Das Jahr 1980 markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte des Videospiels, insbesondere mit der Veröffentlichung von 'Adventure' für das Atari 2600, auch bekannt als Atari VCS. Dieses Spiel, entwickelt von Warren Robinett, zählt heute zu den bekanntesten und einflussreichsten Titeln der frühen Heimkonsolenspiele und brach mit vielen Konventionen seiner Zeit. Im Vergleich zu den auf schnelle Arcade-Action ausgelegten Spielen wie Space Invaders, die ebenfalls im März 1980 erschienen, bot Adventure ein völlig anderes, vor allem story- und explorationsgetriebenes Spielerlebnis. Das Spiel war maßgeblich an der Etablierung eines Genres beteiligt, das sich vom reinen Highscore-Sammeln hin zu komplexeren Interaktionen, Inventarmanagement und Erkundung entwickelte. Die Inspiration zu Adventure fand Robinett in einem Text-basierten Computerspiel namens Colossal Cave Adventure, das er während eines Besuchs im Stanford Artificial Intelligence Lab im Jahr 1978 kennenlernen durfte.
Colossal Cave Adventure, von Will Crowther und später Don Woods weiterentwickelt, galt als das erste Fantasy-Adventure-Spiel in der Computerspielwelt. Es erzählte von der Erkundung einer Höhle mit einer Vielzahl von Rätseln und Gegenständen, die der Spieler finden und benutzen musste. Obwohl das Konzept in Form eines textbasierten Spiels existierte, war es für eine Umsetzung auf die Hardware des Atari 2600 eine große Herausforderung. Robinett sah das Potenzial, diese Art der Spielerfahrung auf eine Heimkonsole zu bringen, und begann mit der Arbeit an einem Prototyp, der die Essenz von Colossal Cave in eine grafische Umgebung übersetzen sollte. Die technischen Limitationen der Atari 2600-Hardware machten die Entwicklung nicht einfach.
Das System erlaubte nur sehr einfache Sprite-Darstellungen und eine äußerst begrenzte Speichergröße. Nichtsdestotrotz gelang es Robinett, die grundlegende Mechanik zu übertragen: Ein Spieler-Avatar, in Form eines kleinen Quadrats, bewegte sich in einer Welt aus einzelnen Bildschirmen, durch die man navigieren musste. Im Spiel sollten verschiedene Gegenstände gesammelt und richtig eingesetzt werden, um Hindernisse zu überwinden und das Ziel zu erreichen. Besonders bemerkenswert war, dass Adventure eines der ersten Spiele war, das ein offenes Spielfeld mit mehreren verbundenen Bildschirmen bot – eine sogenannte „Multi-Screen“-Welt, die den Grundstein für spätere Abenteuer- und Rollenspiele legte. Die ursprüngliche Entwicklung des Spiels erlebte allerdings auch Konflikte.
Robinett wurde von seinem Vorgesetzten George Simcock zunächst angewiesen, die Arbeit einzustellen, weil man glaubte, die technische Umsetzung sei zu komplex. Trotzdem setzte Robinett seine Arbeit trotz des Verbots fort und entwickelte einen Prototyp von acht Bildschirmen, der später von der Marketingabteilung gesehen und positiv bewertet wurde. Das Spiel war ursprünglich nicht als „Adventure“ geplant, da Warner Communications Atari zum damaligen Zeitpunkt das Recht gab, ein Superman-Spiel zu entwickeln, und das Adventure-Framework wurde zunächst als Grundlage für dieses Lizenzspiel vorgesehen. John Dunn entwickelte schließlich Superman auf Basis des von Robinett geschaffenen Game Engines, während Robinett die Möglichkeit erhielt, seine eigene Vision weiterzuverfolgen und daraus das zu machen, was wir heute als Adventure kennen. Adventure wurde schließlich in einer deutlich erweiterten Fassung mit 30 Bildschirmen veröffentlicht, die verschiedene Spielwelten beinhalteten, darunter Burgen, Labyrinthe und dunkle Katakomben, die den Schwierigkeitsgrad und die Komplexität erhöhten.
Es gab mehrere Objekte wie einen verzauberten Kelch, den es zu finden und zurück in das goldene Schloss zu bringen galt, Schlüssel, Brücken und einen Magneten, der Gegenstände anziehen konnte. Besonders innovativ waren die verschiedenen Gegner, namentlich die Drachen Yorgle, Grundle und Rhindle, die unterschiedliche Verhaltensweisen zeigten. Diese unterschiedlichen Persönlichkeiten machten die Interaktion mit der Spielfigur dynamischer und unberechenbarer. Zusätzlich gab es eine Fledermaus namens Knubberrub, die Gegenstände und sogar Drachen entführen und an andere Stellen im Spielwelt absetzen konnte, was für zusätzliche Unvorhersehbarkeit sorgte. Neben den technischen und spielerischen Neuerungen legte Adventure einen weiteren Grundstein in der Geschichte der Videospiele: Es war das erste kommerzielle Spiel mit einem versteckten „Easter Egg“.
