Kalifornien steht vor einer zunehmend dringenden Herausforderung: der nachhaltigen Bewirtschaftung seiner Grundwasserreserven. Besonders im Central Valley, einer der bedeutendsten landwirtschaftlichen Regionen der USA, ist Grundwasser eine unverzichtbare Ressource für Menschen, Landwirtschaft und Industrie. Die wachsende Bevölkerung sowie sich ändernde klimatische Bedingungen führen zu verstärktem Wasserbedarf, während zugleich Dürreperioden und Übernutzung zu einer dramatischen Absenkung des Grundwasserspiegels führen. Um diesen Problemen zu begegnen, gewinnt Managed Aquifer Recharge (MAR), also die gezielte Wiederauffüllung von Grundwasserleitern, zunehmend an Bedeutung. Vor allem die Nutzung von überschüssigem Wasser während Hochwasserereignissen kann dazu dienen, die Wasserreserven aufzufüllen und so langfristig eine stabile Versorgung zu sichern.
Ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Grundwasseranreicherung ist die Auswahl geeigneter Standorte. Diese müssen insbesondere über durchlässige, grobkörnige Sedimentschichten verfügen, die schnelle und effektive Wege für das Eindringen von Wasser in den Untergrund bieten. Solche sog. „Fastpaths“ ermöglichen es, dass Wasser rasch vom Boden bis zum Grundwasserspiegel versickert und somit effektiv gespeichert wird. Bislang erschwerten begrenzte Daten und teure Bohrungen die großflächige Identifikation dieser Gebiete.
Hier setzen neue geophysikalische Verfahren an. Insbesondere airborne elektromagnetische Messungen (AEM) ermöglichen eine schnelle und kosteneffiziente Erfassung der elektrischen Widerstandsfähigkeit (Resistivität) des Untergrunds über große Flächen. Grobkörnige Sedimente zeichnen sich durch höhere Resistivitätswerte aus als feinkörnige Sedimente oder tonige Schichten. Aus den AEM-Daten lassen sich somit detaillierte Profile der Bodenbeschaffenheit ableiten, welche das Erdreich von der Oberfläche bis zu mehreren hundert Metern Tiefe abbilden. Mit Hilfe dieser Daten wurde ein innovativer Workflow entwickelt, der es erlaubt, auf Basis von Resistivitätsprofilen, Sedimentbeschreibungen aus Bohrlogs sowie Wasserstandsmessungen und Wasserqualitätsdaten die Eignung von Flächen für die Grundwasseranreicherung zu beurteilen.
Die daraus generierten sogenannten „Recharge Metric Maps“ zeigen auf Rasterflächen von 400 mal 400 Metern, welche Gebiete in Kaliforniens Central Valley besonders gut für eine Wiederauffüllung geeignet sind. Die Analyse von rund 20.000 Kilometern AEM-Daten verdeutlicht, dass zwischen 19 und 56 Prozent der Fläche der Central Valley Region für eine wirksame Grundwasseranreicherung in Frage kommen. Die Differenz in der Größenordnung hängt dabei von der jeweiligen Definition und den Schwellenwerten für grobkörnige Sedimente ab. Besonders vielversprechend sind landwirtschaftliche Flächen mit angebauten Kulturen.
Dies ist ein besonders ermutigender Befund, da diese Flächen bereits über eine Infrastruktur zur Wasserzufuhr verfügen, die für Bewässerungszwecke genutzt wird und daher sich auch für das Management von Anreicherungsmaßnahmen anbietet. Die Bedeutung einer solchen großflächigen Datenerhebung und -analyse ist enorm. Bislang waren detaillierte Kenntnisse über die Sedimentzusammensetzung und Grundwasserverhältnisse nur lokal begrenzt verfügbar. Die geophysikalischen Daten liefern nun eine viel höhere Auflösung auf Beckenebene und machen es möglich, potenzielle Standorte strategisch auszuwählen, bevor kostenintensive lokale Untersuchungen folgen. Das spart Ressourcen und erhöht die Chancen, erfolgreiche Projekte für Managed Aquifer Recharge umzusetzen.
