Die Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs gilt weltweit als Schlüssel zur Reduzierung von Emissionen und zur Förderung nachhaltiger Mobilitätslösungen. Elektrobusse sind dabei ein zentrales Element, da sie lokal emissionsfrei und leise unterwegs sind. Allerdings offenbaren neue Forschungen der renommierten Cornell University, dass diese Fahrzeuge in kalten Klimazonen vor besonderen Herausforderungen stehen. Eine Studie, die sich auf den Einsatz von Elektrobus-Flotten in der Region Ithaca im Bundesstaat New York konzentriert, liefert detaillierte Einblicke in die Auswirkungen niedriger Temperaturen auf die Leistung und Energieeffizienz von Elektrobusen. Diese Erkenntnisse sind für Städte, Verkehrsunternehmen und Hersteller von hoher Relevanz, die an der Umstellung auf elektrische Antriebe arbeiten oder daran interessiert sind, in kälteren Gegenden nachhaltige Verkehrslösungen zu implementieren.
Die Fallstudie basiert auf Daten aus dem Betrieb von sieben Elektrobusen, die Teil eines Pilotprogramms bei Tompkins Consolidated Area Transit (TCAT) sind. Das Programm begann 2021 mit einer Förderung zur Beschaffung dieser Busse. Die Datenanalyse aus zwei Betriebsjahren umfasst über 80.000 Kilometer, die vorwiegend bei kalten Temperaturen zwischen -12 und 10 Grad Celsius gefahren wurden. Auffällig war der signifikant höhere Energieverbrauch der Elektrobusse bei niedrigen Temperaturen.
Konkret verbrauchten die Batterien in einem Temperaturbereich zwischen minus vier und null Grad Celsius etwa 48 Prozent mehr Energie als bei optimalen Bedingungen. Über einen breiteren Bereich von minus 12 bis 10 Grad Celsius lag die Mehrverbrauchsrate noch immer bei nahezu 27 Prozent. Dieses Ergebnis offenbart ein zentrales Problem, das es gilt zu adressieren, um die Wirtschaftlichkeit und Praktikabilität von Elektrobussen im Winterbetrieb zu gewährleisten. Ein wesentlicher Grund für den erhöhten Energiebedarf ist die Notwendigkeit, die Batterien während der Fahrt zu erwärmen. Elektrofahrzeuge benötigen Batterien, die eine optimale Betriebstemperatur von rund 24 Grad Celsius (75 Grad Fahrenheit) aufweisen, um effizient arbeiten zu können.
Sinkt die Temperatur unter diesen Wert, verbraucht die Batterie zusätzliche Energie, um sich selbst aufzuheizen. Besonders problematisch ist dies bei häufigen Stopps, wie sie in städtischen Buslinien mit vielen Haltestellen üblich sind. Jedes Öffnen und Schließen der Bustüren führt zu Wärmeverlusten in der Fahrgastkabine, die wiederum vom Batteriesystem aufgefangen werden müssen. Verbunden mit der noch laufenden Batteriewärmeversorgung bedeutet das einen erheblichen Mehrverbrauch an Energie, der im Winterbetrieb zu Reichweiteneinbußen führt und die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge beeinträchtigen kann. Ein weiterer kritischer Faktor ist die verringerte Effizienz der sogenannten regenerativen Bremsfunktion bei kalten Temperaturen.
Diese Technologie erlaubt es, durch Bremsvorgänge Energie zurück in die Batterie zu speisen und so den Energieverbrauch zu senken. Die Studie zeigte jedoch, dass diese Funktion bei kaltem Wetter nicht wie erwartet arbeitet, was wahrscheinlich an ungleichmäßigen Temperaturverteilungen innerhalb der großen Batterieeinheiten liegt. Da die Batterien in den Bussen etwa achtmal größer sind als die eines Standard-Elektroautos, gestaltet sich das Temperaturmanagement als besonders komplex. Daraus resultiert eine verminderte Rückgewinnung der Bremsenergie, was letztlich den Gesamtenergieverbrauch erhöht und die Effizienz mindert. Um den Herausforderungen im Winterbetrieb zu begegnen, haben die Forscher konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt.