Warren Robinett, der wie viele Programmierer seiner Zeit keine offizielle Anerkennung für seine Arbeit erhielt, baute eine geheime Nachricht mit seinem Namen in einer versteckten Kammer ein. Spieler konnten diese Kammer nur betreten, wenn sie einen winzigen Punkt, der durch eine Brücke erreichbar war, auf einen bestimmten anderen Bildschirm brachten. Als ein Teenager Atari darüber informierte, wurde das Versteck zu einer Legende und motivierte fortan Entwickler, ihre eigenen versteckten Botschaften in Spielen einzubauen. Diese Praxis setzte sich bis heute in der gesamten Branche fort und ist ein kulturelles Phänomen innerhalb der Gaming-Community geworden. Die Bedeutung von Adventure lässt sich auch daran messen, wie es die Entwicklung zahlreicher nachfolgender Spiele beeinflusste.
Obwohl andere Titel wie Superman bereits neue Wege beschritten, setzte Adventure den Maßstab insbesondere in der Gestaltung einer zusammenhängenden Spielwelt, dem Umgang mit Inventar und der Verknüpfung verschiedener Ziele in einem Spiel. Das Konzept, eine spezifische Aufgabe zu erfüllen, ohne auf Punktzahlen oder Zeitlimits angewiesen zu sein, war zu jener Zeit bemerkenswert und beeinflusste spätere Klassiker wie The Legend of Zelda, Crystalis, sowie Atari-interne Erweiterungen wie Haunted House oder Secret Quest. Es ist auch erwähnenswert, dass Adventure trotz seines innovativen Charakters in den Verkaufszahlen nicht ganz so prominent wurde wie einige andere Atari-Spiele jener Ära. Schätzungen zufolge wurden etwa 1,3 Millionen Kopien verkauft, wobei die exakten Verkaufszahlen unklar sind. Der Atari-Konzern behielt in den folgenden Jahren die Rechte am Spiel, und es entstanden verschiedene Remakes und Fortsetzungen durch unabhängige und offizielle Entwickler.
So entwickelte das Team „The Square Trio“ zusammen mit Curt Vendel eine Homebrew-Version namens Adventure II für das Atari 2600, welche seit 2005 im Handel erhältlich ist, während eine damals offiziell genehmigte Fortsetzung für das Atari 5200 2007 veröffentlicht wurde. Beide Spiele erweiterten die Mechaniken und nutzten die jeweiligen Hardwarevorteile der Plattformen aus. Warren Robinett selbst verließ Atari 1979 aus Frustration über das Management und die mangelnde Anerkennung seiner Arbeit. Dennoch wurde Adventure zu einem historischen Meilenstein, der seine Karriere beeinflusste und ihm später Türen im Bereich der virtuellen Realität öffnete. Sein Beitrag zu einem neuen Genre des Videospiels gilt als Pionierleistung, die auch die Kultur der Spielentwicklung veränderte, besonders durch das sichtbare Einbringen von Entwickler-Namen und kreativen Spielinhalten.
Heute wird Adventure immer noch von vielen Fans des Atari 2600 sehr geschätzt und genießt Kultstatus. Es gibt zahlreiche ROM-Hacks, die das ursprüngliche Spiel erweitern oder schwieriger gestalten, darunter „Adventure Plus“ von Steve Engelhardt und die sehr herausfordernde „Suicide Adventure“ Reihe von George Veeder. Außerdem inspirierte ein DOS-Remake namens Indenture von Craig Pell aus den 1990er Jahren, welches die Spielwelt signifikant vergrößerte und weitere Abenteuererfahrungen bot. Abschließend lässt sich sagen, dass Adventure für das Atari 2600 nicht nur ein frühes Beispiel für ein grafisch unterstütztes Adventure-Spiel war, sondern auch ein kultureller Wegbereiter für die Anerkennung von Programmierern und kreativen Ideen in der Branche. Der Einfluss des Spiels ist in vielen modernen Games noch spürbar und unterstreicht die Bedeutung der frühen 80er Jahre als prägende Phase für die Heimvideospiele.
Ob man es aus Nostalgiegründen spielt oder seinen Platz in der Gaming-Geschichte verstehen möchte – Adventure bleibt ein faszinierendes Stück Software, das die Grenzen dessen verschob, was Videospiele damals leisten konnten.