OpenAI und Microsoft stehen seit 2019 in einer intensiven strategischen Partnerschaft, die mittlerweile zu einer der prägendsten Kollaborationen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) geworden ist. Im Mittelpunkt steht die Bereitstellung von Spitzentechnologien, insbesondere im Bereich der großen Sprachmodelle, und die Integration dieser Technologien in Microsoft-Produkte und -Dienste. Im Jahr 2024 und im ersten Quartal 2025 hat OpenAI erhebliche Finanzierungen erhalten, darunter eine beeindruckende Summe von insgesamt 46,6 Milliarden US-Dollar, was die Ambitionen und die wachsende Bedeutung von OpenAI unterstreicht. Doch nun verhandeln beide Unternehmen tiefgreifend über eine Neuordnung ihrer Zusammenarbeit. Dabei stehen Fragen des IPOs (Initial Public Offering) und der langfristigen Lizenz- und Beteiligungsstrukturen im Fokus – ein Schritt, der weitreichende Konsequenzen für beide Parteien und die KI-Branche insgesamt haben könnte.
Die Ausgangslage der Verhandlungen ist vielschichtig. Einerseits investierte Microsoft über die Jahre hinweg ungefähr 13 Milliarden US-Dollar in OpenAI, um sich Zugang zu deren fortschrittlichsten KI-Modellen zu sichern. Andererseits steht nun die potenzielle Umgestaltung von OpenAI als Unternehmensstruktur bevor, um einen Börsengang zu ermöglichen und damit weitere Kapitalzuflüsse zu generieren. Dies bedeutet eine Verschiebung von der bisherigen Kombination aus Non-Profit-Elementen und einem begrenzt profitorientierten Geschäftsmodell hin zu einer stärker für Investoren geöffneten Unternehmensform. Besonders die Ausgestaltung der Anteilsverteilung und die Bedingungen rund um die vertraglichen Vereinbarungen von 2019 werden dabei neu verhandelt.
Der bestehende Vertrag regelt bis 2030 die Zugriffsrechte Microsofts auf OpenAIs geistiges Eigentum sowie die Umsatzbeteiligungen aus Produktverkäufen. Das verspricht komplexe juristische und finanzielle Diskussionen. Im Zentrum der Gespräche steht die Balance zwischen Microsofts Wunsch, weiterhin exklusiven oder zumindest vorrangigen Zugriff auf OpenAIs Technologien zu erhalten, und OpenAIs Ziel, durch den Börsengang eine breitere und transparentere Kapitalbasis zu schaffen. Microsoft erwägt dabei, zugunsten eines längeren Zugriffs auf zukünftige KI-Innovationen und Modellgenerationen einen Teil seiner bisherigen Anteile im neuen OpenAI-Geschäftsbereich abzutreten. Dies verdeutlicht die strategische Bedeutung von langfristigem Technologiezugang für einen Tech-Konzern dieser Größe.
OpenAI unter der Führung von CEO Sam Altman hat große Ambitionen in Bezug auf die Entwicklung von künstlicher allgemeiner Intelligenz (AGI), die langfristig die Fähigkeiten des Menschen übertreffen soll. Um diese Vision umzusetzen, sind enorme Geldmittel sowie ein flexibles Unternehmensmodell notwendig, das sich auf Innovationsgeschwindigkeit und technologische Führerschaft konzentriert. Die bisherigen Planungen, den Einfluss des Non-Profit-Boards zu verringern, wurden zwar aufgegeben, doch die Absicht, den Geschäftszweig als Public Benefit Corporation (PBC) auszugestalten, bleibt bestehen. Diese PBC-Form ermöglicht es Investoren, Anteile zu halten, wobei das Wohl der Gesellschaft dennoch ein übergeordnetes Ziel darstellt. Die Neuausrichtung der Partnerschaft erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem der Wettbewerb und die Ambitionen im KI-Markt rasant zunehmen.
OpenAI hat Partnerschaften mit Unternehmen wie SoftBank und Oracle aufgebaut und versucht verstärkt, im Unternehmenskundensegment Fuß zu fassen. Dies führt zu einer gewissen Konkurrenzsituation mit Microsoft, auch wenn die Zusammenarbeit weiterhin intensiv ist. Microsoft profitiert von der Integration der OpenAI-Modelle in Produkte wie die Microsoft Cloud, Office-Anwendungen und Azure KI-Dienste, während es zugleich bedeutende Rechenressourcen für die KI-Modell-Entwicklung bereitstellt. Die Finanzierungshistorie von OpenAI reflektiert den Wandel vom Non-Profit-Startup zum mächtigen Akteur im Bereich profitabler KI-Entwicklung. Seit der Gründung 2015 hat OpenAI mehrere Finanzierungsrunden erfolgreich abgeschlossen, zuletzt mit 6,6 Milliarden US-Dollar im Oktober 2024 und einer enormen Summe von 40 Milliarden US-Dollar im März 2025.
Diese Investments sind keine Spenden, sondern klare Kapitalbeteiligungen mit Aussicht auf Rendite, was das traditionelle Verständnis eines Non-Profit-Geschäftsmodells verändert. Der Wandel macht die nächsten Schritte der Umstrukturierung unumgänglich, denn innerhalb einer „capped profit“-Struktur, die mit einer Gewinnobergrenze arbeitet, würden solche hohen Finanzierungen kaum noch realistisch sein. Die Bedeutung der gerade stattfindenden Gespräche lässt sich kaum überschätzen. Der Ausgang könnte sowohl den Weg für OpenAI an die Börse ebnen als auch den Umfang von Microsofts Einfluss ebenso wie seine Kontrolle über kritische Technologiezugänge neu definieren. Mehr noch, der Erfolg der Partnerschaft und der anstehende Börsengang könnten maßgeblich die Rolle von OpenAI beim künftigen Aufbau von AGI und allgemein in der KI-Industrie prägen.
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass sich das Verhältnis zwischen den beiden Unternehmen in jüngster Zeit etwas abgekühlt hat, obwohl die Zusammenarbeit unverändert besteht. Dies resultiert aus divergenden Interessen und stärkerem Wettbewerb. Die Abhängigkeit voneinander bleibt jedoch bedeutend, da OpenAI für Microsoft eine strategisch wichtige Technologiequelle darstellt, die in verschiedensten Produkten und Diensten eingesetzt wird. Zudem ist Microsoft als Cloud-Provider die wichtigste Infrastruktur für OpenAIs rechenintensive Trainingsprozesse. Die nächsten Monate werden entscheidend sein.