Kurzfristig können einfache Maßnahmen wie das Abstellen der Busse in beheizten Garagen und das Laden der Batterien während oder unmittelbar nach der Fahrt, wenn diese noch relativ warm sind, den Energieverlust deutlich reduzieren. Außerdem kann die Betriebsführung optimiert werden, indem die Aufenthaltszeiten an Haltestellen minimiert und Türöffnungszeiten verkürzt werden, um Wärmeverluste im Innenraum zu verringern. Solche Anpassungen sind relativ unkompliziert umzusetzen und können bereits signifikant dazu beitragen, den Energieverbrauch zu senken. Langfristig zeigt die Studie, dass grundlegende Veränderungen in der Fahrzeugtechnik und der Infrastruktur notwendig sind, um Elektrobusse erfolgreich im kalten Klima einzusetzen. Hersteller sollten Batteriepacks und Wärmemanagementsysteme so entwickeln, dass sie auch bei niedrigen Temperaturen optimal funktionieren.
Dazu gehört etwa die Integration effizienter Heiztechnologien, die den Energieaufwand zum Erwärmen der Batterien reduzieren. Gleichzeitig müssen Städte und Verkehrsunternehmen ihre Ladeinfrastruktur anpassen, um ausreichende Kapazitäten und geeignete Bedingungen für das Laden und Wärmen der Busse bereitstellen zu können. Zudem sollte das Fahrplangeschehen so gestaltet werden, dass Fahrzeuge mit höheren Energieanforderungen gezielt eingesetzt und die Verfügbarkeit von Ladeplätzen bestmöglich genutzt werden. Die Ergebnisse der Studie wurden durch enge Zusammenarbeit zwischen Cornell-Forschern und TCAT gewonnen, was eine praxisnahe Abbildung der Alltagsbedingungen gewährleistete. Besonders die Variabilität der quer durch städtische und ländliche Gebiete verlaufenden Buslinien sowie die topographisch hügelige Landschaft in der Region Ithaca boten wertvolle Einblicke in den realen Betrieb von Elektrobusflotten unter herausfordernden klimatischen Bedingungen.
So zeigten sich etwa im ländlichen Streckenabschnitt geringere Steigerungen im Energieverbrauch als auf den städtischen Routen. Diese Erkenntnisse könnten zukünftig bei der strategischen Routenplanung helfen, um Elektrobusse dort einzusetzen, wo sie unter winterlichen Bedingungen effizienter arbeiten. Die Bedeutung der Studie erstreckt sich über Ithaca hinaus auf zahlreiche Städte in nordischen Breiten und kälteren Klimazonen weltweit. Viele Verkehrsunternehmen planen derzeit die Umstellung auf elektrische Busflotten, doch die aktuellen Erkenntnisse warnen davor, die klimatischen Einflüsse zu unterschätzen. Betreiber müssen sicherstellen, dass ihre Fahrzeuge und Betriebskonzepte winterfest sind, um die Vorteile der Elektromobilität vollständig nutzen zu können.
Gleichzeitig eröffnet die Forschung Chancen für Innovationen und Verbesserungen in der Batterietechnologie, im Wärmemanagement und in der Fahrzeugkonstruktion. Ein entscheidender Punkt der Cornell-Untersuchung ist auch die Betonung der Notwendigkeit umfassender Schulungsmaßnahmen für Fahrer, Disponenten und Werkstattpersonal. Die veränderten Anforderungen des Betriebs von Elektrofahrzeugen im Winter erfordern fundiertes Wissen und angepasste Kompetenzen, um einen reibungslosen und effizienten Fahrbetrieb sicherzustellen. Betriebsoptimierung und Technikeinsatz müssen Hand in Hand gehen, um die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit von Elektrobusflotten zu garantieren. Trotz der Herausforderungen ist die Studie ein Meilenstein auf dem Weg zur Elektromobilität im öffentlichen Verkehr.
Sie liefert belastbare, datenbasierte Erkenntnisse, von denen Hersteller, Verkehrsplaner und politische Entscheider gleichermaßen profitieren können. „Die gewonnenen Erkenntnisse sind wertvoll, denn aus Fehlern und Herausforderungen lernt man am besten“, kommentiert Professor Max Zhang, leitender Autor der Studie. Die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Verkehrsbetrieb wird als vorbildlich bewertet und zeigt, wie praxisnahe Forschung zur Lösung realer Probleme beitragen kann. Zusammenfassend offenbart die Forschung, dass Elektrobusse zwar starkes Potenzial für die Zukunft des nachhaltigen Verkehrs besitzen, ihre Implementierung in kalten Klimazonen jedoch spezifische Anpassungen und Erwartungen mit sich bringt. Dieahren Herausforderungen durch höhere Energieverbräuche, komplexes Temperaturmanagement und ineffiziente Bremsenergierückgewinnung erfordern innovative Ansätze in Technik, Infrastruktur und Betrieb.