Neben der genauen Kartierung der Sedimenttypen liefert das Verfahren auch Informationen zum Grundwasserspiegel und zu Wasserqualität, insbesondere zur Salinität. Diese ist wichtig, da hohe Salzkonzentrationen die Resistivität beeinflussen und Bereiche mit zu salzhaltigem Wasser für die Anreicherung ungeeignet sein können. In Kalifornien konnten solche Gebiete identifiziert und bei der Auswahl der geeigneten Standorte berücksichtigt werden. Die Stärke der Methode liegt weiterhin darin, dass sie nicht nur grobkörnige oder feinkörnige Sedimente differenziert, sondern auch berücksichtigt, wie gut diese räumlich vernetzt sind. Denn für eine effiziente Wasserdurchlässigkeit kommt es auf zusammenhängende Wege an.
Diese werden mit Hilfe des entwickelten Algorithmus für kürzeste Wege („fast-marching algorithm“) berechnet und fließen als Metriken in die Bewertung ein. Auf diese Weise wird sowohl die Quantität als auch die Qualität der potenziellen Durchlässigkeit abgebildet. Wichtig ist, dass die Ergebnisse in Form einer öffentlich zugänglichen, webbasierten Anwendung bereitgestellt sind. Dort können Entscheidungsträger, Wassermanager und Landwirte gezielt Informationen zu lokalen Bedingungen abrufen, um fundierte Entscheidungen für Wassermanagement und Anreicherungsprojekte zu treffen und diese entsprechend zu fördern. Die Kombination von geophysikalischen Daten mit anderen Umweltdaten macht das Werkzeug zu einer einzigartigen Entscheidungsgrundlage.
Die Nutzung kultureller Böden für Managed Aquifer Recharge eröffnet zudem Synergien für die Landwirtschaft in Kalifornien. Hier können Gewinnspannen und Nachhaltigkeit zusammengebracht werden. So können landwirtschaftliche Flächen in Trockenzeiten besser bewässert und die Wasserreserven für kommende schwierige Jahre gesichert werden. Gleichzeitig mindert eine bessere Grundwasserbewirtschaftung Risiken für Bodensenkungen und ökologische Schäden. Ein weiterer wesentlicher Vorteil der geophysikalischen Methoden liegt in der schnellen Sammlung von Daten über große Gebiete hinweg.
Dort, wo früher nur punktuelle und zeitaufwendige Bohrungen möglich waren, liefert die AEM-Technologie verlässliche Bilder von Sedimentschichten und zeigt die bestmöglichen Flächen für Anreicherungsmaßnahmen auf. Ein solcher innovativer, datengetriebener Ansatz ist entscheidend für den Umgang mit Ressourcen in einem zunehmend von Klimawandel und Wasserstress geprägten Umfeld. Die Erkenntnisse aus der Central Valley Studie legen nahe, dass im gesamten Valley genug Speicherraum im Untergrund vorhanden ist, um den jährlich verfügbaren Menge an überschüssigem Wassers – etwa ein Kubikkilometer pro Jahr – problemlos aufzunehmen. Dieses Potenzial ist ein starkes Argument für eine flächendeckende Umsetzung von Managed Aquifer Recharge Programmen in Kalifornien. Dabei ist zu beachten, dass die geophysikalische Datenanalyse eine großflächige Vorauswahl ermöglicht, die für weitere lokale Untersuchungen als Grundlage dient.
Für einzelne Projekte sind deshalb noch maßgeschneiderte Untersuchungen notwendig, die spezielle geologische Bedingungen, Infrastrukturgegebenheiten und Landnutzung berücksichtigen. Zusammenfassend ist die Integration von geophysikalischer Bildgebung ein Meilenstein für das Wassermanagement in Kalifornien. Sie schafft die Grundlage für intelligente, nachhaltige und effiziente Strategien zur Wiederauffüllung der Grundwasserleiter. Vor dem Hintergrund zunehmender Dürreperioden und sich verändernder Niederschlagsmuster ist ihre Anwendung nicht nur eine wissenschaftliche Errungenschaft, sondern auch eine praktische Notwendigkeit. Das Voranschreiten solcher Techniken sollte als Teil eines umfassenden Wasser- und Nachhaltigkeitsplans begriffen werden, der alle Akteure – von staatlichen Stellen, über landwirtschaftliche Betriebe bis hin zu Gemeinden – einbezieht.