminen, Derivaten und künftigen digitalen Assets macht sie zu einem entscheidenden Akteur für die Zukunft des Finanzmarktes. Es bleibt zu hoffen, dass politische Entscheidungsträger die Bedeutung eines handlungsfähigen, gut besetzten Kommissariats erkennen und schnell Lösungen finden.
Bis dahin wird die CFTC mit einem Spagat zwischen regulatorischem Stillstand und wachsendem Erwartungsdruck kämpfen. Die Entwicklungen in den nächsten Monaten werden maßgeblich bestimmen, ob die Behörde wieder handlungsfähig wird oder ob regulatorische Unsicherheiten weiter die Branche belasten. Insgesamt verdeutlicht die Lage der CFTC eine generelle Herausforderung amerikanischer Behörden, die Balance zwischen politischer Einflussnahme, personeller Kontinuität und technischer Expertise zu finden. Gerade in einem so innovativen und schnelllebigen Segment wie Kryptowährungen ist Stabilität in der Aufsicht entscheidend – ohne sie dürften Unternehmen, Investoren und Verbraucher nur schwer Vertrauen und Sicherheit für künftige Investitionen gewinnen können.